Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Abrechnung

Ärztliche Erfahrung fließt in die tägliche Arbeit der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen ein. Das sorgt dafür, dass oft schon nach der Anamnese eine Verdachtsdiagnose besteht, die dann durch die körperliche Untersuchung meist bestätigt wird. Es gibt aber auch Verdachtsdiagnosen, die man durch weitere Untersuchungen und gegebenenfalls das Labor absichern muss oder will. Dann stellt sich natürlich die Frage, ob die Untersuchung nötig ist, weil sie irgendwelche therapeutischen Konsequenzen hat oder aber der juristischen Absicherung dient, und ob sie wirtschaftlich sinnvoll ist. Ganz wichtig: Auch wenn das Einsendelabor die Leistung abrechnet, werden die Kosten dem anfordernden Vertragsarzt zugeordnet.

Nachfolgend wird an einigen oft in der Praxis vorkommenden Infektionen erläutert, worauf Sie achten sollten, wenn Sie Infektionen diagnostizieren und abrechnen.

Virale Infekte

Vor SARS-CoV-2 ließ sich deutlich einfacher klären, ob in der Grippesaison nur ein grippaler Infekt oder doch eine Influenza vorlag. Wesentlich war allein die Symptomatik und deren Entwicklung, sprich ein plötzlicher Krankheitsbeginn mit rapidem Temperaturanstieg deutet auf eine Influenza, während eine moderate Symptomatik seit einigen Tagen vor dem Arztbesuch eher für einen grippalen Infekt spricht. In aller Regel wurde dabei keine Laboruntersuchung durchgeführt. Denn es hat keine therapeutische Konsequenz, ob ein Adenovirus, Rhinovirus oder ein Influenzavirus der Auslöser der Symptomatik ist. Durch SARS-CoV-2 hat sich die Situation geändert. Denn es geht zum einen darum, die Ausbreitung der Infektion zu stoppen, und zum anderen sich selbst, die Praxismitarbeiter und andere Patienten zu schützen. Schon vor SARS-CoV-2 hatte mein Hausarzt es während der Grippesaison so organisiert, dass Patienten mit einem akuten Infekt in einem räumlich von der restlichen Praxis getrennten Bereich untersucht und behandelt wurden. Aktuell sollen Patienten mit Erkältung und Fieber sich telefonisch melden und nicht in die Praxis kommen. Dann kommt jemand zur Abstrichentnahme vorbei. Die Wahrscheinlichkeit auf einen positiven Abstrich ist bei den derzeitigen Zahlen in Deutschland eher gering. Allerdings besteht bei der komplizierten Technik auch das Risiko, dass eine Infektion nicht erkannt wird.

Besonderheiten bei Influenza

Während der grippale Infekt als ganz banale Diagnose läuft, gibt es bei Influenza zwei relevante Aspekte: Nach dem Infektionsschutzgesetz sind eine zoonotische Influenza und schon der Verdacht darauf meldepflichtig. Was also tun? Bei anamnestischem Kontakt mit Vögeln oder Schweinen – insbesondere außerhalb der klassischen Influenzasaison – muss der Verdacht binnen 24 Stunden ans Gesundheitsamt gemeldet werden. Auf der Homepage des Robert Koch-Institutes (www.rki.de) findet sich im Bereich Infektionsschutz dazu ein Ratgeber mit Falldefinition.

Der zweite Aspekt betrifft den Nachweis von Influenzaviren. Dieser positive Nachweis ist binnen 24 Stunden namentlich an das Gesundheitsamt zu melden. Ganz wichtig ist, dass auch ein positiver Schnelltest, wie er in Praxen gelegentlich durchgeführt wird, als Virusnachweis ausreicht und somit die Meldepflicht auslöst.

Doch wie sieht es mit der Kodierung und Abrechnung aus? Der grippale Infekt der oberen Atemwege wird mit J06.9 kodiert, die zoonotische oder pandemische Influenza mit Virusnachweis mit J09 und die saisonale Influenza mit Virusnachweis mit J10.- und ohne Virusnachweis mit J11.-. Da der grippale Infekt mit oder ohne Arztkontakt in der Regel binnen einer Woche abgeklungen ist, kommen Patienten deswegen in der Regel nur dann in die Praxis, wenn sie eine Krankschreibung benötigen. Bei Influenza wird die J11.- am häufigsten kodiert. Denn wozu soll man einen Virusnachweis durchführen, wenn dieser keine therapeutische Bedeutung hat.

