Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Versicherungen

Hat der Arzt auf dem Weg zum Hausbesuch mit seinem privaten Auto bzw. dem Praxiswagen einen Unfall, ist mit der Schuldfrage meist auch die nach der finanziellen Haftung geklärt. Deutlich komplizierter wird es, wenn Fahrlässigkeit seitens des Arztes vorliegt. Oder wenn nicht er, sondern eine MFA den Praxiswagen gefahren hat. Oder der oder die Mitarbeiterin gar mit dem eigenen Fahrzeug auf einer Kurierfahrt für die Praxis unterwegs war. Hier eine Übersicht der einzelnen Situationen, die im Falle eines Unfalls eintreten können und worauf dann geachtet werden muss.

Kurierfahrt eines ärztlichen Mitarbeiters

Mal eben zur Post fahren, die Lieferung abholen oder auf dem Weg nach Hause noch schnell ein Rezept bei der bettlägerigen Frau Meier abliefern: Die meisten Hausärzte haben ihre Helfer/innen wohl schon einmal um solche Botendienste gebeten – und nicht im Traum daran gedacht, dass die vermeintliche Gefälligkeit ein teures Nachspiel haben kann. Das gilt vor allem, wenn die MFA mit dem eigenen Fahrzeug unterwegs war oder den Praxiswagen gar nicht hätte fahren dürfen.

Auf die Begründung der Fahrt kommt es an

Grundsätzlich gilt: Nicht jede Fahrt, die Helferinnen für die Praxis unternehmen, ist zwangsläufig eine Dienstfahrt. Holt zum Beispiel eine nicht sehr bewegungsfreudige Mitarbeiterin die Post mit ihrem Auto ab, obwohl sie den kurzen Weg zur Filiale problemlos hätte laufen können, zahlt sie die Werkstattrechnung nach einem Unfall im Zweifel selbst.

Liegt hingegen eine Dienstfahrt auf Anweisung des Praxisinhabers vor, gilt: Für Schäden, die am Wagen der Mitarbeiterin beim Einsatz für den Arbeitgeber entstehen, haftet der Chef unter dem Gesichtspunkt des sogenannten „Aufwendungsersatzes“. So will es § 670 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Der Arzt muss seiner Mitarbeiterin folglich die für Wiederherstellung des Autos erforderlichen Aufwendungen erstatten.

Das bedeutet allerdings auch, dass sie sich nicht mit der Versicherung des Gegners herumstreiten muss, falls sie in einen Unfall verwickelt wird. Sie kann die Kosten beim Praxisinhaber einfordern, der muss sich das Geld dann beim Unfallgegner wieder holen.

Fahrlässigkeit kann teuer werden

Ist Fahrlässigkeit im Spiel, entscheidet der Einzelfall. Liegt leichte Fahrlässigkeit vor, muss der Arzt bzw. seine Versicherung trotzdem zahlen. Bei grober Fahrlässigkeit muss sie mindestens einen Teil, unter Umständen sogar den kompletten Schaden selbst zahlen.

Tipp: Ärzte, die der Helferin für die Fahrten mit dem eigenen Auto eine Kilometerpauschale von 30 Cent zahlen, kaufen sich damit von der Pflicht frei, im Fall eines Unfalls den Rückstufungsschaden bezahlen zu müssen.

Versicherungsschutz steht auf dem Spiel

Übrigens ist es ein Gerücht, dass der Praxisinhaber den Versicherungsschutz verliert, wenn die MFA den Praxiswagen unerlaubterweise gefahren ist und es zu einem Unfall kommt. „Unerlaubt“ bedeutet, dass der Praxisinhaber den Rabatt für einen eingeschränkten Fahrerkreis nutzt und die betroffene MFA nicht zu den der Versicherung namentlich genannten Personen gehört. Die Unfallopfer bleiben durch die Kfz-Versicherung dennoch abgesichert. Der Praxisinhaber hat dann allerdings falsche Angaben bei den Tarifierungsmerkmalen gemacht und muss die Differenz zum normalen Tarif (ab Beginn des Versicherungsjahres) nachzahlen. Es droht zudem eine Vertragsstrafe, die ein bis zwei volle Jahresprämien betragen kann.

Steuerrechtliche Fragen nach einem Unfall mit dem Praxiswagen

Wird der Praxiswagen im Betriebsvermögen gehalten, sind nach einem Unfall auch steuerrechtliche Fragen zu klären. Zahlt die Versicherung des Gegners dem Arzt eine Nutzungsausfallentschädigung, muss diese versteuert werden. Das gilt auch für den Fall, dass der Unfall während einer Privatfahrt geschah.

