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Klinik

Darf ein Chefarzt auch Wahlleistungen abrechnen, die er nicht selbst erbracht hat – und wenn ja, in welchem Umfang? Über diese Frage entsteht in der Praxis immer wieder Streit. So auch im Fall einer Frau, die wegen eines Hirntumors stationär aufgenommen worden war und mit der Klinik eine Wahlleistungsvereinbarung über die Behandlung durch den Chefarzt geschlossen hatte.

Die Vereinbarung umfasste die wahlärztlichen Leistungen der an ihrer Behandlung beteiligten angestellten oder beamteten liquidationsberechtigten Ärzte des Krankenhauses. Gleiches galt für Leistungen, die von diesen Ärzten veranlasste Leistungen von Kollegen und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses. Zudem erhielt die Patientin ein Informationsblatt zu den Krankenhausentgelten. Auf der Liste der Wahlärzte stand auch der Name des Chefarztes F, der die Frau zunächst in der Klinik behandelte und sie anschließend auf die Möglichkeit hinwies, den Tumor mittels Gamma-Bestrahlung zu behandeln. Damit war die Patientin einverstanden.

Zunächst muss der Wahlarzt selbst behandeln

Der Chefarzt schickte sie daraufhin zur Behandlung in eine radiologische Gemeinschaftspraxis, die sich auf einem Gelände außerhalb der Klinik befindet und organisatorisch mit dieser nicht verbunden ist. Abgerechnet wurde die dort vorgenommene Gamma-Behandlung jedoch als Wahlleistung des Chefarztes F. Die Frau zahlte die Rechnung der Klinik nicht. Weniger später verstarb sie. Die Klinik trat daraufhin die Forderung gegen die Erben der Frau an eine Abrechnungsstelle ab. Die verklagte wiederum die Erben – mit Erfolg.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied, dass die Leistungen der radiologischen Praxis zu Recht als Wahlleistung abgerechnet worden waren, da diese durch den Wahlarzt und liquidationsberechtigten Chefarzt F., der auch in der Liste der Wahlärzte benannt sei, veranlasst worden seien (Az. 8 U 140/17). Dass die Behandlung von externen Ärzten durchgeführt wurde, sei unerheblich.

Die Bedeutung der Vertrauenskette

Die streitentscheidende Norm war insoweit in § 17 Abs. 3 S. 1 des Gesetzes über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (KHEntgG) enthalten. Sie besagt: Eine Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen erstreckt sich auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten angestellten oder beamteten Ärzte des Krankenhauses, soweit diese zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen im Rahmen der vollstationären und teilstationären sowie einer vor- und nachstationären Behandlung (§ 115a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) berechtigt sind, einschließlich der von diesen Ärzten veranlassten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses. Darauf ist in der Vereinbarung hinzuweisen.

Das Gericht führte aus: Da der Gesetzgeber ausdrücklich die vom liquidationsberechtigten Krankenhausarzt veranlassten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses in eine Wahlarztkette einbeziehe, gebe er zu erkennen, dass dem Vertrauen auf die besonderen Erfahrungen und die herausgehobene Kompetenz des liquidationsberechtigten Krankenhausarztes auch dann Rechnung getragen wird, wenn dieser Arzt eine Behandlung durch Drittärzte veranlasst, die das besondere Vertrauen des liquidationsberechtigten Krankenhausarztes genießen.

Tipp: Angesichts der Streitanfälligkeit der Abrechnung von Wahlleistungen sollten Kliniken bei der Gestaltung der Verträge nichts dem Zufall überlassen. Wichtig ist es zunächst, dass die Wahlleistungsvereinbarung die gesetzlich vorgeschriebenen Hinweise enthält (siehe oben) und vom Patienten unterschrieben wird. Darüber hinaus muss der behandelnde Wahlarzt in der Wahlarztliste namentlich aufgeführt sein und den Patienten bereits selbst behandelt haben, bevor der die Behandlung durch einen (externen) Kollegen veranlasst. Soll ein solcher Schritt erfolgen, empfiehlt sich zudem eine ausführliche Dokumentation.