Abrechnungsbetrug: Approbation weg – für immer?
Ina ReinschAuch wenn ein Abrechnungsbetrug und eine darauf folgende Entziehung der Approbation schon acht Jahre zurückliegen, heißt das nicht, dass ein Arzt die Approbation automatisch irgendwann zurückerhält. Worauf es ankommt.
Honorarrückforderungen wegen Abrechnungsbetrugs können für Ärztinnen und Ärzte gravierende Folgen haben, die Ärztekammer kann die Approbation entziehen. Diese Erfahrung musste auch ein Facharzt für Allgemeinmedizin machen. Doch damit nicht genug: Er erhielt die Approbation auch Jahre später nicht zurück.
Im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung waren bei ihm in verschiedenen Jahren und Quartalen erhebliche Ungereimtheiten aufgefallen. Für zwei Quartale kam es zu einer Honorarrückforderung von rund 71.000 Euro. Für weitere Quartale schloss man einen Vergleich über rund 360.000 Euro sowie 321.000 Euro. Die Kassenärztliche Vereinigung ging in allen Fällen von vorsätzlichem Abrechnungsbetrug aus.
Verlust der beruflichen Existenz aufgrund grober Verletzung vertragsärztlicher Pflichten
2017 entzog die Ärztekammer dem Arzt wegen grober Verletzung seiner vertragsärztlichen Pflichten die Approbation, seine Klage dagegen blieb erfolglos. Das Landessozialgericht (LSG) Hessen begründete seine Entscheidung damit, dass der Arzt das Gebot peinlich genauer Abrechnung in besonders grober Weise verletzt habe. Ihm sei durchweg grobe Fahrlässigkeit und teilweise sogar Vorsatz vorzuwerfen. Die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) ließ das LSG nicht zu. Gegen Letzteres wendete sich der Arzt.
Dort musste er mit seiner Beschwerde nun ebenfalls eine Schlappe einstecken (11.12.2024, Az. B 6 KA 8/24 B). Für den Erfolg einer Nichtzulassungsbeschwerde ist es erforderlich, dass die aufgeworfene Rechtsfrage „grundsätzliche Bedeutung“ hat. Die sah der Arzt in der Frage, ob es nicht eine zeitliche Grenze für den Approbationsentzug geben sollte, wenn der Betroffene sich in der Zwischenzeit nichts weiter zu Schulden kommen lässt. Mit anderen Worten: „Nach acht Jahren müsse doch mal Schluss sein mit der Strafe!“
Das sah das BSG anders. Und vor allem hielt das Gericht die Frage für bereits geklärt. Nach ständiger Rechtsprechung kann einem Vertragsarzt eine gröbliche Pflichtverletzung vorgeworfen werden, wenn die gesetzliche Ordnung der vertragsärztlichen Versorgung durch sein Verhalten in erheblichem Maße verletzt wird und das Vertrauensverhältnis zu den vertragsärztlichen Institutionen tiefgreifend und nachhaltig gestört ist. Eine Verjährungsfrist gebe es nicht, so die Richter. Allein der Umstand, dass ein Abrechnungsbetrug schon lange zurückliegt, reiche für eine Wiedererteilung nicht aus.
Grundlage einer Zulassungsentziehung bestand weiter fort
Ob auch Vorgänge, die länger als fünf Jahre zurückliegen, noch Grundlage einer Zulassungsentziehung sein können, hänge davon ab, ob sie besonders gravierend seien oder aus einem anderen Grund bis in die Gegenwart fortwirkten. Grundsätzlichen Klärungsbedarf sah das BSG nicht. Das heißt: Waren die Vorkommnisse gravierend, hat der Arzt keine ausreichende Einsicht in sein Fehlverhalten gezeigt und sich bemüht, den Schaden wieder gutzumachen, kann das Vertrauensverhältnis noch immer so gestört sein, dass er keine Approbation erhält.
Entzug der Approbation
Wann der Entzug der Approbation gerechtfertigt ist, regelt die Bundesärzteordnung (BÄO). Danach ist der Entzug der Approbation berechtigt, wenn sich der Arzt im Zusammenhang mit der Berufsausübung als unwürdig oder auch unzuverlässig erwiesen hat. Die Unzuverlässigkeit wird dann als gegeben angesehen, wenn der Arzt die mit dem Arztberuf verbundenen Berufspflichten zukünftig nicht mit der hierfür erforderlichen Zuverlässigkeit ausführen wird. Dabei wird eine Prognose über das künftige Verhalten des Arztes aufgestellt. Hier kommt es auf die Art, Anzahl und Schwere der Verstöße an. Unwürdigkeit liegt vor, wenn die Ärzteschaft durch das Verhalten des Arztes einen Verlust an Ansehen und Vertrauen erleidet. Durch ein schweres Fehlverhalten kann das Vertrauen beschädigt werden.