Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Sozialrecht

Mit der Zulassung erhält ein Vertragsarzt das Recht, aber auch die Pflicht, im Rahmen des Sachleistungssystems die Behandlung von gesetzlich krankenversicherten Patienten durchzuführen. Seine Leistungen am Patient kann der Arzt über die Kassenärztliche Vereinigung zu Lasten der jeweiligen Krankenkasse abrechnen. Bei dieser Abrechnung ist allerdings die größtmögliche Sorgfalt geboten. Denn Abrechnungsfehler können für den Arzt dramatische Konsequenzen haben, wenn ein Vorsatz oder eine Bereicherungsabsicht festgestellt wird.

Ihm drohen nicht nur finanzielle Nachteile, wenn Plausibilitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen der KV die Ungereimtheiten bei der Abrechnung erbrachter Leistungen und damit ein Fehlverhalten zutage fördern. In schweren Fällen kann eine kreative Buchführung sogar zum Entzug der Zulassung führen, denn die Zulassungsgremien dürfen sich bei ihren Entscheidungen auch auf bestandskräftige Entscheidungen von Plausibilitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen stützen. Ärzte, die entsprechende Bescheide der KV nur deshalb akzeptieren, weil sie endlich wieder ihre Ruhe haben wollen, können also böse Überraschungen erleben. Das belegt eine Entscheidung des Sozialgerichts (SG) München (Az. S 38 KA 140/18).

Juristische Probleme auf allen Ebenen

Im konkreten Fall ging es um einen Allgemeinarzt, der in einer Gemeinschaftspraxis mit seiner Ehefrau praktizierte. Die Abrechnung der beiden Ärzte hatte die Kassenärztliche Vereinigung bereits in mehreren Plausibilitätsprüfungen beschäftigt, da sich in einzelnen Quartalen auffällige Nettoarbeitszeiten zeigten: Zum Teil lagen diese Zeiten bei mehr als 80 Stunden pro Woche. Die KV forderte deshalb Honorar in Höhe von ca. 168.000 Euro zurück.

Und auch mit Regressforderungen musste sich der Arzt in diesem Fall auseinandersetzen. Der Grund: Eine Wirtschaftlichkeitsprüfung hatte ergeben, dass er die EBM-Nummern 35100 und 35110 (psychosomatische Grundversorgung) in immensem Umfang abgerechnet hatte, obgleich er diese Leistungen an Patienten nur teilweise oder überhaupt nicht erbracht hatte. Besonders prekär für den Arzt in diesem Fall: Auch seine Frau hatte die Leistungen abgerechnet, sie besaß aber gar keine Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung psychosomatischer Leistungen an Patienten.

Genug ist genug

Der Abrechnungsbetrug setzte eine unheilvolle Kettenreaktion in Gang. Angesichts des Ausmaßes der Unstimmigkeiten wurde zunächst die Staatsanwaltschaft hellhörig und leitete ein Verfahren gegen den Arzt ein, das mit einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten aufgrund gewerbsmäßigen Abrechnungsbetrugs endete.

Der Zulassungsausschuss entzog dem Arzt daraufhin seine Zulassung, da die Abrechnungsverstöße eine „gröbliche Pflichtverletzung“ darstellten. Zur Grundlage der Entscheidung machte der Ausschuss dabei aber keineswegs nur das rechtskräftige Strafurteil, sondern auch die bestandskräftigen Bescheide der Plausibilitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen der Kassenärztlichen Vereinigung. Zu Recht, wie das SG nun entschied.

Das Gericht lastete dem Allgemeinarzt insbesondere an, dass er, als er von der fehlenden Abrechnungsgenehmigung seiner Frau erfuhr, die Leistungen der psychosomatischen Grundversorgung einfach praxisintern zu sich selbst überleitete. Das Fehlverhalten des Arztes belege, dass das Streben nach Honoraroptimierung die maßgebliche Triebfeder seines Handelns war. Der Entzug der Zulassung war nach Ansicht des Gerichts damit in diesem Fall gerechtfertigt.

Wenn ein Arzt oder ein sonstiger Leistungserbringer wissentlich und willentlich die Krankenkasse, die private Krankenversicherung oder den Patienten täuscht, indem er eine nicht oder nicht in dem Umfang erbrachte Leistung abrechnet, um dadurch einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu erlangen, sind die Tatbestände für einen Abrechnungsbetrug erfüllt.