Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Recht

Sowohl für den Praxisinhaber als auch für dessen ärztliche Mitarbeiter kann eine Umsatzbeteiligung als sogenannter Provisionslohn, wie er bei angestellten Zahnärzten zusätzlich zum monatlichen Gehalt durchaus üblich ist, ein interessantes Vergütungsmodell darstellen. Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, einen Teil seiner Personalkosten variabel zu gestalten, während der angestellte Arzt durch eine am Umsatz orientiere Vergütung am wirtschaftlichen Erfolg seiner Arbeit partizipieren kann.

Nicht selten wird die Zeit der Anstellung in der Praxis des Zahnarztes auch dafür genutzt, um erst mal gemeinsam zu arbeiten und über eine spätere Partnerschaft zu entscheiden. Hat der angestellte Zahnarzt sein „unternehmerisches Denken“ bewiesen, fällt die Entscheidung zur Aufnahme in die Gesellschaft leichter.

Zur Vermeidung von „Stolperfallen“ sollte sich der Praxisinhaber vor der Vereinbarung von Umsatzbeteiligungen aber mit den rechtlichen Grundlagen vertraut machen. Die Probleme liegen hier wie so oft im Detail. Fehler können zu nicht einkalkulierten (hohen) Kosten für den Zahnarzt oder Humanmediziner führen. Unbedingt ist zu prüfen, bei welcher Gestaltung sich die Umsatzbeteiligung für den Arbeitgeber lohnt. In manchen Fällen ist es besser, es zunächst bei einem normalen Gehalt pro Monat zu belassen.

Rechtliche Grundlagen der variablen Vergütung

Die Beteiligung kann – bei einem Neuabschluss – in den Arbeitsvertrag des angestellten Zahnarztes oder Humanmediziners aufgenommen werden. Bei bestehendem Arbeitsverhältnis bietet sich ein entsprechender Nachtrag zum Arbeitsvertrag an, um die Modalitäten zu regeln. Aus Nachweisgründen empfiehlt sich in der Regel die schriftliche Fixierung, wobei auch eine mündliche Absprache bindend ist. Die Umsatzbeteiligung kann mit oder ohne Fixgehalt pro Monat vereinbart werden.

Nach der Rechtsprechung ist beides zulässig, jedoch darf im Ergebnis das Betriebs- und Wirtschaftsrisiko des Arbeitgebers nicht unzulässig auf den angestellten Zahnarzt bzw. Arzt übertragen werden. Nichtig ist eine Vergütungsabrede, welche eine Verlustbeteiligung des Arbeitnehmers vorsieht (Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 611 BGB, Rn. 340). Angreifbar ist eine Vergütung, wenn sie 2/3 der sonst üblichen Entlohnung der Branche unterschreitet; das Bundesarbeitsgericht (Urt. v. 23.05.2001 – 5 AZR 527/99) nimmt in diesem Fall eine Sittenwidrigkeit der Vergütung an.

Auf der „sicheren Seite“ ist der Arbeitgeber daher, wenn er ein Grundgehalt in Höhe von 2/3 der üblichen Vergütung und „on top“ als zweiten Vergütungsbestandteil die Umsatzbeteiligung anbietet. Ein gewisser Verhandlungsspielraum ist fpr die Praxis gegeben, da im ambulanten ärztlichen Bereich kein Tarifwerk mit verbindlichen Gehaltsstrukturen besteht.

Anknüpfungspunkte für die Höhe können verschiedene Bemessungsgrundlagen sein. Häufig wird auf den persönlich erzielten Honorarumsatz des angestellten Arztes abgestellt. Denkbar sind aber auch Beschränkungen, z. B. auf eine bestimmte ärztliche Leistung. Aus Sicht des Praxisinhabers ist aber zu berücksichtigen, dass der Angestellte das Recht erwirbt, die maßgebliche Abrechnung einzusehen, sodass ein Abstellen – z. B. auf den Praxisgewinn oder -umsatz – wohl zu überlegen ist.

Formulierungsbeispiel:
„Zahnarzt Dr. X erhält für seine Tätigkeit eine Beteiligung an dem von ihm selbst erwirtschafteten Honorarumsatz (ausschließlich der Sachkosten) in Höhe von … %.“

Prozentsatz der Beteiligung nicht zu hoch ansetzen

Der gewählte Prozentsatz der Beteiligung am Umsatz sollte nicht zu hoch ausfallen. In der Praxis besteht nämlich häufig der Irrtum, dass bei einer Erkrankung des Mitarbeiters, bei Schwangerschaft oder Urlaub nur das normale Gehalt fortzuzahlen ist. Ein solcher Irrglaube kann den Praxisinhaber mit nicht kalkulierten Kosten konfrontieren, denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat die Umsatzbeteiligung als Gegenleistung für die Arbeit Entgeltcharakter.