Der Standardtest auf Influenza ist der PCR-Nachweis für Influenza A und B, der mit Gebührenordnungsposition (GOP) 32841 zum Speziallabor gehört und das Laborbudget mit 16,50 € belastet, sofern er nicht durch eine Kennnummer rausgerechnet wird. Dieser Test ist nicht bei Verdacht auf Schweinegrippe einsetzbar. Generell sollte in den sehr seltenen Fällen von wahrscheinlich zoonotischen Influenza­fällen das zuständige Gesundheitsamt kontaktiert werden, an das gemäß dem Infektionsschutzgesetz zeitnah eine Meldung erfolgen muss. Wichtig ist bei Influenza die Kennnummer 32006. Diese kann bei Verdacht auf zoonotische Influenza angegeben werden oder bei Nachweis von Influenzaviren, also immer dann, wenn die Meldepflicht nach dem Infektionsschutzgesetz besteht. Nach der GOÄ wird die Testung mit Nr. 4785 abgerechnet. Sollte doch einmal eine spezifische Behandlung der Influenza erfolgen, so muss diese spätestens 48 Stunden (bei Kindern 36 Stunden) nach Beginn der Symptomatik erfolgen. Bis zu diesem Zeitpunkt ist es schwierig, ein PCR-Ergebnis zu bekommen. Ein Schnelltest ist in aller Regel keine Kassenleistung und wird dementsprechend analog zu Nr. 4644 als IGeL (Individuelle Gesamtleistungen) abgerechnet, sofern der Patient dies wünscht. Damit befindet er sich auch im Bereich des Speziallabors. Allerdings gibt es für Point-of-Care-Systeme die Sonderregelung, dass die Abrechnung so erzielter Messergebnisse keine Laborfachkunde voraussetzt, sondern nur die dokumentierte Einweisung mit dem entsprechenden Gerät.

Virale Kinderkrankheiten

Gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken kann man sich durch Impfungen schützen. Auch wenn diese Krankheiten dadurch deutlich seltener werden, wird die Diagnose in der Regel durch Inspektion gestellt. Dringend angeraten ist es, zur Vermeidung einer Rötelnembryopathie alle Frauen im gebärfähigen Alter mit unklarem Impfstatus oder fehlender Rötelnimpfung als Indikationsimpfung zu immunisieren. Da eine Impfung gegen Röteln während der Schwangerschaft kontraindiziert ist, sollten Schwangere ohne nachweisliche Röteln oder Impfung genau kontrolliert werden, wobei das Risiko für eine Röteln-bedingte Schädigung des Ungeborenen im ersten Trimenon am höchsten ist. Die Kodierung der Masern ist B05.-, die der Mumps B26.-, die der Röteln B06.- und die der Windpocken B01.-.

Bakterielle Infektionen

Bakterielle Infektionen sind vielfältig. Das kann genauso der Furunkel sein wie die fulminante Peritonitis. Diphtherie, Keuchhusten und Tuberkulose gehören genauso dazu wie viele sexuell übertragbare Infektionen und Harnwegsinfekte. Furunkel, Keuchhusten und Diphtherie sind eigentlich Diagnosen, die kein Labor erfordern.

  • Relativ häufig sind Infektionen der unteren Harnwege (HWI). Dabei reicht das Spektrum von der unkomplizierten Zystitis über die komplizierte Zystitis bis hin zu spezifischen Urethritiden. Während bei Frauen zwischen unkomplizierten und komplizierten Harnwegsinfekten differenziert wird, gelten Harnwegsinfekte bei Männern eigentlich immer als kompliziert. Daran orientiert sich auch die Leitlinie in ihrer Empfehlung zur Diagnostik. Während bei den unkomplizierten unteren HWI eine Erregerkultur und Resistenzbestimmung unnötig sind, sollte diese bei komplizierten HWI erfolgen. Allerdings wird dabei akut kalkulatorisch behandelt, und gegebenenfalls der Wirkstoff angepasst.

