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Praxis

Bei wichtigen Dokumente wie beispielsweise der Kündigung eines Mitarbeiters durch den Praxisinhaber kommt es oft auf den Tag der Zustellung des Schreibens an. Ein einziger Tag Verspätung kann ein Arbeitsverhältnis – je nach Kündigungsfrist – leicht um einige Monate verlängern. Wenn die Zeit drängt, wählen daher viele eine Postversendung, die die Zustellung an einem ganz bestimmten Tag garantiert und greifen für das Porto gerne tiefer in die Tasche.

Hohes Porto – trotzdem keine Zustellung

So ging es auch einer Mitarbeiterin, die Ansprüche gegen ihre Arbeitgeberin geltend machen wollte. Aus Schwangerschaft und Elternzeit hatte sie Urlaub angesammelt, den sie bis zum Schluss des Arbeitsverhältnisses nicht mehr nehmen konnte. Die Urlaubsabgeltung belief sich auf rund 20.000 Euro. Da die Zeit zur Geltendmachung der Ansprüche drängte, entschied sich die Frau an einem Freitag und zugleich Ende des Monats für einen Brief per „Expresszustellung mit dem Zusatzservice Samstagszustellung“ mit der Deutschen Post. Dafür bezahlte sie stolze 23,80 Euro Porto.

Der Postbote stand dann auch am Samstag mit dem Brief in der Hand vor der Tür der Arbeitgeberin. Doch er kehrte unverrichteter Dinge um, weil er nach eigenen Angaben unsicher war, ob es sich um den richtigen Empfänger handelte. Der Brief war nämlich an eine GmbH gerichtet. An Briefkasten und Klingelschild war allerdings nur der Name der Firma ohne den GmbH-Zusatz genannt. Auch an allen anderen Schildern am Gebäude stand nur der Name. Es gab zwar rund um die Uhr einen Pförtner. Doch den fragte der Postbote nicht. Er kehrte um und meldete den Zustellversuch als erfolglos.

20.000 Euro Schaden wegen versäumter Frist

Das hatte zur Folge, dass die Arbeitgeberin den Brief erst einige Tage später erhielt und sich auf die versäumte Frist berief. Da die Mitarbeiterin auf 20.000 Euro nicht verzichten wollte, wandte sie sich an die Deutsche Post. Diese wies alle Vorwürfe von sich, erstattete aber zumindest das Porto. Daraufhin verklagte die Frau die Post. Das Landgericht Bonn und das Oberlandesgericht Köln gaben ihr recht und sprachen ihr die 20.000 Euro als Schadensersatz zu (OLG Köln, 16.04.2020, Az. 3 U 225/19).

Denn im Frachtrecht des Handelsgesetzbuchs ist klar geregelt, dass der Frachtführer für den Schaden haftet, der unter anderem durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht. Durch die Versandmethode hatte die Frau deutlich gemacht, dass es ihr exakt auf die Zustellung an besagtem Samstag angekommen sei. Dafür habe sie auch ein sehr hohes Porto gezahlt. Die angeblichen Adressungenauigkeiten schienen dem Gericht dagegen unverständlich. Denn unter der Anschrift gab es gar keine weiteren möglichen Firmen. Zudem war der Firmenname identisch. Im Zweifel hätte der Postbote einfach den Pförtner fragen können.

Besser nicht auf den letzten Drücker

Die Entscheidung macht deutlich, wie sehr es bei manchen Dokumenten auf eine rechtzeitige Zustellung ankommt und wie hoch der Schaden sein kann. Praxisinhaber, die beispielweise Arbeitsverträge mit Mitarbeitern oder Mietverträge kündigen wollen, sollten daher genau auf die Fristen achten und besser nicht auf den letzten Drücker agieren. Die Entscheidung schafft allerdings auch die Sicherheit, dass die Post für Schlampereien in der Zustellung einstehen muss – auch wenn es sich um hohe Summen handelt.