Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Honorare

Unter dem Stichwort “Wirtschaftskriminalität im Gesundheitswesen” werden vom Bundeskriminalamt Fälle von Abrechnungsbetrug registriert, bei denen Selbstzahler, Krankenkassen, Versicherungen und Beihilfestellen ausgenommen werden. Das Vorgehen ist immer gleich: In der Abrechnung an die Kasse tauchen Leistungen auf, die so nie erbracht wurden. Lange Zeit floß so viel Geld in dunkle Kanäle, inzwischen ist man für diesen Betrug ausgesprochen sensibilisiert. Und so werden zum Glück auch immer mehr Fälle aufgedeckt.

Auch Ärzte unter Verdacht

Offenbar kommen aber viele der “schwarzen Schafe” tatsächlich aus dem Gesundheitswesen, davon geht zumindest die Staatsanwaltschaft aus. Täter sind in der Regel Angehörige medizinischer oder pharmazeutischer Berufe sowie Krankenhäuser und Sanatorien. Dabei gerät auch so mancher Arzt ins Visier der Staatsanwaltschaft. Dabei wollten viele der betroffenen Ärzte nur dem Patienten helfen, unterstützen durch falsche Angaben aber auch den Betrug an der Krankenkasse.

Leistungen abgerechnet, aber nicht erbracht

Offenbar ist der Abrechnungsbetrug ein lohnendes Geschäft, das zeigen die jedenfalls die Ergebnisse der aktuellen Ermittlungen. So sind laut aktuellem Report des Bundeskriminalamtes in Berlin die Fälle im vergangenen Jahr um 11,2 Prozent auf 4.457 angestiegen. Das sind deutlich mehr Delikte als im Durchschnitt der letzten fünf Jahre (4.083). Noch dramatischer ist der Anstieg der dabei registrierten Schäden: Im Vergleich zum Vorjahr stiegen diese auf 70 Millionen Euro und damit um mehr als 70 Prozent an (2014: 41 Mio. Euro).

Betrug durch falsche Abrechnung nimmt zu

Besonders stark zugenommen hat dabei der Abrechnungsbetrug durch russischsprachige Pflegedienste, also solche, die mehrheitlich von Personen aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion geführt werden. Hierbei handelt es sich der Behörde zufolge um ein bundesweites Phänomen, das insbesondere dort auftritt, wo sich durch Sprachgruppen geschlossene Systeme bilden.

Ärzte und Pflegepersonal werden bestochen

Die Täter zeigen dem Bericht dabei verschiedene Vorgehensweisen. So werden beispielsweise nur zum Teil oder überhaupt nicht erbrachte Leistungen abgerechnet. Die Vergütung wird auch erschlichen, in dem Patienten ihre Pflegebedürftigkeit vortäuschen. Geld fließt oft auch an Dritte, Ärzte und Pflegepersonal werden bestochen, um die angeblichen Leistungen gegenüber der Kasse zu bestätigen. Es besteht außerdem der Verdacht, dass Urkunden und Ausbildungszertifikate gefälscht werden, um professionelle Behandlung der Patienten vorzutäuschen. Der Schaden durch die gefälschten Abrechnungen ist immens.

Ermittlungen weisen auf organisiertes Vorgehen hin

In vielen dieser Fälle liegen laut Bundeskriminalamt Indizien für ein strukturiertes und organisiertes Vorgehen der Pflegedienste mit dem Ziel der Gewinnmaximierung vor. Mittlerweile konzentrieren sich die meisten Täter dem Bericht zufolge auf das Geschäft mit Intensivpflegepatienten, da in diesem Bereich die höchsten Gewinne erzielt werden können. Krankenkassen zahlen für einen Intensivpflegepatienten monatlich im Durchschnitt etwa 22.000 Euro.

1 Milliarde für falsche Leistungen

Die gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen schätzen den durch Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen entstandenen volkswirtschaftlichen Schaden auf etwa eine Milliarde Euro. In Anbetracht der demografischen Entwicklung und den damit verbundenen Wachstumsraten im Pflegemarkt, gehen die Experten davon aus, dass der Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen künftig noch weiter zunehmen wird.