Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Steuern

Ärzte müssen ihre aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Unterlagen so organisieren, dass bei einer zulässigen Einsichtnahme in die steuerlich relevanten Unterlagen (Daten) keine gesetzlich geschützten Bereiche (z.B. Daten Dritter) tangiert werden. Dieses Problem haben sie mit Berufsgruppen wie Rechtsanwälten und Steuerberatern gemeinsam.

Zugleich kommt nur der ordnungsmäßigen Buchführung nach § 158 AO die steuerliche Beweiskraft zu. Verstöße gegen die Vorschriften zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen können deshalb schwerwiegende Folgen haben. Dazu zählt z. B. die Anwendung von Zwangsmitteln, eine Schätzung oder eine Ahndung nach § 379 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 3 AO. Die Verletzung der Buchführungspflichten kann außerdem strafbar sein.

Wie eine ordnungsgemäße Buchführung aussehen muss

Die steuerlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten ergeben sich sowohl aus der Abgabenordnung, als auch aus Einzelsteuergesetzen wie z. B. § 22 UStG, § 4 Abs. 3 S. 5, § 4 Abs. 4a S. 6, § 4 Abs. 7 und § 41 EStG. Sie gelten für jeden, der eine gewerbliche, berufliche oder land- und forstwirtschaftliche, Tätigkeit selbstständig ausübt.

Probleme ergeben sich für niedergelassene Ärzte hier insbesondere aus der Tatsache, dass diese Aufzeichnungen unterschiedlichen steuerlichen Zwecken genügen müssen. Grundsätzlich gilt: Für eine ordnungsgemäße Buchführung muss die Aufzeichnung jedes einzelnen Geschäftsvorfalls unmittelbar nach seinem Abschluss erfolgen. Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung gilt unabhängig von der Gewinnermittlungsart.

Der Umfang muss einem sachverständigen Dritten in angemessener Zeit eine lückenlose Überprüfung seiner Grundlagen, seines Inhalts, seiner Entstehung und Abwicklung sowie seiner Bedeutung für den Betrieb ermöglichen. Das bedeutet nicht nur die Aufzeichnung der in Geld bestehenden Gegenleistung, sondern auch des Inhalts des Geschäfts und des Namens des Vertragspartners. Dies gilt auch für Bareinnahmen und für Barausgaben. Der Umstand der sofortigen Zahlung rechtfertigt keine Ausnahme (Vgl. BFH, Urteil vom 26.02.2004 – XI R 25/02, BStBl II, S. 599).

Erfordern verschiedene Rechtsnormen gleichartige Aufzeichnungen, so ist eine mehrfache Aufzeichnung für jede Rechtsnorm nicht erforderlich.

Was man bei der Buchführung beachten muss

Wichtig: Die Grundaufzeichnungen müssen so beschaffen sein, dass sie jederzeit eindeutig in ihre Einzelpositionen aufgegliedert werden können. Zeitnah, d. h. möglichst unmittelbar zu der Entstehung des jeweiligen Geschäftsvorfalles aufzuzeichnen, sind der verkaufte, eindeutig bezeichnete Artikel (bzw. die Leistung), der Preis, der dazugehörige Umsatzsteuersatz und -betrag, vereinbarte Preisminderungen, die Zahlungsart, das Datum und der Zeitpunkt des Umsatzes sowie die verkaufte Menge bzw. Anzahl.

Die Möglichkeit zum Ausweis des Steuerbetrags in einer Summe nach § 32 UStDV in der Rechnung und die Zusammenfassung des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags in einer Summe nach § 33 S. 1 Nr. 4 UStDV in der Rechnung bleiben unbenommen. Eine Verpflichtung zur einzelnen Verbuchung (im Gegensatz zur Aufzeichnung) eines jeden Geschäftsvorfalls besteht nicht. Werden der Art nach gleiche Waren oder Dienstleistungen mit demselben Einzelverkaufspreis in einer Warengruppe zusammengefasst, wird dies nicht beanstandet, sofern die verkaufte Menge bzw. Anzahl ersichtlich bleibt.

Einzelaufzeichnungspflicht gilt für alle

Der Grundsatz der Einzelaufzeichnungspflicht gilt auch für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln. Nach § 146 Abs. 5 S. 1 Halbs. 2 AO müssen die Aufzeichnungen so geführt werden, dass sie dem konkreten Besteuerungszweck entsprechen. Eine ordnungsgemäße Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG setzt voraus, dass die Höhe der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben durch geordnete und vollständige Belege nachgewiesen wird. Ist die Einzelaufzeichnungspflicht nicht zumutbar, muss die Einnahmeermittlung nachvollziehbar dokumentiert und überprüfbar sein.

