Wenn’s kriselt: So können Ärzte ihre Anlagen strategisch schützen
A&W RedaktionKommt sie oder kommt sie nicht? Diese Frage stellen sich viele Anleger, die seit Monaten, wenn nicht Jahren eine größere Korrektur an den Aktienmärkten erwarten. 2018 könnte als Jahr dieser Trendwende in die Geschichte eingehen – zumindest, wenn man Robert Shiller, einem bekannten Nobelpreisträger für Wirtschaft, glaubt.
Shillers CAPE-Ratio, ein Maßstab, der zeigt, ob Aktien langfristig überteuert sind, steht aktuell bei über 30 – und somit auf einem Niveau, das zuletzt Ende der 1990er-Jahre übertroffen wurde. Für den Ökonomen sehen Aktien damit aus wie vor allen früheren Bärenmärkten, bei denen Verluste von 20 Prozent und mehr anfielen.
Der Kursanstieg dauert schon (zu) lange
Nun können Aktien länger überteuert sein als es die meisten Anleger für möglich halten. Fakt ist aber auch: „Der Kursanstieg seit dem Jahr 2009 ist inzwischen die zweitlängste Hausse der Geschichte. Mit jedem weiteren Tag wird eine Korrektur wahrscheinlicher“, sagt Martin Kramer von FINUM.Private Finance in Bielefeld.
Auslöser für den Abschwung ist möglicherweise ein wenig beachteter Faktor: der Abstand zwischen den lang- und den kurzfristigen Zinsen. „Sind die kurzfristigen Zinsen höher als die langfristigen, kommt es zu einer Rezession und deutlichen Kursverlusten“, bestätigt auch Axel Melber von Werther und Ernst Vermögensverwalter in Bielefeld.
Abschwung folgte bisher immer nach einem Jahr
In der Tat gab es diese Konstellation in den USA seit 1960 sieben Mal – und jedes Mal folgte nach etwa einem Jahr nicht nur eine Rezession, sondern in deren Vorlauf auch ein weltweiter Abschwung für Aktien. „Ein Grund dafür ist, dass Banken die Kreditvergabe einschränken, weil sie dabei nun Geld verlieren. Der wirtschaftlichen Expansion geht dann der Treibstoff aus“, erklärt Kramer. Beunruhigend ist: Der Zinsabstand der US-Zinsen verringert sich derzeit rasant und beträgt bereits weniger als einen Prozentpunkt. „Geht es in diesem Tempo weiter, dürften 2018 die kurz- über den langfristigen Zinsen liegen“, so Melbers Einschätzung.
Was Anleger tun können
Was bedeutet das für Anleger? Sollten Sie nun alle Aktien verkaufen oder sie stattdessen nicht mehr anrühren? Beide Vermögensprofis raten von solchen Konsequenzen ab, da niemand mit Gewissheit sagen kann, ob und wann dieses Szenario eintritt. Anleger können sich aber – je nachdem, wie risikobereit sie sind – mit Strategien gegen den Abschwung wappnen. Das hat etliche Vorteile (lesen Sie dazu auch folgendes Interview).
Die Vorteile des Allwetter-Portfolios
Eine Möglichkeit für eher moderate Anleger ist eine Strategie, die man als „Allwetter-Portfolio“ bezeichnen könnte, weil es bei jedem ökonomischen Wetter einigermaßen gut zurechtkommt. Der Grund: Außer Aktien sowie lang- und kurzfristigen Anleihen enthält ein solches Depot eine ordentliche Portion Gold, das sich meist dann gut entwickelt, wenn der Aktienmarkt schwächelt. „Das kann den maximalen Verlust des Depots erheblich verringern“, wie Kramer anmerkt.
In der Tat zeigen Backtests von spezialisierten Dienstleistern, dass ein US-Depot aus 40 Prozent Aktien, 40 Prozent Anleihen und 20 Prozent Gold in den vergangenen 40 Jahren maximal 15 Prozent an Wert verloren hätte. Ein Depot aus 60 Prozent Aktien und 40 Anleihen hätte aber 30 Prozent eingebüßt. Die Rendite jedoch fiel mit 9 Prozent im Jahr bei beiden ähnlich hoch aus.