Dies bedeutet, dass die Beteiligung nach den Grundsätzen des Entgeltausfallprinzips auch bei der Berechnung der Urlaubsvergütung und bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall mit zu berücksichtigen ist. Maßgeblich für die Bestimmung der Entgeltfortzahlung bei Erkrankung ist ein Durchschnittszeitraum von einem Jahr (Reinhard, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 4 EFZG, Rn. 16).

Das Bundesurlaubsgesetz stellt in § 11 bei der Berechnung der Urlaubsvergütung auf die letzten 13 Wochen vor Antritt des Urlaubs ab. Diese Mehrbelastung beim Gehalt muss der Arbeitgeber daher bei der Bestimmung der Beteiligungsvergütung mit einberechnen, sonst besteht das Risiko einer Unterdeckung. Der Arbeitgeber kann den einmal vereinbarten Vergütungsbestandteil auch nicht einseitig zurücknehmen; dazu bedarf es entweder einer Vereinbarung mit dem Mitarbeiter oder einer Änderungskündigung.

Vertragliche Gestaltung

 Bei der Vereinbarung muss zwingend der individuelle Fall betrachtet werden. Zu denken ist z. B. daran, dass die Leistung ggf. arbeitsteilig erbracht wird. Stellt man auf das persönlich erzielte ärztliche Honorar als Bemessungsgrundlage ab, so können/müssen aus Arbeitgebersicht auch „Störfälle“ – wie z. B. die Nichtzahlung durch den Patienten oder der Fall von Regressen durch Kostenträger – berücksichtigt werden.

Vereinbart werden kann, dass nur das Honorar als Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen ist, welches der Praxis auch tatsächlich und endgültig zufließt. Damit kann dem Umstand von Zahlungsausfällen und Regressen Rechnung getragen werden. Ratsam ist es daher, zunächst eine Regelung über monatliche Abschlagszahlungen (z. B. auf Basis der Praxissoftware) zu treffen, um dann nach Quartalsabschluss eine Endberechnung zu ermöglichen. In diesem Regelungszusammenhang sollte – deklaratorisch – jedoch darauf hingewiesen werden, dass die maßgeblichen Leistungen unter Beachtung der ärztlichen Grundsätze (persönliche Leistungserbringung, Wirtschaftlichkeitsgrundsatz etc.) zu erbringen sind.

Die Klausel ist präzise zu formulieren, um Streitigkeiten zu vermeiden. Hilfreich ist daher, wenn ein Beispiel mit einer entsprechenden Berechnung in den Vertragstext aufgenommen wird. Lässt sich die Klausel nicht eindeutig auslegen, geht dies grundsätzlich zulasten des Arbeitgebers, sodass der Arbeitnehmer den (vermeintlichen) Gehaltsanspruch fordern kann.

Klarstellend sollte aus Arbeitgebersicht aufgenommen werden, dass mit der Zahlung des variablen Vergütungsbestandteils alle Ansprüche aus Überstunden und Mehrarbeit abgegolten sind.

Lohnsteuerliche und sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen

 Der umsatzabhängige Vergütungsbestandteil ist selbstverständlich ein ebenso regulär zu versteuernder Arbeitslohn wie die ggf. gewährte Grundvergütung. Sozialversicherungsrechtlich handelt es sich um Einmalbezüge im jeweiligen Auszahlungsmonat. Aber Vorsicht: Wird die umsatzabhängige Vergütung z. B. analog der KV-Abrechnung quartalsweise berechnet, muss auf diese Vergütungen für Zwecke der Sozialversicherung die Jahrestabelle angewendet werden. Dies bedeutet, dass die verdiente Umsatzbeteiligung fiktiv auf die Monate des Bemessungszeitraums verteilt wird. Damit soll verhindert werden, dass sich Vorteile durch die Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze in den Auszahlungsmonaten ergeben. Die Nichtbeachtung kann für den Arbeitgeber ebenfalls zu Kosten führen, da er nicht abgeführte Arbeitnehmersozialversicherungsbeiträge gem. § 28g SGB IV nur bei den nächsten drei Gehaltsabrechnungen in Abzug bringen darf; danach ist eine Rückforderung ausgeschlossen.

Ausblick

Umsatzbeteiligungen können einen Anreiz für Mitarbeiter darstellen. Der Arbeitgeber sollte sich vorsichtig an die Grenzen herantasten, um keine bösen Überraschungen bei der Höhe des Vergütungsbestandteils zu erleiden. Mögliche Störfälle können bei der Gestaltung der Klausel ausgewogen berücksichtigt werden.

Quelle: HDI Autor: Christian Krapohl, Rechtsanwalt // Fachanwalt für Medizinrecht und Arbeitsrecht, Möller & Partner – Kanzlei für Medizinrecht, Düsseldorf, www.moellerpartner.de