Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Steuern

Einkommenssteuerrechtlich hängt die Freiberuflichkeit schon immer an der leitenden und eigenverantwortlichen Position des Praxisinhabers. Wie diese im Alltag jedoch genau aussieht, ist immer wieder strittig und sorgt häufig für Verunsicherung bei Praxisinhabern. Insbesondere, wenn mehrere, auch angestellte Ärzte in der Praxis sind, wird es oft kritisch. Ein Blick auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs (Aktenzeichen: VIII R 41/12) sollte hier als Wegweiser dienen. Die Richter haben nämlich entschieden, dass selbstständige Ärzte ihren Beruf grundsätzlich auch dann leitend und eigenverantwortlich ausüben, wenn sie ärztliche Leistungen von angestellten Ärzten erbringen lassen.

Voraussetzungen

Anders als die Finanzämter, die Leistungen von Ärzten als gewerblich einstufen, wenn diese nicht von einem selbstständigen Arzt direkt, sondern von einem angestellten Arzt erbracht werden, unterliegen Mediziner nach besagten BFH-Urteil nicht der Gewerbesteuerpflicht. Warum sind viele Praxisinhaber aber auch nach diesem Urteil noch verunsichert? Ganz einfach: Weil das Urteil kein allgemeiner Freifahrtsschein ist. Im Gegenteil: Die Befreiung von der Gewerbesteuerpflicht ist an einige Voraussetzungen gekoppelt.

Befreiung von der Gewerbesteuerpflicht: Das gilt für Ärzte

Selbstständige Ärzte müssen nachweisen können, dass sie

  • aufgrund ihrer Fachkenntnis durch regelmäßige und eingehende Kontrolle maßgeblich auf die Tätigkeit ihres angestellten Fachpersonals patientenbezogen Einfluss nehmen, damit die erbrachte Leistung auch den „Stempel der Persönlichkeit“ trägt,
  • die jeweils anstehenden Voruntersuchungen bei den Patienten selbst durchführen und für den Einzelfall die Behandlungsmethode auch festlegen,
  • sich die Behandlung „problematischer Fälle“ vorbehalten.

Eine angestellte Ärztin übernahm nur einfache Fälle

Im verhandelten Fall betreiben die Gesellschafter eine Gemeinschaftspraxis für Anästhesie in der Rechtsform einer GbR. Als mobiler Anästhesiebetrieb ohne eigene Räumlichkeiten üben sie ihren Beruf in der Praxis von Ärzten aus, die Operationen unter Narkose durchführen wollen, beispielsweise die Entfernung von Weisheitszähnen in Zahnarztpraxen. Einer der Gesellschafter führt dabei eine Voruntersuchung beim Patienten durch und schlägt dann die geeignete Behandlungsmethode vor. Die Anästhesie selbst führt ein anderer Arzt durch. In den Streitjahren 2004 bis 2005 übernahm dies eine bei der GbR angestellte Ärztin nach der Voruntersuchung durch einen Arzt der Gemeinschaftspraxis, allerdings immer nur in einfachen Fällen. Die schweren und problematischen Fälle übernahm ein Gesellschafter der GbR.

Bundesfinanzhof widersprach Finanzamt

Wegen der Beschäftigung einer angestellten Ärztin ging das Finanzamt davon aus, dass es sich bei der Tätigkeit der Gesellschafter nicht um eine freiberufliche, sondern um eine gewerbliche Tätigkeit handle. Dieser Auffassung widersprach der BFH mit seinem aktuellen Urteil. Die Mitarbeit qualifizierten Personals tangiert die Freiberuflichkeit des selbstständigen Arztes nicht. Er muss aber bei der Ausführung der einzelnen Aufträge aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig werden – und dafür reicht es eben aus, dass er durch regelmäßige und eingehende Kontrolle Einfluss auf die Tätigkeit des angestellten Fachpersonals nimmt. Dieses Urteil stärkt Praxisinhaber und Gemeinschaftspraxen, die mit angestelltem Fachpersonal zusammenarbeiten. Damit der Status als Freiberufler aber nicht verloren geht, müssen sie ihren Mitarbeitern gut auf die Finger schauen.

Der Autor: Bankkaufmann und Diplom-Kaufmann Armin Weber ist Steuerberater und Wirtschaftsprüfer als Partner bei ECOVIS in München.