Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Recht

Grundsätzlich richtet sich die Berufsaufsicht nach den länderrechtlichen Kammer- und Heilberufsgesetzen. Daher kann es zwischen den Bundesländern zu Unterschieden in den Zuständigkeiten oder Terminologien kommen. So sind beispielsweise in NRW für die Rüge nach § 58e I HeilBerG die Ärztekammern zuständig. Diese Rüge kann mit einem Ordnungsgeld bis zu 10.000 € verbunden werden. Ebenso stellen dort die Ärztekammern den Antrag auf die Eröffnung eines berufsgerichtlichen Verfahrens.

In Bayern ist hingegen für die Rüge nach Art. 38 I 1 HKaG der Vorstand des ärztlichen Bezirksverbands zuständig und kann eine Geldbuße bis zu 5.000 € verhängen. Anders als in NRW beantragt auch der Vorstand des ärztlichen Bezirksverbands die Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens.

Im Folgenden wird die rechtliche Situation in Bayern dargestellt.

Berufsaufsicht
Ärztlicher Kreisverband: freiwilliges Vermittlungsverfahren

Der Vorstand des ärztlichen Kreisverbands hat bei Streitigkeiten zwischen Ärzten von sich aus ein freiwilliges Vermittlungsverfahren zu initiieren. Bei Streitigkeiten zwischen Ärzten und einem Nichtarzt wird der Vermittler des ärztlichen Kreisverbands nur auf Antrag eines Beteiligten und mit Zustimmung des anderen tätig.

Ärztlicher Bezirksverband

Für die Berufsaufsicht und die Verfolgung einer Berufspflichtverletzung ist nach Art. 36a I 1 HKaG der ärztliche Bezirksverband, in dessen Bezirk der Arzt tätig ist, zuständig.

Rüge

Der Vorstand des ärztlichen Bezirksverbands kann den Arzt bei geringer Schuld und fehlender Notwendigkeit eines berufsgerichtlichen Verfahrens nach Art. 38 I 1 HKaG rügen. Diese Rüge kann mit einer Geldbuße bis zu 5.000 € verbunden werden. Vor der Rüge ist der Arzt anzuhören. Die Rüge ist zu begründen, eine Rechtsmittelbelehrung zuzustellen und eine Zweitschrift des Bescheides der Landesärztekammer (BLÄK), der Bezirksregierung und Kassenärztlichen Vereinigung zu übermitteln.

Wenn der Arzt nicht einverstanden ist, kann er sich schriftlich bei der BLÄK beschweren, über welche der Vorstand der BLÄK entscheidet. Wird die Beschwerde abgewiesen, kann der Arzt einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung durch das Berufsgericht stellen, welches den Beschwerdebescheid bestätigt oder aufhebt.

Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens

Reicht eine Rüge nicht aus oder setzt der Arzt sein beanstandetes Verhalten fort, so beantragt der Vorstand des ärztlichen Bezirksverbands die Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens. Ist wegen des Verhaltens bei einem Gericht oder einer Behörde ein Antrag auf Einleitung eines Straf-, Bußgeld- oder Disziplinarverfahrens gestellt worden, kann der Antrag bis zum Abschluss des Verfahrens zurückgestellt werden.

Landesärztekammer

Die BLÄK berät die Bezirksverbände bei der Berufsaufsicht. Dabei entwickelt sie die berufsrechtlichen Regelungen weiter und passt sie an.

Berufsgerichtliches Verfahren

Zuständige Gerichte

Das Verfahren findet an den Berufsgerichten statt. In Bayern sind hierfür erstinstanzlich, abhängig vom Regierungsbezirk, die Berufsgerichte für Heilberufe am Landgericht München I und am Landgericht Nürnberg-Fürth zuständig. In der Rechtsmittelinstanz zuständig ist das Landesberufsgericht für Heilberufe beim Bayerischen Obersten Landesgericht mit den auswärtigen Strafsenaten in Nürnberg.

Grund eines berufsgerichtlichen Verfahrens

Die Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens kann bei der Verletzung von Berufspflichtverletzungen drohen, wenn eine Rüge nicht mehr ausreichend ist. Häufig wird bei einer Berufspflichtverletzung auf die Generalklausel nach § 2 II BOÄ Bayern zurückgegriffen, wonach der Arzt seinen Beruf gewissenhaft und nach dem ihm entgegengebrachten Vertrauen ausüben muss. Dabei kann nach dem „berufsrechtlichen Überhang“ ein berufsgerichtliches Verfahren auch nach einem Strafverfahren erfolgen, wenn eine berufsrechtliche Sanktion zusätzlich erforderlich ist, um den Arzt zur Erfüllung seiner Berufspflichten anzuhalten und das Ansehen des Berufsstandes zu wahren. Das ist dann der Fall, wenn das Strafverfahren den besonderen berufsrechtlichen Unrechtsgehalt der Tat nicht zum Ausdruck bringen konnte. Das kann beispielsweise bei Fällen des Abrechnungsbetrugs sein.

Ablauf

Das berufsgerichtliche Verfahren kann auf Antrag eingeleitet werden. Antragsberechtigt sind der zuständige ärztliche Bezirksverband, – sofern keine selbstständigen Untergliederungen bestehen – die BLÄK, die Bezirksregierung oder das betroffene Mitglied selbst. Im Anschluss wird geprüft, ob der Antrag zulässig und nicht offensichtlich unbegründet ist.

Das Verfahren ist im HKaG geregelt. Ergänzend wird auf Vorschriften der Strafprozessordnung und des Gerichtsverfassungsgesetztes zurückgegriffen.

Sanktionen

Möglich sind ein Verweis, eine Geldbuße bis 100.000 € und die Entziehung der Delegierteneigenschaft bzw. die der Wählbarkeit zum Delegierten in einer Berufsvertretung.

Viele Ärzte haben große Angst vor dem Entzug der Approbation. Die Antwort darauf ist nicht ganz einfach. Einerseits darf das Berufsgericht die Approbation nicht nach § 5 II BÄO widerrufen. ABER: Das Berufsgericht kann feststellen, dass die Schwere der Verfehlung einen Entzug der Approbation erfordert! In diesen Fällen setzt das Gericht nach Art. 86 IV 1 HKaG das Verfahren aus und legt die Akten der zuständigen Behörde vor. Diese wiederum kann dann die Approbation widerrufen.

Fazit

Viele Ärzte halten sich entweder intuitiv oder durch viele Fortbildungen an die Berufsordnung. Dennoch kann man mit berufsaufsichtsrechtlichen Maßnahmen in Berührung kommen. Dann ist es wichtig, solche Verfahren niemals zu unterschätzen. Deshalb ist aufgrund der Komplexität der Verfahren und den drohenden Sanktionen die Hinzuziehung eines Rechtsbeistandes sinnvoll und dringend zu empfehlen.