„Ich werde gebraucht“ – Warum Prof. Dr. Thomas Brune im Ruhestand weiterarbeitet
Marzena SickingEin erfahrener Neonatologe über seine Motivation, den ärztlichen Beruf auch im Ruhestand fortzusetzen und über das Potenzial temporärer Einsätze für das Gesundheitssystem: Prof. Dr. Thomas Brune erklärt in unserem Interview, warum er sich nach dem Ruhestand als Zeitarbeiter bei Doctari erneut ärztlich engagiert – und warum medizinisches Erfahrungswissen unersetzlich ist.
Für viele Ärztinnen und Ärzte markiert der Ruhestand das Ende einer jahrzehntelangen, anspruchsvollen Berufslaufbahn – ein wohlverdienter Abschied aus der Verantwortung. Nicht so für Prof. Dr. Thomas Brune. Der Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit den Zusatzqualifikationen Neonatologie, Kinderkardiologie und pädiatrische Intensivmedizin hat sich entschieden, auch nach dem offiziellen Berufsende weiter ärztlich tätig zu sein – und zwar bewusst im Rahmen der ärztlichen Zeitarbeit.
Im Interview spricht Brune über seine Beweggründe, wie er den Übergang in eine neue Phase gestaltet hat, welche Erfahrungen er mit temporären Einsätzen macht – und warum er überzeugt ist, dass gerade erfahrene Medizinerinnen und Mediziner dem Gesundheitssystem auch über die Pensionierung hinaus viel geben können.
Was hat Sie nach dem offiziellen Ruhestand dazu bewogen, weiterhin ärztlich tätig zu sein?
Ich hatte immer Freude an meinem Beruf. Ich bin gesund, aktiv, meine Familie ist noch mitten im Leben -warum also aufhören, wenn man gebraucht wird?
Wie sind Sie auf das Modell der Zeitarbeit aufmerksam geworden und warum haben Sie sich dafür entschieden?
Ein befreundeter Chefarzt eines Perinatalzentrums Level 1 fragte mich, ob ich für ein Wochenende in seiner Klinik den Hintergrunddienst übernehmen könnte. Dort war kurzfristig ein Oberarzt mit der zwingend notwendigen Qualifikation 'Neonatologie' ausgefallen. Die Personalabteilung bat mich dann, mich bei Doctari zu melden, da sich so einfacher ein Zeitvertrag erstellen ließe. Das habe ich gemacht - und bekam ab da regelmäßig entsprechende Anfragen.
Wie flexibel können Sie über Art, Ort und Umfang Ihrer Einsätze entscheiden?
Ich bekomme passende Anfragen - und entscheide dann in Ruhe, ob Ort und Zeit für mich passen. Es ist komplett freiwillig.
Doctari vermittelt medizinisches Fachpersonal bundesweit
Der Personaldienstleister Doctari bringt seit 2008 Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte in medizinische Einrichtungen in ganz Deutschland. Ziel ist es, kurzfristige Versorgungsengpässe zu überbrücken und die Versorgungssicherheit zu stabilisieren – etwa durch die Besetzung offener Dienste in Kliniken innerhalb von 72 Stunden. Nach Angaben des Unternehmens gelingt das in neun von zehn Fällen.
Doctari versteht sich dabei nicht nur als Vermittler, sondern auch als Bindeglied zwischen den Interessen von Fachkräften und Einrichtungen. Im Fokus stehen Flexibilität und Planbarkeit: Die Arbeitszeiten werden individuell vereinbart, auch Teilzeit- und Nebentätigkeiten sind möglich. Viele der vermittelten Einsätze erfolgen im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung.
Für die medizinischen Fachkräfte bietet das Modell die Möglichkeit, Einblicke in unterschiedliche Versorgungsstrukturen zu gewinnen – vom kleinen Haus bis zur Uniklinik. Die Abwicklung erfolgt digital über eine App, ergänzt durch persönliche Betreuung in Fragen wie Einsatzplanung, Abrechnung oder Unterbringung.Weitere Informationen unter: www.doctari.de
Welche Rolle spielt für Sie die ärztliche Tätigkeit heute: Eher Berufung, Routine oder gesellschaftlicher Beitrag?
Ich habe immer gern gearbeitet - das hat sich nicht geändert. Die Routine hilft, gelassener zu bleiben.
Wie erleben Sie den Umgang der Einrichtungen und Kolleginnen und Kollegen mit Ihnen als Ruheständler im Einsatz?
Das Alter spielt kaum eine Rolle - meist merken die Kollegen und Kolleginnen gar nicht, dass ich formal im Ruhestand bin.
Was sind die größten Unterschiede zwischen Ihrer früheren Festanstellung und der heutigen Zeitarbeit?
Ich war die letzten elf Jahre Chefarzt einer großen Kinderklinik. Da hat man viele administrative Aufgaben und arbeitet eher wie ein Manager. heute bin ich wieder ganz nah bei den Patienten.
Gab es Herausforderungen beim Wiedereinstieg in den Klinik- oder Praxisalltag - z. B. technisch,organisatorisch oder emotional?
Man muss sich an andere Abläufe anpassen. Früher habe ich vieles selbst gestaltet.
Welche Vorteile sehen Sie für das Gesundheitssystem, wenn erfahrene Ärzte und Ärztinnen temporär weiterarbeiten?
Es wäre schade, dieses Wissen einfach brachliegen zu lassen, gerade in Zeiten, in denen Erfahrung so dringend gebraucht wird.
Wie lässt sich Ihrer Meinung nach durch Zeitarbeit ein guter Übergang zwischen Ruhestand und beruflicher Aktivität gestalten?
Es ist eine schöne Möglichkeit, den Übergang zwischen Beruf und Ruhestand selbst zu gestalten - je nach Lebensphase.
Was würden Sie Kolleg:innen raten, die ebenfalls mit dem Gedanken spielen, sich nach dem Ruhestand noch einmal ärztlich zu engagieren?
Das muss natürlich jede:r selbst entscheiden, aber ich persönlich finde es sehr bereichernd.