Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Sozialrecht

Die medizinische Versorgung von Flüchtlingen bedeutet für die Vertragsärztinnen und -ärzte nach wie vor eine große He­rausforderung. Das offensichtlichste Problem ist vielfach schon die Sprachbarriere. Aber auch die rechtlichen Vorgaben bei der Versorgung von Geflüchteten sind komplex. Erst recht, da sich die Ansprüche je nach Land und Aufenthaltsstatus verändern.

Gesundheitsversorgung in den ersten 15 Monaten

Kommen Flüchtlinge in Deutschland an, übernehmen zunächst die Bundesländer die Gesundheitsversorgung. Das gilt für den gesamten Aufenthalt in den Erstaufnahme- und zentralen Unterbringungseinrichtungen. Hier muss auch eine Erst­un­tersuchung auf übertragbare Krankheiten inklusive einer Röntgenaufnahme der Atmungsorgane stattfinden. Sie ist entsprechend keine vertragsärztliche Leistung. Denkbar ist es allerdings, dass die Landesaufnahmebehörden niedergelassene Ärztinnen und Ärzte um Hilfe bitten.

Medizinische Leistungen auf Behandlungsschein

Flüchtlinge, die einen Asylantrag stellen, haben laut Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) einen eingeschränkten Leistungsanspruch und erhalten einen sogenannten Behandlungsschein. Konkret bedeutet das: In den ersten 15 Monaten ihres Aufenthalts in Deutschland ist der Sozialhilfeträger der Kostenträger für medizinische Leistungen (einige Bundesländer haben diese Zeit jedoch verkürzt).

Der Versicherungsnachweis und die Abrechnung erfolgen in dieser Anfangsphase über den von den Sozialämtern ausgestellten Behandlungsschein. Geflüchtete können in dieser Zeit normalerweise nur einen Arzt aufsuchen, um akute Erkrankungen oder Schmerzen behandeln zu lassen. Ebenfalls eingeschlossen ist die erforderliche Versorgung von Schwangeren und Wöchnerinnen. Zudem sind Schutzimpfungen und Vorsorgeuntersuchungen entsprechend den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgesehen. Da die Verfahrensweise bei der Verordnung von Impfstoffen sich regional unterscheidet, empfiehlt der Hartmannbund niedergelassenen Ärzten, sich bei der regional zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung zu informieren.

Aufstieg zum Kassenpatienten

Spätestens nach Ablauf der ersten 15 Monate haben die Geflüchteten Anspruch auf eine Versorgung auf dem Niveau der Gesetzlichen Krankenversicherung. Sie wird dann auch zum Kostenträger für die Behandlung. Der Versicherungsnachweis und die Abrechnung erfolgen jetzt über die elektronische Gesundheitskarte. Allerdings bekommen AOK & Co. die Behandlungskosten vom Sozialamt erstattet.

Unabhängig vom Aufenthaltsstatus fragt sich allerdings, wie man die bestehenden Regeln – oder einen Therapieansatz – einem Patienten erklären soll, der kaum Deutsch spricht? Das ist schon deshalb so relevant, da der Arzt die Verantwortung dafür trägt, dass Patienten die Aufklärung verstanden haben und rechtssicher einwilligen können. Deshalb sollten Ärzte im eigenen Interesse versuchen, einen Dolmetscher zu organisieren. Ist das nicht möglich, kann es helfen, die Kommunikation auf Englisch zu versuchen.

HABEN SIE MICH VERSTANDEN?
Unter welchen Voraussetzungen ein Geflüchteter nach seiner Ankunft in Deutschland welche medizinischen Leistungen erhält, ist je nach Bundesland unterschiedlich geregelt. In den ersten 15 Monaten haben viele Geflüchtete allerdings nur Anspruch auf die Behandlung akuter Erkrankungen, Geburtshilfe, Impfungen und Vorsorgeuntersuchungen. Danach entsprechen die Leistungen weitgehend denen für gesetzlich Versicherte. Besonders zu achten ist dann weiterhin auf fehlende Impfungen und psychische Krankheiten. Auch eine Vorstellung beim Zahnarzt ist bei sichtbarer Karies oder zur Abklärung anderer Zahnschäden oft angezeigt. Um ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, sollten Ärzte, wenn nötig und möglich, auf professionelle Dolmetscher setzen oder zumindest versuchen, sprachkundige Verwandte als Übersetzer zu gewinnen.