Kaum zu glauben, doch auch eine Routinetätigkeit wie das Einlesen der Patientendaten birgt diverse Fallstricke. Falls die Karte denn überhaupt vorliegt und funktioniert. So handhaben Sie jede Lage korrekt.
Grundsätzlich sind ja gesetzlich Versicherte dazu verpflichtet, bei jedem Arztbesuch ihre elektronische Gesundheitskarte (eGK) vorzulegen. Doch Theorie und Praxis driften hier immer mal wieder auseinander – und auch bei der Verwendung der eGK können vielfältige Probleme und Fragen auftreten. Auf Basis des „Anhangs 1 zu Anlage 4a Bundesmantelvertrag Ärzte“ (BMV-Ä) hat die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) lebensnahe und überschaubare Tipps für den Praxisalltag zusammengestellt.
Der Patient hat seine elektronische Gesundheitskarte nicht dabei
Wenn er stattdessen einen Anspruchsnachweis zur Inanspruchnahme von Leistungen seiner Krankenkasse vorlegt, sind die dort angegebenen Stammdaten manuell in das Praxisverwaltungssystem einzugeben. In diesem Fall braucht der Patient auch später die Karte nicht nachzureichen und muss auch nichts unterschreiben.
Keine eGK und kein Nachweis der Krankenkasse — was nun?
Anders schaut es aus, wenn weder Karte noch Anspruchsnachweis vorgelegt werden. Bis zum Quartalsende kann dann der Patient noch eines von beidem vorlegen. Frühestens zehn Tage nach der Behandlung ist eine Privatliquidation möglich, wobei die Rechnungsstellung nach GOÄ erfolgt. Allerdings muss diese zurückgezahlt werden, wenn der Patient doch noch eine gültige eGK oder einen Nachweis seiner Kasse bis Quartalsende vorlegt. Wer sich das Hin und Her ersparen will, wartet also mit dem Verlangen nach Privatvergütung bis Ablauf des Quartals – wenn sicher keine eGK vorgelegt wurde.
Lassen Sie sich zudem vor der Behandlung vom Patienten schriftlich bestätigen, dass er im gegebenen Fall mit der Privatrechnung einverstanden ist – auch falls er angibt, die Karte sei verloren oder gestohlen worden. Sie können die Behandlung auch verweigern – außer bei Kindern und Jugendlichen sowie Notfällen. Bei Verordnungen vermerken Sie auf dem jeweiligen Vordruck „ohne Versicherungsnachweis“. So übernimmt zunächst der Patient die Kosten, kann jedoch versuchen, das Geld von seiner Kasse wiederzuerhalten.
Der Patient legt eine eGK ohne Lichtbild vor
Kein Problem, wenn es sich um ein Kind bis 15 Jahre handelt. Und selbst, wenn der Jugendliche mittlerweile schon älter ist, kann das leicht vorkommen, zumal bei Überschreiten der Altersgrenze kein Austausch der Karte vorgesehen ist. Die Überprüfung einer eGK ohne Lichtbild beschränkt sich auf Identitätsmerkmale wie Alter und Geschlecht. Auch Versicherte in einer Pflegestufe benötigen kein Lichtbild. Es gibt darüber hinaus auch Patienten, die aus Glaubens- und Gewissensgründen ein Lichtbild auf der eGK ablehnen. Arzt und Praxispersonal sind nicht dazu verpflichtet, zu fragen, weshalb auf der Karte kein Foto ist. Um das Vorlegen eines Ausweises kann gebeten werden, eine Rechtsgrundlage hierzu besteht allerdings nicht.
Der Patient legt eine eGK vor, die offensichtlich nicht ihm gehört
Wenn etwas erkennbar faul ist, das Foto beispielsweise klar nicht zu der vor Ihnen stehenden Person gehört, dann darf die Karte nicht eingelesen werden! Denn für solche Fälle haftet nicht die Krankenkasse, sondern der Arzt (§ 48 Abs. 3 und 4 BMV-Ä)! Informieren Sie bei Verdacht auf Missbrauch zwingend die Krankenkasse, stimmen Sie das weitere Vorgehen detailliert ab und lassen Sie sich dies am besten schriftlich bestätigen.
Der Patient legt eine fremde Karte vor, was aber nicht erkennbar ist
Wenn Alter, Geschlecht und Foto zur Person zu passen scheinen, handelt es sich um eine nicht erkennbare missbräuchliche Nutzung. Hier haftet die Krankenkasse für die Honorierung der erbrachten Leistungen. Die Karte wird normal eingelesen, denn die Überprüfung beschränkt sich auf offensichtliche Unstimmigkeiten.
