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Geldanlagen

Gold gilt als das Krisenmetall schlechthin – stimmt das?

Mirko Kohlbrecher: In der Hinsicht, dass Gold auch in schwierigen Phasen flüssig gehandelt wird, stimmt das historisch betrachtet sicher und es spricht viel dafür, dass das auch in Zukunft so bleibt. Die Bezeichnung als „Krisenmetall“ halte ich allerdings für problematisch, denn der Goldpreis steigt nicht automatisch, wenn es auf der Welt zu Problemen kommt. Rückblickend hat sich die Position aber im Portfolio als guter Inflationsschutz erwiesen. Bei einer Betrachtung seit 1971, nach der Aufhebung des Goldstandards durch US-Präsident Nixon, lag die durchschnittliche jährliche Rendite bei rund sieben Prozent.

Trotzdem gibt es eine ganze Reihe von Experten, die Gold als Investment grundsätzlich ablehnen?

Mirko Kohlbrecher: Tatsächlich wirft Gold keine Erträge wie Zinsen oder Dividenden ab und kurzfristig kann der Kurs sogar heftig schwanken. So kann zum Beispiel die Perspektive von in absehbarer Zeit wieder möglichen Realzinserträgen die Preisentwicklung spürbar beeinflussen. Oder wenn Zentralbanken Reserven verkaufen oder aufstocken, führt das immer wieder zu sichtbaren Schwankungen. Auch die sich verändernde Schmucknachfrage in wichtigen Märkten wie Indien oder China hat einen spürbaren Einfluss. Eins sollte man aber nicht vergessen: Praktisch hatte diese Investmentklasse, solange die Geschichtsschreibung zurückreicht, kein Insolvenzrisiko. Keiner kann wirklich vorhersagen, wie die Zukunft aussieht und natürlich hoffen wir immer auf eine grundsätzlich positive Entwicklung, aber Extremszenarien kann niemand wirklich ausschließen, wie ja gerade die Coronapandemie oder die Zeitenwende rund um den Ukrainekrieg zeigen.

Wenn Gold langfristig so gefragt ist, also warum nicht Minenaktien als Sicherheitsinvestment kaufen?

Mirko Kohlbrecher: Steigende Goldpreise spiegeln sich erfahrungsgemäß sogar überproportional in Kurssteigerungen von Explorationsunternehmen wider, allerdings gibt es diesen Effekt auch in die andere Richtung. Anleger sollte hier mehrere Faktoren beachten, etwa die nach oben geschossenen Energiepreise, die die Förderung deutlich kostspieliger machen. Auch die politischen Risiken in den oft eher instabilen Förderländern sollten nicht unterschätzt werden. Außerdem wird die Erschließung neuer Vorkommen nicht selten über Schulden finanziert, gerade in Zeiten eines hohen Preisniveaus. Goldminenbetreiber können eine sehr attraktive Anlageklasse sein, aber ein Sicherheitsinvestment sind sie eher nicht und es gilt im Einzelfall das Verhältnis von Chancen und Risiken genau abzuwägen.

Was denken Sie über physisch hinterlegte Goldprodukte?

Mirko Kohlbrecher: Die Idee eines Auslieferungsanspruchs ist charmant, Anleger können sich so theoretisch das Investment jederzeit als echtes Metall auszahlen lassen. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte aber bedenken, dass so ein Recht in einem echten Krisenfall auch mal verweigert werden kann oder nur mit großer Verzögerung gewährt wird. Wer Gold als letzte Reserve für einen Zusammenbruch des Finanzsystems sieht, dem bleibt keine andere Wahl. Er muss sich zumindest einen Teil seines eigenen Goldschatzes in möglichst kleinteiligen Barren oder Münzen zulegen und selbst sicher lagern.

Welchen Anteil von Gold sollte ein guter Anlagemix heute als Stabilitätsanker enthalten?

Mirko Kohlbrecher: Derzeit macht es durchaus Sinn, bis zu 15 Prozent Goldanteil im Portfolio zu haben. Gerade in schwierigen Phasen, wenn der Aktienmarkt Schwäche zeigt und die Inflation wieder ein globales Thema ist, kann der Edelmetallbestand helfen, ein Anlagedepot zu stabilisieren. Auf einige Jahre gesehen, spricht aus unserer Sicht viel für eine positive Preisentwicklung. Gold kann sich für langfristig orientierte Sparer als wertvoller Bestandteil erweisen und mehr als ein schön glänzendes Schmuckstück sein.

Grafik Aktien, Gold, Rohstoffe

Riskante Rohstoffinvestments?
Für Investoren war es im letzten Jahrzehnt nicht zu jedem Zeitpunkt eine gute Entscheidung auf Rohstoffe, statt Aktien zu setzen. Wer etwa Anfang Juni 2012 eine Feinunze Gold gekauft hat, lag damit auf Dollarbasis viele Jahre im Minus und konnte erst 2020 wieder die Gewinnzone erreichen. Ganz ähnlich verlief die Entwicklung des Rohölpreises: Ein Fass des begehrten Schmiermittels der Weltwirtschaft brachte auf zehn Jahre gesehen kaum Gewinn, die Preise gaben zwischenzeitlich sogar deutlich nach und erreichten erst in diesem Jahr wieder die Pluszone. Auch der globale Aktienindex MSCI World schwankte im gleichen Zeitraum immer wieder, liegt aber trotz der Verluste der letzten Wochen noch immer deutlich im Plus und entwickelte sich viel besser als die Preise von Gold und Öl.
Quelle: onvista.de (Gold in Dollar vs. MSCI World vs. Ölpreis Brent in Dollar auf 10 Jahre)

Autor: Florian Junker