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Pädiatrie

Evidenzbasierte Medizin heißt, dass auch plausibel klingende Annahmen durch Studiendaten belegt werden. Die ResQ-Family-Studie kann man als ein Beispiel dafür ansehen: Sie untersuchte, wie sich eine schwere Infektion mit dem respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) mit der Notwendigkeit einer mindestens zwölfstündigen Hospitalisierung bei Säuglingen und Kleinkindern auf die Lebensqualität der betroffenen Familien auswirkt. Wenig überraschend fand sich, dass die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Eltern erheblich belastet wurde. Obwohl bei der Nachbefragung sechs Wochen später eine leichte Verbesserung eingetreten war, blieb die Lebensqualität der Teilnehmenden beeinträchtigt. 

Hoher Aufklärungsbedarf in Sachen RSV

Interessant sind die Ergebnisse im Detail:

  • Von den teilnehmenden Betreuungspersonen war sich fast die Hälfte (49 %) der Folgen eines Krankenhausaufenthaltes des Kindes aufgrund einer RSV-Infektion nicht bewusst.

  • 41 Prozent der Teilnehmenden waren nicht mit dem Virus und seinen Auswirkungen auf die betroffenen Kinder vertraut.

  • 56 Prozent kannten die verfügbaren Präventionsmaßnahmen nicht.

  • Über 44 Prozent der Betreuungspersonen fühlten sich oft oder immer schuldig, die RSV-Infektion ihres Kindes nicht verhindert zu haben.

  • Auch Schuldgefühle, weil sie nicht für die zu Hause verbleibenden Geschwister da sein konnten, trugen zur Belastung bei.

  • Die Betreuungspersonen berichteten, dass sie aufgrund des RSV-bedingten Krankenhausaufenthaltes des Kindes durchschnittlich 29 Stunden von ihrer Arbeit fernbleiben mussten.

Familien beklagen mangelnde Unterstützung bei RSV-Infektion

Die Unterstützungsstrukturen wurden von den 32 Teilnehmenden aus Deutschland deutlich schlechter bewertet als in den anderen drei Teilnehmerländern. Fast drei Viertel erhielten keine Informationen oder fühlten sich nicht ausreichend über unterstützende Angebote zur mentalen Gesundheit sowie zum Schutz vor einer weiteren Infektion informiert. Beispiele für solche Strukturen wären beratende Selbsthilfegruppen oder Netzwerke zur Unterstützung von Eltern.

Die ResQ-Family-Studie wurde von der European Foundation for the Care of Newborn Infants (EFCNI) durchgeführt, einer in München ansässigen Organisation zur Vertretung der Interessen Früh- und Neugeborener und deren Familien. Während der RSV-Saison 2022/2023 nahmen insgesamt 138 Betreuungspersonen aus Deutschland, Frankreich, Italien und Schweden über einen Online-Fragebogen teil. Er umfasste eine Kombination aus validierten (Pediatrics Quality of Life Family Impact Module [PedsQL FIM] 2.0) und selbstentwickelten Items. Überwiegend nahmen Eltern teil, in wenigen Fällen andere Erziehungsberechtigte wie Pflegeeltern. Das durchschnittliche Alter der in der Studienpopulation mit RSV infizierten Kinder lag bei drei Monaten, 61 Prozent waren termingeborene Säuglinge. Die Kinder mussten im Mittel sechs Tage im Krankenhaus behandelt werden. Bei nahezu allen war eine Überwachung der Herzfrequenz und Atmung erforderlich, 80 Prozent benötigten zusätzlichen Sauerstoff und einige mussten sogar invasiv beatmet werden.

RSV-Impfung schützt vor schweren Krankheitsverläufen

Laut den Autoren der Studie sei die Prävention von RSV-Infektionen angesichts dieser Daten besonders wichtig. Präventionsmaßnahmen wie die seit Juni 2024 von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlene passive Immunisierung von allen Kindern unter zwei Jahren können dazu beitragen, schwere RSV-Infektionen zu verhindern.

Respiratorisches Synzytial-Virus

Das RSV ist weltweit verbreitet und wird per Tröpfcheninfektion übertragen. Im Sekret aus den Atemwegen kann es 20 Minuten auf Händen und 45 Minuten auf Baumwollkitteln ansteckend bleiben.

Quelle:

Trautmannsberger et al. Infect Dis Ther 2024; doi:10.1007/s40121-024-00989-0