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Corona-News

Nicht nur die Rechtmäßigkeit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht für Ärzte und Pflegepersonal hat die Rechtsprechung – und auch das Bundesverfassungsgericht – bereits beschäftigt. Auch sehr handfeste Fragen, etwa zum Umfang der Aufklärungspflicht, sorgen nach wie vor für Streit.

So musste sich zum Beispiel das Landgericht Heilbronn vor Kurzem mit einer Klage auf Schmerzensgeld und Schadenersatz beschäftigen. Geklagt hatte eine Frau, die während der Pandemie eine Ausbildung zur Altenpflegerin absolvierte und damit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht unterfiel.

Ihre Pflegedienstleiterin hatte der jungen Frau daher im Dezember 2020 das offizielle „Aufklärungsmerkblatt zur Schutzimpfung gegen COVID-19 mit mRNA-Impfstoff“ nebst Anamnese-  und Einwilligungsbogen ausgehändigt. Die Auszubildende kreuzte darauf unter anderem an, dass sie keine weiteren Fragen habe.

Neurologische Beschwerden nach Corona-Impfung

Trotz dieser Einlassung wies die Impfärztin am Tag der Impfung alle Mitarbeiter des Seniorenheims darauf hin, dass sie ihr Fragen zu den Risiken der Vakzination stellen könnten. Diese Option nutzten etliche Mitarbeiter – einige verweigerten im Anschluss daran sogar die Impfung.

Die besagte Auszubildende willigte allerdings ein und erhielt am 16.01.2021 und am 06.02.2021 jeweils eine Spritze mit Comirnaty.

Kurz nach der zweiten Injektion traten bei ihr jedoch – nach eigenem Bekunden –  neurologische Beschwerden auf. Diese brachte die Frau mit der Impfung in Zusammenhang. Sie zog daraufhin vor Gericht und führte aus, die Impfärztin habe sie nicht ausreichend über die Risiken aufgeklärt. Dafür stehe ihr ein Schmerzensgeld von mindestens 50.000 Euro zu.

Wann ein Merkblatt als Aufklärung genügt

Vor dem Landgericht Heilbronn hatte die Auszubildende mit ihrem Ansinnen jedoch keinen Erfolg. Das Gericht befand vielmehr, dass die Frau ordnungsgemäß aufgeklärt worden sei. Nicht nur habe sie ein amtliches Merkblatt erhalten. Sie habe vor den Impfterminen auch Gelegenheit gehabt, der Ärztin Fragen zu den Risiken und Nebenwirkungen der Injektion zu stellen. Ein solches verkürztes Verfahren ohne individuelles Aufklärungsgespräch hält des Bundesgerichtshofes (BGH) zwar nur bei öffentlich empfohlenen Routineimpfungen für ausreichend.

Da jedoch auch die Covid-19-Impfung mit dem mRNA-Impfstoff von der Ständigen Impfkommission empfohlen war, wandte das Landgericht diese Grundsätze auch auf die Impfkampagne an. Angesichts der nur vorläufigen Zulassung des verwendeten mRNA-Impfstoffes sei die Impfung gegen Covid-19 zwar nicht als Routineimpfung anzusehen. Angesichts der Vielzahl der verimpften Dosen sei dieses Vorgehen aber dennoch zweckmäßig, zumal ein persönliches Aufklärungsgespräch für jeden Impfling nicht zu leisten gewesen wäre und die Impfkampagne erheblich verzögert hätte (LG Heilbronn, Az. 1 O 65/22).