Leistungen des Angestellten falsch abgerechnet: Arzt muss 200.000 Euro zurückzahlen
A&W RedaktionWird ein in der Praxis angestellter Arzt krank, sollte die weitere Behandlung seiner Patienten nicht über seine Arztnummer abgerechnet werden. Sonst drohen hohe Rückzahlungen. Im vor Gericht verhandelten Fall musste ein Vertragsarzt über 200.000 Euro Honorar zurückzahlen.
Wird der angestellte Arzt krank und von Kollegen vertreten, dann darf die Abrechnung dieser Leistungen nicht über seine Arztnummer weiterlaufen. Wird die Behandlung der Patienten weiter über die Arztnummer des kranken Arztes abgerechnet, muss der Praxisinhaber das Honorar für diese Leistungen zurückzahlen. So hat das Sozialgericht Dresden in einem Beschluß vom 23.1.2020 (S 25 KA 18/20 ER) entschieden.
Das Verfahren
Gestritten wurde über die Rückforderung vertragsärztlicher Honorare in Höhe von 216.184,67 EUR für die Quartale 1/2016 bis 4/2016. Der Praxisinhaber, der sich gegen diese Forderung vor Gericht wehrte, nahm als Facharzt für Innere Medizin an seinem Vertragsarztsitz an der hausärztlichen Versorgung teil. In seiner Praxis waren insgesamt fünf Ärzte angestellt, jeder mit eigener Lebenslanger Arztnummer (LANR).
Nach einem anonymen Hinweis führte die KV eine anlassbezogene Plausibilitätsprüfung bei dem Arzt durch. Der Hinweisgeber hatte berichtet, einer der Ärzte sei von Januar bis Oktober 2016 krank gewesen und habe in dieser Zeit Krankengeld bezogen. In der Praxis habe man aber weiterhin Leistungen auf den durchgehend abwesenden Arzt abgerechnet.
Wie die Prüfung ergab, hatte der Praxisinhaber der KV weder die Erkrankung des angestellten Arztes mitgeteilt, noch sei eine Vertretung für ihn angezeigt bzw. genehmigt worden. Die KV nahm daraufhin die Honorarbescheide für die Quartale 1/2016, 2/2016, 3/2016 und 4/2016 genau unter die Lupe und strich die unter der Arztnummer des angestellten Arztes abgerechneten Leistungen. Die Rückforderungen in Höhe von 216.184,67 EUR waren laut KV gerechtfertigt, da die Honorarabrechnung auf Angaben beruhte, die der Praxisinhaber vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig in wesentlichen Punkten unrichtig oder unvollständig gemacht hatte.
Vor Gericht berief sich der Praxisinhaber unter anderem aber darauf, dass die KV die Jahresfrist des § 45 Absatz 4 Satz 2 SGB X für die Rücknahme der Honorarbescheide versäumt habe. Sie sei nachweislich am 23.04.2018 darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass der angestellte Arzt krank gewesen sei und sogar Krankengeld bezogen, die Praxis aber weiter voll auf ihn abgerechnet habe. Der Rücknahmebescheid datiere jedoch erst auf den 17.09.2019, also nach Ablauf der Jahresfrist. Der Bescheid sei außerdem formell rechtswidrig, zudem sei der Praxisinhaber nicht ordnungsgemäß nach § 24 Absatz 1 SGB X angehört worden. Man habe den Prüfbescheid erlassen ohne seine Stellungnahme abzuwarten. Außerdem sei es zulässig, im Wege einer sog. “internen Vertretung” Leistungen auch durch Kollegen der Praxis erbringen zu lassen, die dem angestellten Arzt rechtswirksam zugerechnet werden.
Das Gericht entschied zugunsten der KV
Die Einwände wurden jedoch entkräftet, das Gericht sah die Honorarkürzung als begründet an. Die Honorarkorrektur sei rechtmäßig, weil die Abgeltung im Zeitraum vom 29.01.2016 bis zum 15.10.2016 falsch war, so die Feststellung. Die zutreffende Kennzeichnung der Leistungen mit der Arztnummer sei eine Voraussetzung für die Richtigkeit der Abrechnung. Indem der Antragsteller vertragsärztliche Leistungen unter der Arztnummer eines angestellten Arztes abgerechnet hat, der diese Leistungen in diesem Zeitraum nicht erbracht haben kann, weil er – unbestritten – arbeitsunfähig war, hat er falsch abgerechnet.
Auch das Argument der erlaubten Vertretung zog hier nicht: Auch in Berufsausübungsgemeinschaften und Praxen mit angestellten Ärzten gelte ausnahmslos eine individuelle Kennzeichnungspflicht. Eine Fremdzurechnung bei der Kennzeichnung sei unzulässig. Auch wenn die Leistungen am Ende ohnehin dem Praxisinhaber zugerechnet würden, bestehe kein Grund, diese unzutreffend mit der Arztnummer des abwesenden Arztes zu kennzeichnen. Eine solche falsche Kennzeichnung lasse sich mit der Verschleierung der Identität des tatsächlich tätig gewordenen Arztes zum Zwecke der Täuschung bei der Abrechnungsprüfung über die sachlich-rechnerische Richtigkeit, Plausibilität und Wirtschaftlichkeit erklären.Dem zur Abrechnung verpflichtetem Praxisinhaber und Dienstherren des angestellten Arztes müssten diese Vorgaben bekannt sein.
Da die gegen den Richtigstellungsbescheid erhobenen Einwände nicht griffen, blieb es bei der Vollziehbarkeit der Honorarrückforderung.
Was hätte der Praxisinhaber tun sollen?
Um die Rückzahlung zu vermeiden, hätte der Praxisinhaber die Erkrankung des Arztes melden und sich die entsprechende Vertretung genehmigen lassen müssen. Die Leistungen hätten dann unter der LANR (Arztnummer) der Vertretung abgerechnet werden müssen.