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Finanzen

Heiraten ohne Ehevertrag mag romantisch sein. Sinnvoll ist es in der Regel nicht. Das gilt zumindest dann, wenn einer der Partner eine gut gehende Praxis mit in die Ehe bringt. Oder gedenkt, eine solche aufzubauen. Denn die gesetzlichen Regeln sehen im Fall einer Scheidung einen umfassenden Vermögensausgleich vor – den sogenannten Zugewinnausgleich.

Grob vereinfacht funktioniert das Modell so: Wer während der Ehe das größere Finanzpolster aufbauen konnte, muss dem anderen Partner bei einer Scheidung die Hälfte des Überschusses abgeben. Das kann einem erfolgreichen Freiberufler das Genick brechen. Denn läuft seine Praxis gut, wird in der Regel er es sein, der einen Überschuss erwirtschaftet hat  und einen Ausgleich zahlen muss.

Sinnvolle Abweichung vom gesetzlichen Güterstand

Vorausschauende Heiratswillige regeln ihre Vermögensangelegenheiten daher meist individuell – in Form eines Ehevertrages. Eine beliebte Gestaltungsform ist es, die Praxis vom Zugewinnausgleich auszunehmen. Der andere Partner erhält für den Verzicht auf den Vermögensausgleich eine Abfindung.  Eigentlich eine faire Sache – wäre das nicht das Finanzamt, das von solchen Abfindungen oft einen üppigen Teil verlangte.

Nun allerdings hat der Bundesfinanzhof (BFH) dieser Praxis zumindest teilweise einen Riegel vorgeschoben. Das höchste deutsche Finanzgericht entschied, dass der Fiskus keine Schenkungsteuer verlangen kann, wenn eine geschiedene Person auf Basis eines Ehevertrages eine Abfindung erhält.

Finanzamt verlangt 300.000 Euro

Im konkreten Fall ging es um ein Paar, das im Jahr 1998 geheiratet hatte. Der Ehevertrag schloss den gesetzlichen Versorgungsausgleich zugunsten einer Kapitalversicherung mit Rentenwahlrecht aus. Zudem begrenzte er den nachehelichen Unterhalt und sah eine strikte Gütertrennung vor. Als Ausgleich für die daraus erwachsenden Nachteile wurde vereinbart, dass die Frau nach einer Scheidung eine Abfindung von einer Million Euro erhalten sollte, wenn die Ehe 15 Jahre hielt. Bei einer früheren Scheidung sollte die Summe pro Jahr anteilig gekürzt werden.

Die Ehe endete nach 16 Jahren. Entsprechend zahlte der Mann nach Rechtskraft der Scheidung die vereinbarte Million an seine geschiedene Gattin.  Als das Finanzamt davon erfuhr, erließ es gegen die Frau einen Schenkungsteuerbescheid über rund 300.000 Euro. Das Argument: Die Zahlung der Abfindung sei eine „freigebige Geldzuwendung“.

Abfindung als Gegenleistung für den Verzicht auf bestimmte Ansprüche

Dagegen klagte sich die Frau durch bis zum Bundesfinanzhof. Mit Erfolg. Der BFH befand: Ehegatten wollen sich in Konstellationen wie diesen nichts schenken. Im Gegenteil. Sie wollen das eigene Vermögen vor den negativen Folgen einer Scheidung schützen. Wenn sie – abweichend von den gesetzlichen Leitbildern – regeln, dass nach der Scheidung eine bestimmte Summe als Abfindung für den Verzicht auf bestimmte Rechte fließen soll, liege daher weder eine steuerpflichtige Pauschalabfindung noch eine Schenkung vor. Vielmehr gehe es darum, das eigene Vermögen vor (weiteren) negativen Folgen einer Scheidung zu schützen. Die Zahlungsklausel sei daher „in ein Vertragskonvolut über die Rechtsfolgen einer Eheschließung eingebettet“ (BFH, Az. II R 40/19).

Im Ergebnis ermöglicht die Entscheidung damit Gestaltungsmöglichkeiten im Bereich von Eheverträgen. Die Chancen und Risiken im Einzelfall sollten Heiratswillige mit ihren Anwälten beraten.