Tabelle Wichtige Labor GOP UrinTabelle Wichtige Labor GOP Entzündung

Bei nicht korrekter Abgabe des Urins findet sich eine Vielzahl apathogener Erreger in der Kultur. Dementsprechend ist ein sauber abgenommener Mittelstrahlurin oder aber eine Punktion der gefüllten Blase besser. In der hausärztlichen Versorgung ist Letzteres zwar möglich, aber ziemlich illusorisch. Zudem ist die entsprechende Punktion I nach GOP 02340 gemäß Anhang I des EBM (Einheitlicher Bewertungsmaßstab) in der Versichertenpauschale enthalten. In der GKV-Abrechnung (Gesetzliche Krankenversicherung) finden sich dazu folgende GOP: 32031, 32033, 32045, 32052, 32128. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu wissen, dass die BSG (GOP 32042) später als das CRP (GOP 32218) eine Entzündung zeigt und vor allem länger anhaltend. Anhand der Höhe des CRP-Wertes kann man grob abschätzen, ob eine virale oder eine bakterielle Entzündung vorliegt und ob diese eher ausgeprägt oder eher schwach verläuft. Wichtig in diesem Zusammenhang ist ein Gutachten zu einem Fall aus dem Jahr 2002, in dem festgestellt wurde, dass ein CRP-Wert von 231 mg/l eine sofortige Klärung erfordert.

  • Bakterielle Infekte der Atemwege sind zwar nicht so häufig wie Viren als Ursache, trotzdem wird auch dabei in den meisten Fällen keine Labordiagnostik gemacht. Die wesentlichen Ausnahmen sind Exazerbationen der COPD (Cronic Obstuctive Pulmonary Disease) und die zystische Fibrose oder Mukoviszidose, die natürlich nicht nur auf die Lunge beschränkt ist.

Bei Mukoviszidose ist Pseudomonas aeruginosa der wesentliche bakterielle Erreger. Die Patienten sollen entsprechend der Leitlinie regelmäßig mit tiefem Rachenabstrich auf Pseudomonas untersucht werden. Die Leistungen sind Speziallabor und belasten das „Laborbudget“ nicht, da auch dort die Kennnummer 32006 gilt. Die Kodierung erfolgt bei Lungenmanifestation mit E84.1.

COPD erfordert einige Laboruntersuchungen. Laut Leitlinie sind Blutbild, Elektrolyte und Nierenfunktion sinnvoll, bei häufigen Exazerbationen auch Immunglobuline. In der akuten Exazerbation sollten Blutbild und CRP bestimmt werden. Die Kodierung der COPD erfolgt mit J44.–, wobei der Hausarzt hier sinnvollerweise die fünfte Stelle mitkodiert, die den Grad der Obstruktion angibt. Das muss er zwar nicht, aber es erspart Rückfragen.

Bakterielle Kinderkrankheiten

Diphtherie, Keuchhusten und Scharlach werden teils mit zu den Kinderkrankheiten gerechnet. Von 26 im Jahr 2018 gemeldeten Diphtheriefällen betrafen 25 die Haut und nur eine den Rachen. Der Verdacht ist meldepflichtig. Auch Scharlach ist meldepflichtig, wobei in beiden Fällen eine Labordiagnostik eher die Ausnahme ist. Die Kodierung der Diphtherie erfolgt mit A36.-, die des Keuchhustens mit A37.- und die des Scharlachs mit A38.

Pilzinfektionen

Je nach Quelle haben 10 bis 30 Prozent der Bevölkerung eine Mykose. Überwiegend handelt es sich um Haut- und Nagelmykosen, bei denen meist Dermatophyten ursächlich sind. Deutlich seltener sind Hefepilze. Oberflächliche Mykosen sind meist relativ leicht zu diagnostizieren. Neben Anamnese und Inspektion sind die mikroskopische und biochemische Analyse des nativen Materials und die Anzucht wichtig. Systemische Mykosen unter anderem durch Candida oder Aspergillus sind deutlich komplizierter zu diagnostizieren. Auch bei den oberflächlichen Mykosen sollte vor einer spezifischen Therapie der Pilz genau identifiziert sein. Kodiert werden die Tinea pedis mit B35.3 und die Onychomykose mit B35.1.