Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Recht

Es gibt Bereiche, in denen kann auch der beste Chef nicht alle Arbeitnehmer glücklich machen. Einer von ihnen: die Urlaubsplanung.

Gerade zu besonders begehrten Terminen, etwa an Brückentagen oder während der Schulferien, können nicht alle, die wollen, zum Zug kommen, wenn der Praxisbetrieb aufrechterhalten werden soll. Das Bundesurlaubsgesetz erlaubt es ärztlichen Arbeitgebern daher, Urlaubsanträge von Mitarbeitern abzulehnen, „wenn die Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen“. Heißt konkret: Die alleinerziehende MFA mit schulpflichtigen Kindern wird während der Sommerferien eher Urlaub bekommen als der kinderlose Kollege.

Alleingänge müssen Chefinnen und Chefs nicht hinnehmen

Widersetzt sich ein Arbeitnehmer den Vorgaben und tritt den Urlaub ohne Placet des Praxischefs an, verletzt er damit seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Die Folge: Der Arbeitgeber kann kündigen. Und zwar fristlos. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (Az. 2 AZR 457/20).

Nach der Rechtsprechung der Erfurter Richter ist der eigenmächtige Antritt eines nicht gewährten Urlaubs „geeignet, einen wichtigen Grund zu einer außerordentlich fristlosen Kündigung zu begründen“.

Das gilt übrigens nicht nur, wenn ein bestimmter Urlaubswunsch wegen Terminkollisionen versagt wird, sondern auch, wenn der Arbeitnehmer eine Genehmigung seines Urlaubs antizipiert, die dann aber nicht erfolgt. So war es auch im Fall, den das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden hatte.

Konkret hatte ein Arbeitnehmer am Freitagabend kurz nach 23 Uhr Urlaub beantragt und war dann ab Montag nicht zur Arbeit erschienen.
Das Bundesarbeitsgericht stellte dazu fest, dass Arbeitnehmern grundsätzlich kein Selbstbeurlaubungsrecht zusteht. Allerdings muss der Arbeitgeber im Streitfall nachweisen, warum er den Urlaubswünschen nicht nachkommen konnte, etwa weil andere Kollegen den Vorrang verdienten, die Praxis ansonsten unterbesetzt wäre oder er, wie hier, schlicht keine Zeit hatte, zu reagieren.

Im Zweifel muss ein Gericht entscheiden

Auch das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat vor Kurzem entschieden, dass ein eigenmächtiger Urlaubsantritt eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann (Az. 5 Sa 88/21). Demnach sind Arbeitnehmer auch nicht zur Selbstbeurlaubung berechtigt, wenn sie möglicherweise einen Anspruch auf Freistellung gehabt hätten. Denn um ihre Rechte zu wahren, könnten die Beschäftigten im Eilverfahren ein Gericht anrufen und eine einstweilige Verfügung erwirken, statt ihr Schicksal in die eigene Hand zu nehmen.

Wichtig: Will ein Praxischef eine Selbstbeurlaubung mit einer fristlosen Kündigung ahnden, muss er diese innerhalb von zwei Wochen erklären. Die Frist läuft ab dem Tag, an dem der Arbeitnehmer wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt. Da der fristlose Rauswurf ein sehr scharfes Schwert ist, empfehlen Juristen allerdings, in solchen Fällen das Gespräch mit dem Arbeitnehmer zu suchen und etwaige Missverständnisse auszuräumen.

Erst fragen, dann reisen
MFA und angestellte Ärzte haben einen gesetzlichen (und oft auch einen vertraglichen) Urlaubsanspruch. Ohne Genehmigung des Chefs dürfen sie diesen allerdings nicht wahrnehmen.