Die Aufzeichnung jedes einzelnen Geschäftsvorfalls ist nur dann nicht zumutbar, wenn es technisch, betriebswirtschaftlich und praktisch unmöglich ist, die einzelnen Geschäftsvorfälle aufzuzeichnen. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist durch den Steuerpflichtigen nachzuweisen.

Es besteht keine gesetzliche Pflicht zur Verwendung eines elektronischen Aufzeichnungssystems. Einzelaufzeichnungen können durch die vollständige und detaillierte Erfassung aller baren Geschäftsvorfälle in Form eines Kassenbuches erfolgen. Wird ein Kassenbericht zur Ermittlung der Tageslosung verwendet, kann die Einzelaufzeichnung auch durch die geordnete (z.B. nummerierte) Sammlung aller Barbelege gewährleistet werden.

Vorsicht bei Barzahlung in der Arztpraxis

Besteht aus Zumutbarkeitsgründen keine Verpflichtung zur Einzelaufzeichnung müssen die Bareinnahmen zumindest anhand eines Kassenberichts nachgewiesen werden. Hierbei ist stets vom gezählten Kassenendbestand des jeweiligen Geschäftstages auszugehen. Von diesem Kassenendbestand werden der Kassenendbestand bei Geschäftsschluss des Vortages sowie die durch Eigenbeleg zu belegenden Bareinlagen abgezogen. Ausgaben und durch Eigenbeleg nachzuweisende Barentnahmen sind hinzuzurechnen.

Ein sogenanntes “Zählprotokoll” (Auflistung der genauen Stückzahl vorhandener Geldscheine und -münzen) ist nicht erforderlich, erleichtert jedoch den Nachweis des tatsächlichen Auszählens.

Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sind täglich festzuhalten. Werden Kasseneinnahmen und Kassenausgaben ausnahmsweise erst am nächsten Geschäftstag aufgezeichnet, ist dies noch ordnungsgemäß, wenn zwingende geschäftliche Gründe einer Aufzeichnung noch am gleichen Tag entgegenstehen und aus den Aufzeichnungen und Unterlagen sicher entnommen werden kann, wie sich der sollmäßige Kassenbestand entwickelt hat. Kassenaufzeichnungen müssen so beschaffen sein, dass ein sachverständiger Dritter jederzeit in der Lage ist, den Sollbestand mit dem Istbestand der Geschäftskasse zu vergleichen. Die umsatzsteuerlichen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten bleiben unberührt.

Hinweis:
Die Finanzverwaltung hat zum Thema ordnungsgemäße Buchführung ein überarbeitetes Anwendungsschreiben herausgegeben.
Bundesministerium der Finanzen, IV A 4 – S-0316 / 19 / 10003 :001, Schreiben (koordinierter Ländererlass) vom 11.07.2019, Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnung und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD).

Das BMF geht in dem BMF-Schreiben vom 11.07.2019, Rz. 151 davon aus, dass jeder Unternehmer für alle im Unternehmen verwendeten Datenverarbeitungssysteme eine Verfahrensdokumentation benötigt. Auch wenn Teile der Literatur oder auch der Gerichtsbarkeit eine rechtliche Verpflichtung anzweifeln, sollten Unternehmer sich dieser Herausforderung dennoch stellen, damit Streitigkeiten mit Außenprüfern erst gar nicht eintreten. Aus den bisher gemachten Erfahrungen in Betriebsprüfungsfällen wurde zudem das Vorlegen einer erstellten Verfahrensdokumentation als deutlich positiv hervorgehoben. In dem aktuell veröffentlichten BMF Schreiben vom 28.11.2019 bezieht die Verwaltung wie folgt Stellung: „Da sich die Ordnungsmäßigkeit neben den elektronischen Büchern und sonst erforderlichen Aufzeichnungen auch auf die damit in Zusammenhang stehenden Verfahren und Bereiche des DV-Systems bezieht, muss für jedes DV-System eine übersichtlich gegliederte Verfahrensdokumentation vorhanden sein.“

Der Arzt als Praxisinhaber sollte sich somit frühzeitig damit beschäftigen, welche steuerlichen Pflichten auch in Bezug auf eine ordnungsgemäße Buchführung von ihm abverlangt wird.