Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Steuern

Lange bewegte die Frage der Absetzbarkeit des immateriellen Praxiswerts Finanzverwaltung und steuerberatende Zunft. Ein abschließendes Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) brachte im August 2011 dann Klarheit. „Trotzdem“, so Ecovis-Steuerberaterin Carola Stöckner, „gibt’s Fallstricke und Ausnahmen“.

Die Finanzverwaltung wollte beim Praxiskauf den immateriellen Kaufpreisanteil nochmals aufteilen. Die Hälfte davon falle auf den abschreibbaren Praxiswert, die andere Hälfte sei ein nicht abschreibbarer „wirtschaftlicher Vorteil der Vertragsarztzulassung“. Demnach wäre ein Großteil des Kaufpreises erst absetzbar, wenn sich der Praxiskäufer zur Ruhe setzt oder die Praxis verkauft. Der BFH hatte zu befinden, ob wirklich zwei immaterielle Wirtschaftsgüter vorliegen, oder ob die Zulassung nur einer von vielen unselbstständigen wert bildenden Faktoren des Praxiswerts ist.

Erfreulicherweise schloss sich der BFH der Sichtweise der Finanzverwaltung nicht an (Az.: VIII R 13/08): Für Käufe, bei denen sich der Preis einer Praxis mit Vertragsarztsitz ausschließlich am Verkehrswert orientiert, wurde entschieden: Keine Aufteilung in einen abschreibbaren Praxiswert und in einen nicht abschreibbaren Teil „Vertragsarztsitz“. Vielmehr ist der Kaufpreisanteil, der nicht auf das übernommene Inventar entfällt, dem abschreibbaren Praxiswert zuzurechnen.

Oritentierung am Verkehrswert

„Ausschließliche Orientierung am Verkehrswert“ – Vorsicht, da lauert ein Haken. Der BFH hatte im vorliegenden Fall nicht hierüber zu entscheiden und ließ daher ganz nebenbei die Bemerkung fallen, dass es Konstellationen geben kann, bei denen ein nicht abschreibbarer Vertragsarztsitz als selbstständiges Wirtschaftsgut konkretisiert werden könnte. Etwa, wenn ein Arzt von einem ausscheidenden Arzt die Vertragsarztzulassung kauft, ohne jedoch die Praxis zu übernehmen, weil er den Vertragsarztsitz anschließend verlegt. Diesen Fall hatte das Niedersächsische Finanzgericht schon 2004 entschieden: Da hier lediglich Interesse am Vertragsarztsitz bestand, ist nachvollziehbar, dass kein Gesamtkaufpreis für einen Praxiswert vorliegt, der nicht künstlich aufgeteilt werden kann.

Gesonderter Wert für den Vertragsarztsitz

Wer also in einem Praxis-Kaufvertrag einen gesonderten Wert für den Vertragsarztsitz selbst vereinbart, riskiert, dass Teile des Kaufpreises ihre wohltuende steuermindernde Wirkung erst Jahre nach dem Praxiserwerb entfalten. Folge: Gerade in der schwierigen Startphase einer Praxis werden die verfügbaren liquiden Mittel durch höhere Steuerzahlungen abgeschöpft.

Vorsicht beim Kauf von Zulassungen durch MVZ oder beim Verzicht auf Zulassungen zugunsten einer Anstellung: Wenn hier nicht auch zumindest ein Teil der Praxis gekauft wird, kann der Kaufpreis nicht abgeschrieben werden.