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Sozialrecht

Ärzte sind schon aus haftungsrechtlichen Gründen verpflichtet, Patienten über die Chancen und Risiken eines Eingriffs ordnungsgemäß aufzuklären. Wie ein Fall, der jetzt vor dem Bundessozialgericht (BSG) verhandelt wurde, zeigt, können sich entsprechende Fehler aber auch auf die Vergütung niederschlagen. Wie der 1. Senat entschieden hat, dient eine sorgfältige Aufklärung und deren Dokumentation auch dem Wirtschaftlichkeitsgebot. Hintergrund des Falls war eine allogene Stammzellentherapie (Urteil vom 19. März 2020, Az. B 1 KR 20/19 R).

Krankenhaus und Krankenkasse vor Gericht

Vor Gericht trafen sich die Vertreter eines Hamburger Krankenhauses und einer Krankenkasse. Bei dem Patienten, um dessen Behandlungskosten es ging, war eine allogene Stammzellentransplantation durchgeführt worden. Knapp einen Monat nach der Behandlung verstarb der Mann an einer Sepsis mit Multiorganversagen. Die Krankenkasse wollte die Kosten des Eingriffs nicht bezahlen, da die Klinik nicht nachweisen konnte, ob der Arzt den Patienten vor der Behandlung ordnungsgemäß aufgeklärt hatte.

Spektakuläres Urteil des Bundessozialgerichts

Tatsächlich bestätigte das Bundessozialgericht in seinem Urteil, dass das Fehlen einer ordnungsgemäßen Aufklärung negative Auswirkungen auf den Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse des Versicherten haben kann. Wie die Richter erklärten, ist die Aufklärung nicht nur aus Haftungsgründen erforderlich. Im Sachleistungssystem entscheide letztlich der Versicherte, ob er die ihm ärztlich angebotene, medizinisch notwendige Leistung abrufe. Bei Routinebehandlungen dürfe davon ausgegangen werden, dass die Aufklärung ordnungsgemäß erfolgt sei und der Patient seine Entscheidung auf Basis ausreichender Informationen getroffen habe. Das gelte jedoch nicht bei Behandlungen mit einem hohen Risiko für Schäden und Mortalität. In solchen Fällen sei nicht auszuschließen, dass der Patient bei ordnungsgemäßer Aufklärung von der Behandlung eher Abstand genommen hätte. Dies gelte insbesondere, wenn es (wie im verhandelten Fall) um einen Therapieansatz gehe, der noch nicht dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entspreche.

Die Folgen des Urteils

Kliniken bzw. Ärzte, die ihre Aufklärungspflichten vernachlässigen, müssen nach diesem Urteil künftig also nicht nur mit drohenden Schadensersatz- und Schmerzensgeldprozessen rechnen, sondern auch mit Problemen bei der Behandlungsvergütung. Ob der Patient im verhandelten Fall nicht richtig aufgeklärt wurde und die Klinik somit auf die entsprechenden Honorare verzichten muss, muss jetzt allerdings noch das Landessozialgericht abschließend klären, an das der Fall zurückverwiesen wurde.