Chronisch entzündliche Darmerkrankungen: Wenn die Angst Schub gibt
Marcus SefrinPsychosoziale Faktoren beeinflussen das Schubrisiko bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen – das zeigt die auf dem 20. ECCO-Kongress vorgestellte Studie PREdiCCt. Sie unterstreicht die Bedeutung eines ganzheitlichen Therapieansatzes bei Morbus Crohn und anderen chronisch entzündlichen Darmerkrankungen.
Menschen mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (CED) haben oft auch eine psychische Erkrankung. Die Ergebnisse der großen prospektiven Kohortenstudie PREdiCCt haben jetzt gezeigt, dass verschiedene psychosoziale Faktoren bei CED zu einer erheblichen Belastung führen: Angst, Depression, Somatisierung und Schlafstörungen erhöhten das Risiko für klinische Schübe. Zudem waren Depression und Bewegungsmangel mit einem erhöhten Risiko für schwere Schübe bei Colitis ulcerosa assoziiert. Diese Daten wurden auf dem 20. Kongress der European Crohn’s and Colitis Organisation (ECCO) im Februar in Berlin vorgestellt.
Größte prospektive Studie zu CED-Schüben
PREdiCCt ist nach Angaben der Autoren die bisher größte prospektive Studie zu den Ursachen von CED-Schüben. Sie umfasste eine Kohorte von 2.629 CED-Patienten in klinischer Remission, die an 47 Zentren in Großbritannien rekrutiert worden waren. Der Nachbeobachtungszeitraum betrug 24 Monate. Für die jetzt präsentierte Arbeit wurde eine Subgruppe der Studie mit 1.641 Patienten analysiert, 830 mit Morbus Crohn und 811 mit Colitis ulcerosa oder Colitis indeterminata.
Während der Nachbeobachtungszeit lag die Schubrate insgesamt bei 36 Prozent; bei 595 Patienten traten klinische Schübe auf. Schwere Schübe traten bei 219 Patienten auf, 99 mit Morbus Crohn, 120 mit einer der beiden Colitis-Formen; die Zweijahresrate betrug 13 Prozent.
Depressionen und Ängste erhöhen Schubrisiko
Die Analyse zeigte signifikante Zusammenhänge zwischen psychosozialen Faktoren und dem Schubrisiko: So hatten Patienten mit Colitis ulcerosa und moderaten bis schweren Depressionssymptomen (Score von 8 bis 10 im HADS-D-Fragebogen) ein signifikant erhöhtes Risiko für klinische und schwere Schübe, die adjustierte Hazard Ratio (aHR) lag bei 1,72 beziehungsweise 2,50. Erhöhte Werte von 11 bis 21 im HADS-A-Fragebogen für Ängste waren mit einem signifikant erhöhten Risiko für klinische Schübe assoziiert, und zwar sowohl bei Colitis mit einer aHR von 1,46 als auch bei Morbus Crohn mit einer aHR von 1,86.
Auch Schlaf- und Bewegungsmangel führen zu Schüben
Somatische Symptome wurden mit dem PHQ15-Fragebogen erhoben: CED-Patienten mit erhöhten Werten hatten ein erhöhtes Risiko für klinische Schübe, für Scores von 15 bis 30 gab es bei Morbus Crohn auch ein grenzwertig signifikant erhöhtes Risiko für schwere Schübe.
Bei den Studienteilnehmern mit Morbus Crohn war auch ein Schlafmangel mit einem signifikant erhöhten Risiko für klinische Schübe verbunden; die aHR lag hier bei 1,58.
Auch für einen Bewegungsmangel fand sich in den Daten eine Assoziation mit dem Schubrisiko: Patienten mit beiden Formen der Colitis, die sich nicht gemäß den WHO-Empfehlungen ausreichend bewegten, hatten eine aHR von 1,55 für schwere Schübe.
Die Autoren schlussfolgerten, dass bei CED ganzheitliche Behandlungsansätze erforderlich sind, die auch psychosoziale Aspekte berücksichtigen.
Andere Länder, andere Risiken
In Indien war die Einführung westlicher Toiletten einer der stärksten Risikofaktoren für CED: Für Colitis ulcerosa fand eine Arbeit eine Odds Ratio von 3,52 und für Morbus Crohn von 2,98.
Quelle: PREdiCCT: Role of psychosocial factors in IBD flares unravelled - Medical Conferences; doi.org/10.55788/618bdb63