Es ist ein Notfall und der Patient hat keine eGK dabei
Wenden Sie das Ersatzverfahren an. Ein Abrechnungsschein (Muster 5) muss hier nicht angelegt und ausgedruckt werden. Entsprechend braucht der Patient auch nicht zu unterschreiben. Die Notfallbehandlung wird nach Vordruckmuster 19 mit der Scheinuntergruppe 43 (SUG 43) abgerechnet. Bei einer Notfallbehandlung im Rahmen des organisierten Bereitschaftsdienstes der neuen Struktur rechnen Sie mit der SUG 44 ab, nach bisherigen Strukturen mit der SUG 41. Falls es im Laufe des Quartals doch noch möglich sein sollte, die eGK einzulesen, muss der Abrechnungsschein im Praxisverwaltungssystem aktualisiert werden.
Technische Probleme — die Karte kann nicht eingelesen werden
Sind Karte, Terminal oder Drucker defekt, kommt ebenfalls das Ersatzverfahren zum Tragen. Hier muss der Patient allerdings unterschreiben, dass er Mitglied bei der Krankenkasse ist. Sollte im Laufe des Quartals die Karte noch eingelesen werden können, muss der Abrechnungsschein im Praxisverwaltungssystem aktualisiert werden. Gegebenenfalls war der Patient schon einmal in diesem Quartal in der Praxis. Sofern die Karte damals eingelesen werden konnte, ziehen Sie die benötigten Daten aus der Patientenstammdatei im System, die damals erstellt wurde.
Eine ambulante OP steht an und der Patient erscheint ohne eGK
Binnen zehn Tagen kann der Patient die elektronische Gesundheitskarte noch nachreichen. Falls sie nicht bis spätestens Quartalsende vorliegt, ist eine Privatvergütung möglich. Am besten klären Sie gleich mit dem Patienten, ob er seine Gesundheitskarte persönlich nachreichen kann. Wohnt er weit weg, könnte er dies als problematisch einstufen. Dann ist ein umgehender Anruf bei seiner Krankenkasse anzuraten, um zu klären, ob diese einen Anspruchsnachweis gemäß § 19 Abs. 2 BMV-Ä direkt an die Arztpraxis schicken kann.
Der Patient legt einen Befreiungsausweis für Zuzahlungen vor
Meldet das Praxisverwaltungssystem beim Einlesen der Karte „Keine Befreiung, bitte prüfen“, so können Sie diesen Hinweis beruhigt ignorieren. Grund für diese Meldung ist schlicht, dass das Feld für den Zuzahlungsstatus bei der eGK standardmäßig mit einer 0 ausgefüllt ist. Diese Ziffer steht für „von Zuzahlungspflicht nicht befreit“. Bis zu einer späteren Ausbauphase muss also die Befreiung von Zuzahlungen manuell eingetragen werden. Dasselbe Thema findet sich bei der Kostenerstattung im ambulanten und stationären Bereich. Auch hier ist im entsprechenden Feld standardmäßig eine 0, also „keine Kostenerstattung“ gespeichert.
Das Praxisverwaltungssystem zeigt an, dass die eGK bald abläuft
Das machen einige Praxisverwaltungssysteme sogar bei brandneuen Karten. Sie zeigen an, dass die vorgelegte Karte im nächsten Quartal abläuft. Keine Sorge, hier wird nicht das Ende des Versicherungsverhältnisses angezeigt. Hierfür gibt es zwar ein Feld auf der eGK, dieses bleibt jedoch in der Regel frei, da ein Ende des Versicherungsverhältnisses nicht absehbar ist. Nur wenn das Versicherungsende von Anfang an bekannt ist, wird es hier gespeichert. Gehen Sie davon aus, dass die eGK aufgrund der Zertifikate im Chip grundsätzlich fünf Jahre nach Ausstellung gültig ist. Gegen Ende der Laufzeit stellen die Krankenkassen eine neue eGK aus. Viele Krankenkassen drucken auf der Rückseite der eGK die European Health Insurance Card (EHIC) mit Gültigkeitsdatum auf. Relevant ist das aber nur für Behandlungen im europäischen Ausland.
Der Patient legt eine KV-Karte eines sonstigen Kostenträgers vor
E-Health-Kartenterminals können auch die Krankenversichertenkarten sonstiger Kostenträger einlesen. Ein Versichertenstammdatenmanagement wird allerdings nicht durchgeführt. Auch mit mobilen Lesegeräten lassen sich die Daten einlesen. Später können die Daten in die Praxisverwaltungssoftware übertragen werden.
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