Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Corona-News

Ärzte und medizinisches Personal haben während der Pandemie einen besonders verantwortungsvollen und leider auch gefährlichen Job. 1,50 Meter Abstand vom Patienten sind nicht immer machbar; viele Untersuchungen setzen die unmittelbare körperliche Nähe voraus.

Regelmäßige Test auf COVID-19 sollten daher zum Standard gehören. Gerade in größeren Einheiten oder Kliniken wird es aber kaum möglich sein, die gesamte Belegschaft regelmäßig durchzutesten. Damit stellt sich die Frage, ob eine in anderen Wirtschaftszweigen diskutierte Methode zur Eindämmung des Infektionsrisikos denkbar ist: das tägliche Fiebermessen bei allen Mitarbeitern. Ein solches Verfahren, dass Teammitglieder mit einer erhöhten Körpertemperatur als COVID-19-Verdachtsfälle qualifiziert und entsprechend dazu führt, dass sie vom Dienst suspendiert bzw. in vorsorgliche Quarantäne beordert werden können, ist jedoch aus mehreren Gründen problematisch.

Wie aussagekräftig ist das Verfahren?

Für die obligatorische Messung der Temperatur spricht zunächst, dass sie einfach und kostengünstig durchzuführen ist: Entweder, die Mitarbeiter werden dazu verpflichtet, selbst vor Dienstantritt Fieber zu messen – oder der Arbeitgeber ermittelt die Werte vor Beginn der Sprechstunde mit einem Thermoscanner

Gegen das Verfahren spricht hingegen, dass eine erhöhte Temperatur allein noch längst nicht bedeutet, dass ein Mitarbeiter tatsächlich an COVID-19 erkrankt ist. Und selbst wenn der betreffende Kollege sich mit dem Virus infiziert haben sollte, hätte er bis dahin vermutlich schon diverse Kollegen und Patienten angesteckt.

Praxen und Kliniken, in denen es einen Betriebsrat gibt, müssten ihr Vorgehen zudem mit den Arbeitnehmervertretern abstimmen. Der Grund: Alle Regelungen im Bereich des betrieblichen Gesundheitsschutzes sind mitbestimmungspflichtig – und damit auch Temperaturscans vor Dienstbeginn. Ohne den vorherigen Abschluss einer entsprechenden Betriebsvereinbarung wäre daher jedes Temperaturmessen bei Mitarbeitern unzulässig. Der Betriebsrat könnte es im Extremfall sogar gerichtlich untersagen lassen.

Gesundheitsdaten sind besonders geschützt

Die vielleicht gewichtigsten Argumente gegen ein solches Verfahren liefert allerdings das Datenschutzrecht. Gesundheitsdaten – und damit auch die Körpertemperatur von Arbeitnehmern – stehen als besonders sensible Informationen unter dem erweiterten Schutz des § 9 Abs. 1 der Datenschutzgrundverordnung. Ihre Abnahme ist daher im Normalfall untersagt. Bei besonderen Gefährdungslagen – etwa einem befürchteten Corona-Ausbruch in der Praxis – könnten die Messungen zwar ausnahmsweise gerechtfertigt sein, um erhebliche Gefährdungen von der Belegschaft abzuwehren. Auch in diesem Fall aber wäre die Datennutzung auf ein Minimum zu reduzieren. Alles in allem ist daher festzuhalten: Um Corona-Ausbrüche in Praxen und Kliniken zu verhindern, ist die Temperaturmessung nur sehr bedingt geeignet.