Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Steuern

Medizinische Gutachten bleiben von der Umsatzsteuer verschont, wenn sie einem therapeutischen Zweck dienen. Also der Diagnose, Heilung oder Linderung von Krankheiten, der Gesunderhaltung oder dem vorbeugenden Gesundheitsschutz von Patienten. Dies gilt unabhängig von der Art der Leistung oder der Frage, für wen sie erbracht wird (z.B. Behörde, Patient oder Sozialversicherung).

Umsatzsteuerpflichtig werden medizinische Leistungen nach Aussagen von Steuerexperten, wenn sie als Grundlage für die Entscheidung eines Dritten gedacht sind. Das ist in der Regel der Fall, wenn der Arzt als Gutachter in Erscheinung tritt, beispielsweise bei der Feststellung der Fahreignung.

Umsatzsteuerpflicht nicht in jedem Fall eindeutig

Ob auf die Arbeit als Gutachter Umsatzsteuer fällig ist oder nicht, lässt sich im Praxisalltag aber nicht immer so leicht feststellen. Manche ärztlichen Leistungen, insbesondere Gutachten, sind eben nicht auf Anhieb als Heilbehandlung erkennbar.

Danach bleiben zum Beispiel Gutachten zur medizinischen Rehabilitation umsatzsteuerfrei, auch wenn der Arzt dem Patienten in seinem ärztlichen Gutachten dauernde Berufsunfähigkeit bescheinigt. Für Gutachten zum voraussichtlichen Erfolg von Rehabilitationsleistungen zur Berentung darf das Finanzamt hingegen 19 Prozent Umsatzsteuer verlangen, so ein Urteil (BFH-Az: V B 98/06). Arztpraxen, die kein Risiko eingehen wollen, sollten also besser den Steuerberater zurate ziehen.

Umsatzsteuerbefreiung für Ärzte

Steht der therapeutische Zweck des Gutachtens eindeutig im Vordergrund? Das ist die Grundlage, auf der das Finanzamt die Umsatzsteuerpflicht bei der Erstellung von ärztlichen Gutachten und anderen Sachverständigentätigkeiten prüft. Die Umsatzsteuerbefreiung nach §4 Nr 14 a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) wurde vom Gesetzgeber an Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin geknüpft, um Patienten bzw. die Krankenkassen finanziell zu entlasten.

Die Schwierigkeiten der niedergelassenen Ärzte, in jedem Fall korrekt einzuschätzen, ob die Leistungen steuerpflichtig sind, spielen hierbei leider keine große Rolle. Im Gegenteil: Arztpraxen müssen weitere Nachteile in Kauf nehmen, weil ihnen im Gegensatz zu anderen Unternehmern der Vorsteuerabzug verwehrt bleibt. Zugleich wird von ihnen die steuerlich korrekte Einschätzung der ärztlichen Leistung erwartet.

Fehler können schwerwiegende Folgen, wie eine Betriebsprüfung oder ein Steuerstrafverfahren, nach sich ziehen. Deshalb ist es für niedergelassene Ärzte ausgesprochen wichtig, sich im Zweifelsfall immer Unterstützung bei einem Steuerberater bzw. Rechtsanwalt zu suchen. Erste Orientierungshilfe bietet außerdem der Umsatzsteueranwendungserlass der Finanzverwaltung.

Medizinische Gutachten, die üblicherweise steuerpflichtig sind

  • über Blutgruppenuntersuchungen und DNA-Analysen, z. B. zur Vaterschaftsfeststellung und Spurenauswertung
  • Gutachten über Tatsache (ab 2. Leichenschau, Bescheinigung als Genehmigung zur Feuerbestattung) und zur Klärung der Todesursache
  • über Alkohol- und Drogenbefund zur Untersuchung der Fahrtüchtigkeit
  • über den Gesundheitszustand als Grundlage für Versicherungsabschlüsse, zum Beispiel für Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherungen
  • über die Berufstauglichkeit, zum Beispiel Flugtauglichkeit
  • über die Minderung der Erwerbsfähigkeit/Berufsfähigkeit für die Sozialversicherung, Kriegsopferversorgung und für Schadensersatzprozesse
  • über das Seh- und Hörvermögen, etwa für Führer-, Segel-, Tauch- und Flugscheine
  • für Berufsgenossenschaften oder Versicherungen, um den Zusammenhang von Vorerkrankungen und dem Todeseintritt des Versicherten zu klären
  • für Staatsanwaltschaft und Gerichte, um den Zusammenhang zwischen ärztlicher Fehlbehandlung und einer Gesundheitsstörung beziehungsweise dem Todeseintritt zu klären
  • für Staatsanwaltschaft und Gerichte über Schuld- und Handlungsfähigkeit von Personen; Gutachten zur Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus oder eine Entziehungsanstalt
  • nach Paragraf 12 Absatz 1 der Psychotherapie-Vereinbarung
  • zur Feststellung von Beschädigungen als Grundlage für eine Entschädigungsleistung
  • für Genehmigung zur Feuerbestattung
  • für sport- und reisemedizinische Untersuchung und Beratung
  • für Prognosen im Rahmen des Strafvollzugs, Pflegegutachten, medizinischpsychologische Gutachten zur Fahrtauglichkeit, Röntgenaufnahmen
  • für Gutachten mit Aufschlag

*) Bitte beachten Sie: Die Liste führt Beispiele auf und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit

Auch Vorträge und Veröffentlichungen unterliegen der Umsatzsteuer

Grundsätzlich gilt: Wenn der Hauptzweck des Gutachtens darin liegt, dass eine Krankenkasse oder andere Dritte eine rechtsverbindliche Entscheidung treffen, dann handelt es sich nicht mehr um einen therapeutischen Zweck. Das gilt auch, wenn medizinische Kompetenzen und typische ärztliche Untersuchungen für die Erstellung notwendig sind.

Vorsicht: Auch Veröffentlichungen in ärztlichen Fachzeitschriften, Lehrtätigkeiten oder Vorträge auf einem ärztlichen Fortbildungskongress fallen in der Regel unter die Umsatzsteuerpflicht, auch wenn das so verbreitete Fachwissen letztendlich der Behandlung der Patienten zugutekommt. Grundsätzlich gilt allerdings auch: keine Regel ohne Ausnahme. Wer also eine rechtssichere Einschätzung zur steuerlichen Behandlung braucht, sollte unbedingt einen Fachmann, in der Regel einen Steuerberater, zu Rate ziehen.