Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Arbeitsrecht

Seit Monaten hat das Corona-Virus die Welt fest im Griff. Die vielbeschworene „neue Normalität“ will sich partout nicht einstellen. Und von der „echten“ Normalität sind Ärzte und medizinisches Personal sowieso noch weit entfernt.

Umso ironischer erscheint es, dass ausgerechnet beim Thema Resturlaub dieselben gesetzlichen Regeln gelten sollen, die auch in jedem normalen Jahr zum Einsatz kommen. Genau das ist aber der Fall. Arbeitnehmer, die jetzt noch auf einem großen Berg unverbrauchter freier Tage sitzen, haben deshalb ein Problem.

Keine Regel ohne Ausnahme

Grundsätzlich müssen Beschäftigte ihren Urlaub im laufenden Kalenderjahr nehmen. Das Bundesurlaubsgesetz erlaubt es nur in zwei Fällen, nicht verbrauchte Tage ins Folgejahr hinüberzuretten.

Konkret heißt es in § 7 Abs. 3: „Eine Übertragung (…) auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen.“

Hat also der Praxisinhaber oder Klinikchef im Jahre 2020 einen Urlaubsantrag abgelehnt, etwa, weil es extrem viel zu tun gab, ist eine solche Übertragung erlaubt. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer selbst längere Zeit krank war und deshalb seinen Urlaub nicht (vollständig) nehmen konnte. Auch dann ist es erlaubt, unverbrauchte Tage mit ins neue Jahr zu nehmen. Allerdings müssen die betreffenden Ärzte und MFA den Übertrag recht zeitnah abbauen: Das Gesetz schreibt vor, dass die die freien Tage aus dem Vorjahr spätestens am 31. März des Folgejahres endgültig verfallen.

Auch der Chef ist in der Pflicht

Allerdings haben angestellte Ärzte und MFA seit neuestem noch eine weitere Möglichkeit, unverbrauchte Urlaubstage zu retten – und zwar sogar über das erste Quartal des Folgejahres hinaus. Der Grund: Die Rechtsprechung hat entschieden, dass die strengen gesetzlichen Regeln nur greifen, wenn der Arbeitgeber seine Mitarbeiter rechtzeitig aufgefordert hat, ihren Urlaub zu nehmen. Bei diesem Hinweis muss er auch über die die Gefahr informieren, dass ungenutzte Urlaubstage zum Jahreswechsel ersatzlos entfallen.

Haben Praxisinhaber oder Klinik im ausklingenden Jahr keinen solchen Hinweis erteilt, erlischt der Urlaubsanspruch nicht zum Ende Jahres 2020, sondern wird aufs Jahr 2021 übertragen. Die Resturlaubstage aus dem Vorjahr verfallen dann nach den allgemeinen Regeln wieder zum Ende des Jahres, also am Silvesterabend um 24 Uhr.

Aber natürlich muss der Arbeitgeber auch 2021 über die Risiken des Urlaubsverfalls informieren, und zwar sowohl im Hinblick auf den normalen Jahresurlaub als auch mit Blick auf die übertragenen Tage aus 2020. Tut er das nicht, geht das Spiel Ende 2021 von vorne los. Der Resturlaub wird dann erneut aufs nächste Jahr übertragen – selbst, wenn die Pandemie dann (hoffentlich) bereits Geschichte ist.