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Finanzen

Sie haben sich für Ihre Dissertation mit der Persönlichkeit und der Biografie von Superreichen befasst und haben Ihre spannenden Ergebnisse jetzt auch in Ihrem Buch “Psychologie der Superreichen” veröffentlicht. Welche Erkenntnisse gab es zu diesem Thema vor Ihrer Studie?

Zitelmann: Erstaunlicherweise gab es kaum wissenschaftliche Erkenntnisse. Vor einigen Jahren entstand, ebenfalls an der Uni Potsdam, eine erste Dissertation zur Reichtumsforschung. Die Personen, mit denen sich diese Dissertation befasste, hatten jedoch im Durchschnitt nur ein Vermögen im unteren einstelligen Millionenbereich. Die Mehrheit meiner Interviewpartner besitzt ein Vermögen zwischen 30 Mio. und einer Mrd. Euro – und die Untergrenze für die Untersuchung waren Personen in der Vermögenskategorie 10 bis 30 Mio. Euro.

Durch welche beruflichen Aktivitäten sind diese Personen reich geworden?

Zitelmann: Schon in der ersten Studie, die ich erwähnt habe – also über die einfachen Millionäre – wurde deutlich, dass berufliche Selbstständigkeit die entscheidende Voraussetzung zur Reichtumsbildung ist. Ich lasse hier einmal das Thema “Erbschaft” außen vor. In meiner eigenen Studie zeigte sich dies noch eindeutiger: Fast alle Befragten sind Unternehmer und dadurch reich geworden. Einige, die als angestellte Manager tätig waren, hatten unternehmerische Erfolgsbeteiligungen oder bauten Vermögen durch Investitionen auf, besonders im Immobilienbereich.

Dr. Dr. Rainer Zitelmann:

Dr. Dr. Rainer Zitelmann: “Fachwissen ist wichtig, aber für den finanziellen Erfolg ist sehr viel wichtiger, dass man sich selbst gut verkaufen kann.” Photo: Dr. Zitelmann

Waren schon die Eltern der von Ihnen interviewten Personen reich?

Zitelmann: Nein, das war die Ausnahme. Die meisten kamen aus der Mittelschicht. Auffällig war jedoch eines: Bei sechs von zehn Befragten waren bereits die Eltern selbstständig. Oft waren die Eltern kleine Selbstständige, beispielsweise Kleinunternehmer oder auch Landwirte. Dadurch war es für die Interviewpartner nahe liegender, sich selbst später auch einmal selbstständig zu machen.

Welche Rolle spielt die Bildung für den finanziellen Erfolg?

Zitelmann: Die Interviewpartner waren im Durchschnitt besser gebildet als andere, so war jeder Vierte promoviert. Aber die meisten waren keine überdurchschnittlich guten Schüler und Studenten – eher Mittelmaß. Und gerade unter den Reichsten, die ich interviewt habe, war auch eine ganze Reihe, die nur einen Haupt- oder Realschulabschluss hatten bzw. ein Abitur ohne Studium. Zwischen der Höhe des Reichtums und dem Bildungsgrad war kein Zusammenhang erkennbar. Wichtiger als die Bildung waren andere Erfahrungen, die diese Menschen in ihrer Jugend gesammelt hatten.

 … zum Beispiel?

Zitelmann: Auffällig war, dass die Hälfte der Befragten in der Jugend Leistungssportler waren. Hier lernten sie Frustrationstoleranz, Disziplin, Umgang mit Siegen und Niederlagen, Ausdauer. Und ein großer Teil der Superreichen war auch bereits während der Schul- und Studienzeit unternehmerisch tätig. Viele verfügten über sehr stark ausgeprägte verkäuferische Fähigkeiten, was schon in ihrer Jugend deutlich wurde.

Welche Persönlichkeitsmerkmale zeichnen diese Menschen aus?

Zitelmann: Viele sind ausgesprochene Nonkonformisten. Menschen, die gegen den Strom schwimmen – und Freude daran haben. Eigentlich ist das auch logisch: Wer das tut, was alle tun, wird hinterher auch nur das haben, was alle haben – und wird also nicht Dutzende oder gar Hunderte Millionen Euro machen. Zudem war interessant, wie diese Personen mit Niederlagen und Rückschlägen umgehen. Sie reagieren darauf anders als die meisten Menschen.

Was heißt “anders”? Und was kann man daraus lernen?

Zitelmann: Die meisten Menschen schreiben Erfolge sich selbst zu, aber für Misserfolge machen sie gerne andere Menschen oder widrige äußere Umstände verantwortlich: die Gesellschaft, den Markt, unfähige Mitarbeiter usw. Bei den Superreichen charakteristisch war hingegen, dass sie stets die Schuld bei sich suchen, d.h. sie übernehmen die Verantwortung für Rückschläge und Krisen. Das gibt ihnen aber ein Gefühl der Macht – denn wenn es an mir liegt, kann ich es auch ändern. Zudem beherrschen viele von ihnen die Kunst, Rückschläge in noch größere Erfolge zu verwandeln.

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Wie ausgeprägt ist die Risikobereitschaft dieser Personen?

Zitelmann: Erstaunlich hoch. Auf einer Skala von -5 (= extrem sicherheitsorientiert) bis +5 (= extrem risikobereit) schätzten sich die allermeisten im positiven Bereich ein, sehr viele sogar bei +3 bis +5. Das widerspricht der manchmal in der Forschung vertretenen These, dass diese Personen zwar hohe Risiken eingingen, ihre eigenen Handlungen indes nicht als besonders risikoreich wahrnähmen. Allerdings: Viele Superreiche gingen in der Startphase ihres Unternehmertums hohe Risiken ein, reduzierten das Risikoprofil jedoch in späteren Jahren. Vermutlich war das eine wichtige Voraussetzung dafür, dass sie nicht nur reich wurden, sondern es auch blieben.

Was können unsere Leser von den Superreichen lernen – auch wenn sie sich nicht das Ziel gesetzt haben, selbst einmal superreich zu werden?

Zitelmann: Ich möchte vor allem eines betonen: Die Wichtigkeit verkäuferischer Fähigkeiten. Fachwissen ist wichtig, aber für den finanziellen Erfolg ist sehr viel wichtiger, dass man sich selbst gut verkaufen kann. Viele Menschen verbinden mit dem Begriff “Verkäufer” negative Assoziationen. Genau das ist bei den Superreichen anders. Sie sehen sich selbst als gute Verkäufer, wobei hier nicht vor allem der Verkauf von Produkten gemeint ist, sondern ganz generell die Fähigkeit, andere Menschen zu überzeugen und für sich zu gewinnen. Ich vermute, bei Ärzten ist es ähnlich: Fachwissen ist zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung, um auch finanziell erfolgreich zu werden. Und: Man muss dies auch wollen.  Das klingt banal, aber viele Interviewpartner setzen sich ganz bewusst bestimmte finanzielle Ziele und schreiben sich jedes Jahr auf, was sie erreichen wollen. Vielleicht auch ein guter Ratschlag für Ihre Leser: Ziele müssen schriftlich formuliert werden und auch quantifiziert werden – ansonsten sind sie ja gar nicht überprüfbar.