Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Corona-News

Der 59-jährige ist Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Arzt für Naturheilverfahren sowie praktischer Arzt. Er ist auch Mitglied und stellvertretender Vorsitzender des Vereins „Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie“, der sich u.a. gegen die „Maskenpflicht“ ausspricht.

Das Engagement gegen die Corona-Schutzmaßnahmen beschränkte der Arzt allerdings nicht nur auf den Verein. Laut Anklage stellte er in insgesamt 79 Fällen falsche Atteste aus.

Patienten ohne Untersuchung von Maskenpflicht und Desinfektion befreit

Den Attesten fügte er nach Angaben des Gerichts nahezu identisch die Diagnosen F41.0 (Panikstörung, Panikneurose), R42 (Schwindel, Vertigo), R51 (Kopfschmerzen), F98.80 (emotionale Störung in der Kindheit), R06.0 (Dyspnoe, Atemnot) ein. Er bestätigte schriftlich, dass es für den Patienten aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder unzumutbar sei, eine Mund-Nasen-Bedeckung bzw. eine Alltagsmaske oder ein Faceshield zu tragen. Ebenso wurden Patienten davon befreit, „sich mit Desinfektionsmitteln die Hände desinfizieren zu müssen“. Zum Teil enthalten die Atteste auch rechtliche Ausführungen.

Das Problem: Die Gesundheitszeugnisse wurden ohne eine persönliche Untersuchung durch den Arzt ausgestellt. Laut Anklage wurden die Atteste durch „Patienten“ einfach per E-Mail bzw. schriftlich angefordert, teilweise wurden die Personalien von an einer Freistellung von der Maskenpflicht interessierten Patienten durch Mitglieder des Vereins „Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie“ erhoben. In einigen Fällen wurden auch Atteste von Eltern schulpflichtiger Kinder im Rahmen einer persönlichen Vorsprache beim Angeklagten angefordert, wobei die Kinder ebenfalls nicht untersucht wurden.

Arzt begründet fehlende Untersuchung durch vorhandene Studien

Der Arzt bestätigte vor Gericht, dass er die Befreiungen von der Maskenpflicht ohne vorherige körperliche Untersuchung in den vorgenannten Fällen attestiert hat. Als Mediziner sei er aufgrund einschlägiger Studien überzeugt, dass das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes gesundheitsgefährdend sei und zudem auch keinen erhöhten Schutz vor der Infektion mit dem Covid-19-Virus biete. Deshalb sei es aus seiner Sicht ausreichend gewesen, sich die Beschwerden der Patienten beim Maskentragen fernmündlich schildern zu lassen bzw. auf die Angaben der Eltern im Hinblick auf die Beschwerden ihrer Kinder zu vertrauen.

Das Amtsgericht Passau sah es anders und den Tatbestand des Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse (§ 278 StGB) als erfüllt an. Wegen der Vielzahl der Fälle und „der Gefährdung der öffentlichen Gesundheit“  wurde der Arzt zu einer Be­wäh­rungs­stra­fe von 1 Jahr und 8 Mo­na­ten für das Aus­stel­len un­rich­ti­ger Ge­sund­heits­zeug­nis­se in 79 Fäl­len verurteilt.

Reaktion der Ärztekammer steht noch aus

Das war allerdings noch nicht alles: Der Mediziner muss eine Geld­bu­ße in Höhe von 50.000 € zah­len und erhält für insgesamt 3 Jahre ein teilweises Berufsverbot: Er darf in dieser Zeit keine Bescheinigungen oder Atteste im Kontext der Maskenpflicht ausstellen.

Wie das Gericht weiter erklärte, hätte der Arzt für die Bekämpfung der Markenpflicht besser den regulären Rechtsweg wählen sollen. Nun wird er auf jeden Fall noch einige Zeit vor Gericht verbringen müssen: Der Arzt hat Berufung eingelegt. Wie Ärztekammer und Kassenärztliche Vereinigung auf die berufsrechtlichen Vergehen reagieren, steht noch aus.