Arzt sucht Rechtsanwalt: Was bei der Auswahl zu beachten ist
Judith MeisterRegressforderungen, Mietstreitigkeiten, Arzthaftungsverfahren: Ärzte können im Alltag mit vielfältigen juristischen Problemen konfrontiert sein. Die Auswahl des richtigen Rechtsanwalts entscheidet dann oft über Sieg oder Niederlage vor Gericht. Doch wie findet man den passenden juristischen Beistand?
Die Zahl ist beeindruckend. Nach Angaben der Bundesrechtsanwaltskammer bieten in Deutschland derzeit 165.000 Rechtsanwälte ihre Dienste an. Die große Auswahl macht die Wahl des richtigen Anwalts aber nicht unbedingt einfacher: Es gibt Generalisten und Berufsträger mit mehreren Fachanwaltstiteln. Promovierte und Masters of Law (LL.M.). Großkanzlei-Anwälte mit einem ganzen Team von Juristen und Einzelkämpfer in eigener Kanzlei. Wie finden Ärzte und Ärztinnen im Ernstfall also den passenden juristischen Beistand?
Die Suche nach einem Rechtsanwalt: Fragen lohnt sich
Zunächst die schlechte Nachricht. Eine eindeutige Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Je nachdem, in welchem Rechtsgebiet der Fall angesiedelt ist – und wie komplex die juristischen Fragen sind – können die Anforderungen an die Rechtsberatung extrem variieren.
Ganz grundsätzlich sind persönliche Empfehlungen aber stets ein guter Weg, um einen geeigneten Anwalt aufzutun. Geht es um Ehe-Scheidungen, arbeitsrechtlichen Ärger oder Stress mit dem Vermieter hat, kommen Rechtssuchende über die Mund-zu-Mund-Propaganda oft schnell und unkompliziert mit dem geeigneten Experten zusammen.
Schwieriger gestaltet sich die Auswahl mitunter bei Problemen in berufsspezifischen Bereichen: Wer seine Praxis verkaufen will oder Ärger mit der KV hat, kann allenfalls im Kollegenkreis nach Erfahrungswerten mit entsprechenden Experten fragen. Alternativ können Ärzte jedoch die Onlinesuche des Deutschen Anwaltvereins bemühen (www.anwaltauskunft.de).
Rechtsanwälte mit Spezialkenntnissen
Erste Anhaltspunkte darüber, wer für die eigenen Belange am besten qualifiziert ist, ergeben sich bei solchen Recherchen aus den Angaben zu Interessen- oder Tätigkeitsschwerpunkten des Anwalts. Diese Angaben sind allerdings an keine fest vorgeschriebenen Voraussetzungen gebunden, sie geben vor allem Auskunft über die persönliche Präferenz des betreffenden Juristen.
Etwas anders gilt, wenn ein Berufsträger die Bezeichnung „Fachanwalt“ führt. Diese Angabe lässt sich am ehesten mit einem Facharzt-Titel vergleichen. Um sich Fachanwalt nennen zu dürfen, müssen Rechtsanwälte ihre Spezialkenntnisse nicht nur über schriftliche Prüfungen nachweisen. Sie müssen auch belegen, dass sie im fraglichen Rechtsgebiet eine bestimmte Anzahl an Fällen bearbeitet haben und Jahr für Jahr eine vorgeschriebene Zahl an Fortbildungen in ihrem Spezialgebiet absolvieren.
Eine Liste der derzeit existierenden Fachanwaltstitel finden Sie hier.
Gesetzlich oder privat?
Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Wahl des Anwalts sind die Kosten. Ähnlich wie in der Medizin gibt es auch in der Juristerei zwei Abrechnungsvarianten. Der gesetzliche Standard ist die Abrechnung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Dort ist niedergelegt, welche Summen ein Rechtsanwalt normalerweise für seine Leistungen verlangen darf. Vergleichsweise günstig ist die sogenannte Erstberatung. Dafür dürfen Anwälte Verbrauchern nicht mehr als 190 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer in Rechnung stellen – es sei denn, sie vereinbaren im Vorfeld eine höhere Beratungspauschale.
Kommen Arzt und Anwalt ins Geschäft, ist zudem zwischen den Kosten für die gerichtliche und die außergerichtliche Vertretung zu unterscheiden. Die Gebühren berechnen sich zwar in jedem Fall nach den Vorgaben des Vergütungsverzeichnisses (VV) des RVG, ihre Höhe kann jedoch – je nach den Umständen des Einzelfalles – deutlich variieren.
Flexible Lösung: Private Honorarvereinbarungen
Grundsätzlich sind alle in Deutschland zugelassenen Rechtsanwälte an das RVG gebunden. Ärzte, die die Dienste eines besonders renommierten Spezialisten in Anspruch nehmen wollen, müssen aber oft mit höheren Kosten rechnen. Das Gesetz erlaubt Rechtsanwälten, mit ihren Mandanten eine individuelle Honorarvereinbarung zu treffen und beispielsweise auf Stundenbasis abzurechnen. Es lohnt sich daher auf jeden Fall, im Vorfeld eine genaue Kalkulation anzufordern.
Wichtig: Wer eine Rechtsschutzversicherung besitzt, sollte bei den Kosten besonders genau hinsehen. Denn auch wenn die Gesellschaften regelmäßig mit „freier Anwaltswahl“ werben, bezahlen sie in der Regel nur die Anwalts- Kosten auf RVG-Basis. Dennoch ist eine Rechtsschutzversicherung im Ernstfall oft sehr hilfreich, da sie – wenn sie zahlt – auch für Gerichts- oder Zeugengebühren, Gutachterkosten und andere Auslagen einsteht