Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
E-Health

Die Einführung von eRezept und eAU ist aufgrund von technischen Problemen auf unbestimmte Zeit verschoben. Doch eine Verschnaufpause wird der Ärzteschaft nicht gegönnt. Stattdessen folgt die nächste Hiobsbotschaft: Ab Sommer 2022 müssen in Arzt- und Psychotherapiepraxen, Apotheken und Kliniken alle Konnektoren ausgetauscht werden, deren Sicherheitszertifikate nach fünf Jahren abgelaufen sind.

Wie sich jetzt herausstellt, ist es offenbar nicht möglich, nur die Sicherheitszertifikate zu erneuern. Sie sind in den SMC-Karten in den Konnektoren meist so verbaut, dass nur der ganze Konnektor ausgetauscht werden kann.

Auf Ärzte kommen Kosten im Millionenbereich zu

„Mit Millionenkosten im dreistelligen Bereich wird gerechnet“, kommentiert Dr. Silke Lüder, Vizevorsitzende der Freien Ärzteschaft (FÄ) und Allgemeinärztin in Hamburg, den Vorgang. Und fragt berechtigterweise, wer diesen „neuerlichen Skandal“ bezahlen soll.

Zudem gibt es weitere Fragen, die mit der Ankündigung aufgeworfen wurden: Wird es genug Chips geben, wenn auf dem Weltmarkt Chipmangel herrscht? Was passiert mit dem Berg an Elektroschrott, der kostenpflichtig entsorgt werden muss? Stehen genügend Dienstleister vor Ort zur Verfügung, die den Austausch vornehmen? Und eben auch: wer bezahlt das? „Das ist offenbar alles unklar“, moniert Lüder.

Verschwendung von Versicherten- und Praxisgeldern

Laut Freien Ärzteschaft gehe die ungeheure Verschwendung von Versicherten- und Praxisgeldern weiter. „Nach ständigen Computerabstürzen in unseren Praxen durch fehlerhafte neue Krankenkassenkarten mit NFC Chips, ständigen Ausfällen der Infrastruktur und dem andauernden Chaos um eRezept und eAU, ist das eine erneute Zumutung für Ärzte, Psychotherapeuten, Kliniken und Apotheken“, so Lüder.

Laut FÄ-Vorsitzendem Wieland Dietrich zeige sich einmal mehr, dass das Gesamtkonzept von Anfang an fehlerhaft und unausgereift war. „Wir fragen uns, wann endlich ein Schlussstrich unter dieses Pleitenprojekt gezogen wird. Notwendig wäre ein sofortiges Moratorium, um eine weitere Belastung des Medizinbetriebes während der Coronakrise und der nun beginnenden Flüchtlingsversorgung zu vermeiden“, so Dietrich am Freitag in Essen.

Die Freie Ärzteschaft fordert den Gesundheitsminister deshalb auf, das Projekt so lange auf Eis zu legen, bis alle Probleme sinnvoll beseitigt sind. Sollte Karl Lauterbach auch hier auf die Notbremse treten, würde es sicherlich niemanden mehr überraschen.