Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Recht

Mit dem Jahreswechsel treten auch heuer etliche relevante Reformen in Kraft. Von besonderer Bedeutung für Ärztinnen und Ärzte ist die Reform des Notvertretungsrechts für Eheleute und eingetragene Lebenspartner.

Der neu geregelte § 1358 BGB normiert, dass (Ehe)-Partner sich in Gesundheitsfragen vertreten können, wenn einer von ihnen „aufgrund von Bewusstlosigkeit oder Krankheit nicht in der Lage ist, seine Gesundheitsangelegenheiten selbst zu besorgen.“

Der andere Partner hat dann die Möglichkeit, „in Untersuchungen, Heilbehandlungen oder Eingriffe einzuwilligen“ oder diese zu untersagen.  Außerdem kann er für den Patienten die ärztliche Aufklärung entgegennehmen und dessen Patientenakte einsehen. Der behandelnde Arzt ist insoweit also von seiner Schweigepflicht entbunden.

Ebenfalls erlaubt ist es dem vertretenden Partner künftig, Behandlungs-, Krankenhaus- oder eilige Rehabilitations- bzw. Pflegeverträge abzuschließen und durchzusetzen. Für bis zu sechs Wochen darf er oder sie sogar in freiheitsentziehende Maßnahmen zulasten seines Partners einwilligen, also zum Beispiel der Verwendung von Bettgittern, einer Fixierung oder einer Sedierung zustimmen.

Reform soll Prozesse vereinfachen

Nach (noch) geltender Rechtslage besteht ein solches Vertretungsrecht zwischen Eheleuten und Verpartnernden nur, wenn diese eine Patientenverfügung bzw. eine Vorsorgevollmacht für den jeweils anderen ausgestellt haben. Ohne ein solches Dokument muss sich der gesunde Ehegatte, wenn sein Partner zum Beispiel im Koma liegt oder nach einem Schlaganfall nicht einwilligungsfähig ist, erst von einem Gericht zu dessen Betreuer bestellen lassen.

Ein umständliches und langwieriges Verfahren, das gerade bei dringenden Behandlungen wertvolle Zeit kosten kann, für alle Beteiligten. Doch auch wenn die Reform ein häufig kritisiertes Problem angeht. Sie könnte auch weitere Schwierigkeiten verursachen – unter anderem, weil es von der neuen Regelung auch zahlreiche Ausnahmen gibt.

So scheidet eine Notvertretung auch in Zukunft aus, wenn

  • die Eheleute/Partner getrennt leben,
  • dem behandelnden Arzt bekannt ist, dass der erkrankte Partner die Vertretung durch den anderen ablehnt,
  • dem Arzt eine Vorsorgevollmacht oder ein vergleichbares Dokument bekannt ist oder vorliegt oder
  • ein Gericht einen Betreuer bestellt hat.

Was, wenn der Patient keine Vertretung durch den Partner will?

Aus Sicht von Juristen könnte das in der Praxis Probleme bereiten. Zwar erhalten Ärzte im neuen Jahr das Recht, das Zentrale Vorsorgeregister einzusehen und so zum Beispiel herauszufinden, ob der Patient einen Widerspruch gegen das Notvertretungsrecht hinterlegt hat. Ein solches Einsichtsrecht hatten bislang nur die Betreuungsgerichte.

Doch selbst wenn ein solcher Widerspruch nicht ersichtlich ist, werden Mediziner in den meisten Fällen darauf angewiesen sein, dass der Partner, der das Vertretungsrecht ausüben will, ihnen die Wahrheit zum Stand der Beziehung bzw. einer etwaigen Trennung sagt.

Neuer bürokratischer Aufwand

Zudem müssen Ärzte dem Partner, der den erkrankten Ehegatten vertritt, schriftlich bestätigen, dass die Voraussetzungen der Ehegattenvertretung vorliegen. Auch trifft sie die Pflicht, sich schriftlich von ihm bestätigen zu lassen, dass das Vertretungsrecht bisher noch nicht ausgeübt wurde und es auch keinen Ausschlussgrund gibt.

Sind alle Unterschriften geleistet, muss der Arzt das Dokument dem vertretenden Ehegatten übergeben. Dieser wiederum ist verpflichtet, es bei allen Vertretungshandlungen im Rahmen des Notvertretungsrechts vorzulegen.

Fazit: Die neuen Regelungen sind gut gemeint, dürften in der Praxis aber nicht immer für die gewünschte Rechtssicherheit sorgen. Auf der sicheren Seite sind Ärzte (und Patienten) daher nach wie vor nur, wenn sie individuelle Vorsorge treffen.