Der angestellte Arzt und sein Dienstwagen

Angestellte Ärzte, die von ihrem Arbeitgeber einen Dienstwagen bekommen, haben zusätzliche Punkte zu beachten. Darauf weist Dr. Heike Kroll, Fachanwältin für Arbeitsrecht beim Verband “Die Führungskräfte – DFK” hin.

“Wir stellen in unsere tägliche Beratung unserer Verbandsmitglieder immer wieder fest, dass viele Arbeitnehmer leider nicht einmal wissen, wie der Dienstwagen versichert und ob eine Selbstbeteiligung vereinbart ist”, so Kroll. Danach sollte man sich schon erkundigen. Gründliches Lesen des gesamten Regelwerkes der Dienstwagenvereinbarung ist auf jeden Fall ratsam.

Auch ist nicht jedem bekannt, dass bei der Haftungsfrage danach zu differenzieren ist, ob der Unfall bei „betrieblich veranlasster“ Nutzung des Dienstwagens passiert ist, also im Rahmen der arbeitsvertraglichen Tätigkeit, oder bei einer Privatfahrt. Nur bei „betrieblich veranlasster“ Tätigkeit gelten gewisse Haftungsbeschränkungen zugunsten des Arbeitnehmers. „Der Weg zur Arbeit ist übrigens keine betrieblich veranlasste Tätigkeit, sondern Privatsache“, stellt die Fachanwältin Kroll klar.

Besonderheit Fahrt mit Leasingwagen

Wer ein Leasingfahrzeug fährt, muss sich darüber im Klaren sein, dass er sich unter Umständen nicht nur mit dem Arbeitgeber auseinandersetzen muss, sondern auch mit dem Leasinggeber. “Ihm gegenüber haften Arbeitnehmer und Arbeitgeber als Gesamtschuldner. Das heißt, der Leasinggeber kann sich im Außenverhältnis frei aussuchen, wen er in Anspruch nimmt. Das ist in den Fällen, in denen z.B. aufgrund einer Insolvenz des Arbeitgebers dort nichts zu holen ist, riskant – das gilt insbesondere bei gänzlich fehlender Versicherung oder falls die Beiträge nicht mehr bezahlt wurden”, warnt die DFK-Juristin Kroll.

Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit

Geht ein Unfall auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zurück, ist die Frage nach dem Zahler schnell beantwortet. Hier ist grundsätzlich der Arbeitnehmer in der Pflicht. „Er kann dann froh sein, wenn die Versicherung trotzdem den Schaden weitgehend übernimmt“, so Kroll. Was Vorsatz ist, ist rasch erklärt. Der Merksatz lautet: „Das war Absicht!“ Bei grober Fahrlässigkeit lautet der Merksatz: „Der ist doch von allen guten Geistern verlassen.“ Klassische Beispiele sind das Fahren nach Alkohol- oder Drogenkonsum oder das Überholen trotz Überholverbot. In diesem Fällen ist der Fahrer grundsätzlich für den gesamten Schaden eintrittspflichtig. Das kann unter Umständen teuer werden, obwohl auch hier Gesichtspunkte wie Existenzgefährdung und Missverhältnis von Schadenshöhe und Monatslohn eine Rolle spielen. Teilweise wird die Haftung gegenüber dem Arbeitgeber daher im Innenverhältnis auf drei Bruttomonatsverdienste beschränkt.

Leichte Fahrlässigkeit

Bei leichter Fahrlässigkeit bei einer Dienstfahrt oder bei Beschädigung des Wagens ohne Verschulden kann sich der Arbeitnehmer entspannt zurücklehnen, denn hier zahlt der Arbeitgeber bzw. die Versicherung. Nach der gesetzlichen Definition handelt derjenige fahrlässig, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Pauschal lässt sich die leichte Fahrlässigkeit mit: „Das kann schon mal passieren“, umreißen. Die Leistungspflicht des Arbeitgebers gilt nach den normalen Grundsätzen zur Arbeitnehmerhaftung selbst dann, wenn die Versicherung eine Selbstbeteiligung vorsehen sollte. Diese Selbstbeteiligung hat dann der Arbeitgeber regelmäßig selbst zu tragen.

„Schwierig zu beurteilen sind die Fälle der sogenannten mittleren Fahrlässigkeit“, so die DFK-Juristin Kroll. Bei mittlerer Fahrlässigkeit bei einer Dienstfahrt ist der Schaden zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nach den Umständen des Einzelfalls zu verteilen. Dabei spielen sowohl Schadenshöhe als auch Verdienst des Arbeitnehmers eine Rolle.

Grundsätzlich beschränkt sich die Haftung auf die übliche Selbstbeteiligung (bis zu 500 Euro) – selbst dann, wenn keine Versicherung abgeschlossen wurde. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss sich ein Arbeitgeber bei mittlerer Fahrlässigkeit so behandeln lassen, als habe er eine übliche und zumutbare Versicherung abgeschlossen.