Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxisführung

Ein ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsarzt hatte gegen die Heranziehung zum Bereitschaftsdienst geklagt. Seit seiner Zulassung im Jahr 1993 war er stets von der Teilnahme befreit worden. Infolge der Novellierung der Bereitschaftsdienstordnung im Jahr 2007 gab es diesen Befreiungstatbestand für hoch spezialisierte Fachärzte allerdings nicht mehr. Vielmehr wurde er mit einer Übergangsfrist von einem guten Jahr, in dem ihm die Möglichkeit eingeräumt wurde, sich für die Teilnahme zum Bereitschaftsdienst fortzubilden, dann eingeteilt.

Wer nicht mitmacht, dem droht Zulassungsentzug

Das Bundessozialgericht (BSG) räumte jetzt in seiner Entscheidung ein, dass ein Vertragsarzt solange nicht am Bereitschaftsdienst teilnehmen muss, bis er die fachlichen Voraussetzungen, die durch Fortbildungen (wieder) zu erlangen sind, erfüllt. Jedoch sei die KV berechtigt, jeden Vertragsarzt zur Fortbildungsteilnahme zu verpflichten und dies auch mit disziplinarischen Mitteln, bis hin zum Zulassungsentzug, durchzusetzen.

Zum Schutz der Patienten vertritt das BSG die Auffassung, dass ein nicht ausreichend fortgebildeter Arzt nicht für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung herangezogen werden darf. Der Arzt darf sich aber dadurch nicht seiner Verpflichtung zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst entziehen. Für die Wiedererlangung der „Bereitschaftsdienstkompetenz“ gewährte das Gericht dem klagenden Arzt einen Zeitraum von einem Jahr. Das reiche, um „in Vergessenheit geratene“ medizinische Kenntnisse aufzufrischen.

KVen handhaben Bereitschaftsdienst unterschiedlich

Die KVen reagieren unterschiedlich auf das Urteil. Die kleineren KVen setzen lieber auf einen freiwilligen Notdienst. In anderen KVen wie Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein werden bereits alle Ärzte zum Bereitschaftsdienst herangezogen. Viele fühlten sich den Herausforderungen des Bereitschaftsdienstes nicht gewachsen und stellten Anträge auf Befreiung wegen „mangelnder Geeignetheit“. Das Urteil dürfte dazu führen, dass KVen diese Ärzte überprüfen werden, ob sie ihrer Fortbildungspflicht nachgekommen sind und künftig nachkommen werden.

Daher ist es jetzt Ärzten, die einen Befreiungsantrag wegen „mangelnder Geeignetheit“ eingereicht haben, anzuraten, sich juristisch beraten zu lassen. Aufgrund mangelnder Erfolgsaussichten des Befreiungsantrags kann es empfehlenswert sein, den Antrag zurückzunehmen, um nicht weiterhin im „Visier“ der KV zu sein.

Zudem hat das BSG die Möglichkeit, sich von einem selbst zu finanzierenden Vertreter vertreten zu lassen, anerkennt. Allerdings kann man davon ausgehen, dass dies nichts an der Verpflichtung ändern wird, sich für den Bereitschaftsdienst fortzubilden.

Autorin: Nadine Arbasowsky, Rechtsanwältin bei ETL Lüdemann, Wildfeuer und Partnern