Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Finanzen

Um den Praxisbetrieb finanziell störungsfrei laufen zu lassen, können Ärztinnen und Ärzte aus vielfältigen Formen der Kreditgewährung wählen. In der ersten Folge unserer neuen Serie „Praxisfinanzierung“ stellen wir typische Erscheinungsformen von Krediten vor, die in der Finanzierung von Praxen nicht mehr wegzudenken sind. Zu unterscheiden sind hier in erster Linie zwei große Gruppen von Krediten: die Geld- und die Haftungskredite, die von Kreditinstituten an Praxisinhaber in deren Eigenschaft als Unternehmer gewährt werden. Die große Gruppe von Verbraucherdarlehen, die selbstverständlich auch Ärztinnen und Ärzte als Verbraucher zur Bestreitung privater Ausgaben in Anspruch nehmen können, gehören nicht dazu.

Geldkredite

Zu den Geldkrediten, die für Praxisinhaber besonders relevant sind, zählen Kontokorrent-, Überziehungs- und Ratenkredite.

Kontokorrentkredite

Sie gehören zu den ältesten und am meisten verbreiteten Krediten in der Bankwirtschaft. Sie entspringen dem praktischen Bedürfnis, laufende Zahlungsvorgänge nicht als einzelne Darlehen zwischen einer Bank und dem Bankkunden, sondern als bloße verrechenbare Posten auf einem Konto zu erfassen. Der Gesetzgeber geht in § 355 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) davon aus, dass bei einem Kontokorrent gegenseitige Ansprüche und Leistungen inklusive Zinsen in Rechnung gestellt und in periodischen Zeitabständen durch Verrechnung und Feststellung eines Saldos ausgeglichen werden. Als Beispiel können hier Liquiditätsengpässe zwischen den Gehaltszahlungsterminen und Umsatzeingängen genannt werden, die mit dem Kontokorrentkredit ausgeglichen werden. Die verrechenbaren Zeitabstände können erheblich variieren und reichen von einem Tag bis zu einem Jahr. Der Vorteil für Praxisinhaber ist, dass ein einmal eingeräumter Kontokorrentkredit wiederholt genutzt werden kann. Nahezu jedes Geschäftskonto einer Arztpraxis wird heutzutage als ein Kontokorrentkonto geführt.

Überziehungskredite

Ein Kontokorrentkredit wird in der Bankpraxis regelmäßig mit einem Überziehungskredit (auch als Dispositionskredit bezeichnet) verknüpft. Dabei gewährt eine Bank ihrem Kunden – abhängig vor allem von dessen Bonität und bisherigen Kredithistorie – das Recht, sein Kontokorrentkonto bis zu einer bestimmten Höhe zu einem gesonderten (höheren) Zinssatz zu überziehen. Im Fachjargon spricht man hier von der Kreditlinie, also der festgelegten Höchstgrenze für die Kreditbeanspruchung.

Vom Überziehungskredit ist die geduldete Überziehung eines Kontokorrentkontos, das heißt ohne das explizite Einräumen einer Kreditlinie, zu unterscheiden. Ohne eine eingeräumte Kreditlinie wird die Überziehung von der Bank lediglich – zu einem höheren Zinssatz – geduldet. Während bei einem Überziehungskredit das Kontokorrentkonto bis zur eingeräumten Kreditlinie belastet werden kann, besteht bei einer geduldeten Kontoüberziehung kein Rechtsanspruch gegen die kontoführende Bank auf Duldung der Überziehung.

Ratenkredite

Eine andere Funktion als der Kontokorrent- und Überziehungskredit hat ein Ratenkredit: hier wird dem Bankkunden ein vereinbarter Geldbetrag auf einmal als Darlehen gewährt und der Kunde verpflichtet sich, das Gelddarlehen innerhalb eines fest vereinbarten Zeitrahmens abzurufen. Wird das Darlehen nicht innerhalb des vereinbarten Zeitrahmens abgerufen, werden vertraglich vorgesehene gesonderte Bereitstellungszinsen fällig.

