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Recht

Der Verlust des eigenen Arbeitsplatzes ist, selbst in Zeiten des Fachkräftemangels, keine Lappalie. Dass sich der eine oder andere Arbeitnehmer am Tag nach seinem Rauswurf krank fühlt und krankmeldet, leuchtet daher ein. Wie auch schon vor der Kündigung muss der Betreffende seinem Chef aber spätestens am dritten Tag des Ausfalls eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) vorlegen, um seinen Anspruch auf Lohnfortzahlung zu behalten.

Immer wieder zweifeln Arbeitgeber in solchen Konstellationen allerdings den Wahrheitsgehalt dieser AU an – insbesondere, wenn die Krankheit verdächtig genau mit dem Ablauf der Kündigungsfrist endet.  Zu Recht entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) bereits im Jahr 2021. Solche Zweifel, so die Erfurter Richter, sind zumindest berechtigt, wenn das Ende der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit exakt auf das Ende der Kündigungsfrist fällt (Az. 5 AZR 149/21).

Die Umstände des Einzelfalles entscheiden

Offenbar mit Blick auf diese Entscheidung hat nun auch ein anderer Arbeitgeber die Lohnfortzahlung für einen geschassten Mitarbeiter verweigert. Dieser hatte während einer Krankschreibung die Kündigung erhalten und im Nachgang an seinen Rauswurf zwei weitere ärztliche AU vorgelegt, nach denen er exakt bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses krankgeschrieben war. Der Arbeitgeber zweifelte an der Echtheit dieser Atteste und strich dem Mitarbeiter das Gehalt.

Der wiederum klagte – und errang vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen einen ersten Erfolg. Das Gericht befand:  Allein die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer sich nach einer Kündigung exakt bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses krankmeldet, nimmt einer AU noch nicht den Beweiswert. Vielmehr sei die zeitliche Abfolge der Ereignisse entscheidend (Az.: 8 Sa 859/22).

Kündigung als Motivation für die Krankschreibung?

Auf die Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts (Az. 5 AZR 149/21) zum Beweiswert einer AU bzw. dessen Erschütterung könne sich der Arbeitgeber in diesem Fall nicht berufen, da der Arbeitnehmer vorliegend schon vor seiner Kündigung krankgeschrieben war und durch diese folglich auch nicht zu seiner Krankmeldung motiviert worden sein könne. Zudem habe der Mann insgesamt drei Bescheinigungen über die dargelegten Erkrankungen gegeben, darunter aber war nicht eine einzige, die exakt bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses datierte.

Das letzte Wort in der Sache ist indes noch nicht gesprochen. Das LAG hat die Revision zum BAG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen. Nun müssen die Erfurter Richter entscheiden, unter welchen Umständen der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch im konkreten Fall erschüttert wird.