Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Arbeitsrecht

Bei Arztpraxen kommt es dabei zunächst auf die Zahl der Mitarbeiter an. In Unternehmen mit zehn oder weniger Mitarbeitern gilt das nämlich nicht. Die Hürden für eine Kündigung sind in diesen „Kleinbetrieben“ damit nicht ganz so hoch. Bei der Ermittlung der Arbeitnehmerzahl müssen Chefs aber aufpassen:

  • eine Teilzeitkraft, die bis zu 20 Stunden wöchentlich arbeitet, gilt als 0,5 Mitarbeiter
  • eine Teilzeitkraft, die mehr als 20 und bis zu 30 Stunden wöchentlich arbeitet, gilt als 0,75 Mitarbeiter
  • eine Vollzeitkraft gilt als ein Mitarbeiter
  • Auszubildende und Praktikanten werden nicht mitgerechnet

Ärztinnen und Ärzte, die mit in ihrer Praxis innerhalb der Kleinbetriebsgrenze bleiben, müssen sich bei Entlassungen zwar nicht um das KSchG kümmern. Doch auch sie müssen sich an ein paar Regeln halten.

Kleine Praxen sind im Vorteil

So dürfen Chefs keine missbräuchliche oder treuwidrige Kündigung aussprechen. Sie dürfen also nicht etwa wegen der Hautfarbe oder der Religion kündigen. Sie müssen zudem ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme einhalten. So ist es nicht zulässig, eine seit Langem in der Praxis arbeitende Kraft zu entlassen, während eine erst vor Kurzem eingestellte MFA bleiben darf. Denn auch Betriebszugehörigkeit und Unterhaltspflichten muss der Arzt als Arbeitgeber berücksichtigen. Und natürlich gilt der Sonderkündigungsschutz etwa für schwerbehinderte Mitarbeiter, Schwangere und Mitarbeiter in Elternzeit. Grundsätzlich sind Kündigungen in kleinen Praxen ganz unabhängig von der Corona-Krise aber gut möglich.

Anders sieht es dagegen in Praxen mit mehr als zehn Mitarbeitern aus. Bei Kündigungen aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten wegen der Corona-Pandemie ist entscheidend, ob ein betriebsbedingter Kündigungsgrund nach dem KSchG vorliegt. Das setzt ein dringendes betriebliches Erfordernis voraus, welches die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers dauerhaft nicht mehr möglich macht. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn wegen COVID-19 Patienten dauerhaft wegbleiben, aber auch, wenn intern umstrukturiert wird.

Den Nachweis dafür, dass es dauerhaft weniger Arbeit gibt, muss allerdings der Arbeitgeber erbringen. Gerade das könnte derzeit ein Problem sein. Denn niemand weiß, wie sich die Pandemie entwickelt. Meiden Patienten nur vorübergehend die Arztpraxis, reicht das als betriebsbedingter Kündigungsgrund nicht aus. Weitere Voraussetzungen sind, dass in der Praxis kein anderer freier Arbeitsplatz existiert, auf dem der Mitarbeiter weiter beschäftigt werden könnte und dass der Arbeitgeber die Sozialauswahl korrekt durchgeführt hat. Unter den vergleichbaren Mitarbeitern muss der Chef nämlich denjenigen auswählen, der am wenigsten schutzwürdig ist. Hier spielen vor allem die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und Unterhaltspflichten (verheiratet und/oder Kinder) eine Rolle.

Milderes Mittel Kurzarbeit?

Eine Kündigung muss immer das letzte Mittel sein. Daher werden Gerichte jetzt voraussichtlich einen Blick auf das Thema Kurzarbeit werfen. Ist diese möglich, um die Praxis zu retten, stellt sie ein milderes Mittel dar. Eine betriebsbedingte Kündigung wäre damit unwirksam. Kurzarbeit dient dazu, einen vorübergehenden Arbeitsmangel aufzufangen, während bei einer betriebsbedingten Kündigung der Arbeitsbedarf dauerhaft wegfällt. Praxen, die Kurzarbeit eingeführt haben, sollten bei Kündigungen darauf achten, ob sich ihre Lage nochmals verschlechtert hat und nun dauerhaft weniger Arbeit anfällt.