Je nach Tilgungsart kann es sich bei Ratenkrediten um Annuitätendarlehen handeln, bei denen das Darlehen in jährlich gleichbleibenden Raten zuzüglich Zinsen getilgt werden muss. Er kann aber auch in Form eines endfälligen Darlehens gewährt werden, bei dem während der Laufzeit nur die vereinbarten Zinsen geleistet werden und die Tilgung am Laufzeitende in einem Betrag erfolgt.

Fallstricke bei Kreditkündigungen durch Banken

Die beiden grundlegenden Kreditformen, Kontokorrent- und Überziehungskredite einerseits und Ratenkredite andererseits, sollten von Praxisinhabern im eigenen Interesse stets unterschieden werden. Nach Nr. 19 Abs. 2 Satz 1 AGB-Banken können unbefristete Kredite, zu denen insbesondere Kontokorrentkredite gehören, seitens der Bank ohne Kündigungsfrist jederzeit gekündigt werden. Gründe für die Kündigung eines Kontokorrentkontos muss eine Bank nicht vorbringen. Die Rechtsprechung hat die Nr. 19 Abs. 2 Satz 1 AGB-Banken gebilligt.

Zwar muss nach Nr. 19 Abs. 2 Satz 2 AGB-Banken bei einer solchen Kündigung auf die berechtigten Belange des betroffenen Kunden Rücksicht genommen werden. Allerdings ist es regelmäßig streitig, ob die Bank Einwände eines Praxisinhabers gegen die Kündigung akzeptieren wird und wie lange auf dem Kontokorrentkonto noch Verfügungen vorgenommen werden können, nachdem die Kündigung ausgesprochen wurde. Es bedarf keiner weiteren Erörterung, dass der Geschäftsbetrieb nahezu einer jeden Arztpraxis lahmgelegt wird, wenn das Geschäftskonto fristlos gekündigt worden ist.

Eine rechtliche Abhilfe gegen Kündigungen nach Nr. 19 Abs. 2 Satz 1 AGB-Banken kann lediglich eine vertragliche Regelung mit der kontoführenden Bank sein, in welchen Fällen die Kündigung eines Kontokorrentkontos seitens der Bank nicht auf Nr. 19 Abs. 2 Satz 1 AGB-Banken gestützt werden kann. In der Praxis werden allerdings Banken nur in Ausnahmefällen bereit sein, Einschränkungen von Kündigungen nach Nr. 19 Abs. 2 Satz 1 AGB-Banken zu akzeptieren.

Bei Kündigungen von Ratenkrediten müssen Banken nach Nr. 19 Abs. 1 Satz 3 AGB-Banken hingegen eine Kündigungsfrist von mindestens zwei Monaten einhalten. Eine Unterscheidung zwischen den beiden großen Arten von Geldkrediten sollte deshalb jeder Ärztin und jedem Arzt geläufig sein.

Haftungskredite

Diese haben im Vergleich zu Geldkrediten einen anderen Wirkungsbereich und auch eine andere Funktion. Während bei Geldkrediten dem Kreditnehmer tatsächlich Liquidität zufließt, verpflichtet sich bei einem Haftungskredit eine Bank gegenüber einem Gläubiger des Bankkunden, für die Verbindlichkeit des Bankkunden in einer vertraglich vereinbarten Form einzustehen. Als typische Form von Haftungskrediten der Banken gelten Avalkredite, bei denen eine Bank für ihre Kunden Bürgschaften oder Garantien abgibt. Das Entgelt für einen Avalkredit variiert ganz erheblich und hängt vor allem von Art und Umfang des eingeräumten Kredits und von der Bonität des Bankkunden ab. Insbesondere bei größeren Investitionsvorhaben in ärztlichen Praxen können Bankbürgschaften die Liquidität von Ärztinnen und Ärzten erheblich schonen und die erforderliche Besicherung eines investitionsgebundenen Kredits häufig erst sicherstellen.

Dr. jur. Alex Janzen

Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Bank- und KapitalmarktrechtRechtsanwaltskanzlei Dr. jur. Alex Janzen

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