Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Medizinrecht

Sie befinden sich in 8.000 Metern Höhe, genießen gerade Ihren ersten Tomatensaft – da geschieht es. „Sollte ein Arzt an Bord sein, bitten wir ihn, sich unverzüglich in die erste Klasse zu begeben.“ Wegducken ist jetzt schon aus ethischer Sicht undenkbar. Dennoch können sich viele Mediziner nicht einer gewissen Sorge erwehren, wenn sie außerhalb ihres gewohnten Arbeitsumfelds erste Hilfe leisten – man weiß schließlich nie, welche Haftungsrisiken auf einen zukommen.

Deutsches Recht auch über den Wolken

Vielfach sind diese Sorgen aber unbegründet. Zum einen gilt deutsches Recht nicht nur auf deutschem Hoheitsgebiet, sondern auch auf Schiffen, die unter deutscher Flagge fahren sowie in deutschen Flugzeugen. Jeder Mensch, der ein Unglück beobachtet, ist demnach erst einmal verpflichtet, den Opfern im Rahmen seiner Möglichkeiten zu helfen (§ 323 c StGB).

Ärzte müssen also – ebenso wie gewöhnliche Passanten – im Rahmen des Erforderlichen und Zumutbaren, diejenige Hilfe leisten, die den Eintritt weiterer Schäden verhindert. Ärztliche Ersthelfer müssen zwar grundsätzlich mehr leisten als Nicht-Mediziner – allerdings ist Arzt nicht gleich Arzt. „Von einem praktizierenden Facharzt für Kardiologie darf man bei einem Herzinfarkt sicher mehr erwarten als von einem Orthopäden, der seit Jahren im Ruhestand ist“, sagt Randhir K. Dindoyal, Rechtsanwalt aus München. Zudem gibt es bei vielen Fluglinien „Enthaftungserklärungen“ für Ärzte, die bei einem Notfall über den Wolken einspringen: Sie beschränkt die Haftung auf grob fahrlässige oder vorsätzliche Behandlungsfehler.

Bei Fernreisen besser im Vorfeld abklären

Ärzte, die mit amerikanischen Transportmitteln unterwegs sind oder ihren ganzen Urlaub in Übersee verbringen, sollten sich dennoch im Vorfeld über die Rechtslage im Zielland informieren. Denn während unterlassene Hilfeleistung in Deutschland und vielen EU- Ländern strafbar ist (siehe oben), gelten vor allem im angelsächsischen Raum andere Regeln.

So verpflichtet weder das amerikanische, kanadische oder britische Recht Ärzte, bei Notfällen erste Hilfe zu leisten – es sei denn, es bestand bereits ein Behandlungsverhältnis zu dem fraglichen Patienten. Um sicherzugehen, dass die gut gemeinte Versorgung eines Kranken im Ausland nicht zum Bumerang wird, empfiehlt es sich daher, vor Reisebeginn mit der eigenen Berufshaftpflichtversicherung die offenen Fragen zu klären.