Das Trendfolge-Modell
Wer in einem Aufschwung stärker auf Aktien setzen will, kann nach einem Trendfolge-Modell, etwa mit Aktien-Indexfonds, anlegen. Eine Möglichkeit: Liegt der Fondskurs zum Monatsende über dem Zwölf-Monats-Durchschnitt, werden 100 Prozent des Geldes in den Fonds investiert. Liegt er darunter, überweist der Investor das Geld aufs Konto. Ergebnis: Über mehrere große Auf- und Abschwünge liegt der Trendfolger garantiert vor dem Dauerinvestor, weil er in einem größeren Abschwung nie so viel verlieren wird wie dieser und also dessen Verluste nicht aufholen muss.
Aber es gibt auch Nachteile: „Wenn der Markt prinzipiell gut läuft, kurzfristig aber eine Schwächephase hat, müssen Trendfolger verkaufen und später wieder kaufen. In diesen Phasen hinken sie bei der Rendite hinterher“, gibt Melber zu bedenken.
Kommt die große Korrektur 2018?
Kommt es 2018 zu der erwarteten größeren Korrektur, können wagemutige Anleger schließlich von dem profitieren, was man den „Buffett-Effekt“ nennen könnte. Dieser Buffett-Effekt besteht darin, dass sich sogenannte Value-Titel zu Beginn des danach folgenden Aufschwungs besonders gut entwickeln. Deutlich wird dies, wenn man einen Value-Indexfonds (ETF) Aktien mit dem breiten Markt vergleicht (wegen der längeren Historie ist der Rückgriff auf Daten von ETFs in den Vereinigten Staaten sinnvoll).
Value-Titel – das sind Unternehmen, deren Aktien in bzw. nach dem Abschwung mit einem spürbaren Abschlag gehandelt werden – haben demnach in den frühen Aufschwungjahren mehr an Wert zugelegt als der breite Markt und vor allem mehr als Wachstumsaktien. Das war 2004/2005 und auch 2009/2010 so. Nach der Korrektur 2015/2016 hat der iShares Russell 1000 Value die Aktien von Facebook, Amazon & Co. ebenfalls alt aussehen lassen, bevor er 2017 von den Wachstumstiteln abgehängt wurde.
Anleger brauchen gute Nerven
Wer im nächsten Aufschwung diesen aussichtsreichen Weg wählen will, braucht jedoch neben gutem Timing auch solide Nerven. Denn: „Die größten Verluste in einer Korrektur fallen in der Regel zeitlich im letzten Viertel an“, wie Axel Melber aufgrund seiner Erfahrung am Finanzmarkt weiß. Es besteht daher die Gefahr, dass Anleger finanziell in ein fallendes Messer greifen, wenn sie zu früh einsteigen. Ein guter Indikator für den richtigen Zeitpunkt können die Berichte in der (Finanz)Presse sein. Wenn dort die nähere und weitere Zukunft schwarz gemalt wird, dürfte die Gelegenheit für den Kauf eines Value-Fonds näherrücken. Ein gutes und günstiges Vehikel, um weltweit in Value-Aktien zu investieren, ist der Vanguard Global Value Factor ETF, bei dem nur 0,22 Prozent an Jahresgebühr anfallen. Der Indexfonds enthält Aktien von rund 1.200 kleinen, mittleren und großen Unternehmen weltweit, die im Vergleich zu anderen Wertpapieren gegenüber ihrer fundamentalen Bewertung relativ günstig sind (ISIN: IE00BYYR0B57).
Indexfonds (ETF) * |
Anlageklasse | Volumen (Mio.) |
Gebühr | ISIN |
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db x-trackers MSCI ACWI | Aktien Welt | 181 | 0,4 % | IE00BGHQ0G80 |
iShares Stoxx Europe 600 | Aktien Europa | 6.263 | 0,2 % | DE0002635307 |
HSBC EPRA/NAREIT Developed | Immobilien entw. Welt | 97 | 0,4 % | DE000A1JXC78 |
Xetra Gold (besicherte Anleihe) | Gold physisch | 6.063 | 0,36 % | DE000A0S9GB0 |
db x-tr. Global Sovereign Bond | Staatsanleihen Welt | 299 | 0,25 % | LU0378818131 |
iShares Global Corporate Bond | Unternehmensanl. Welt | 1.050 | 0,2 % | IE00B7J7TB45 |
Deka EuroGov Germany 10+ | Bundesanleihen, lang | 51 | 0,15 % | DE000ETFL219 |
Deka EuroGov Germany 3-5 | Bundesanleihen, kurz | 96 | 0,15 % | DE000ETFL193 |
*nur ETFs, die alle Anteile physisch erwerben (keine Swap-Produkte)
Quellen: justetf.com, finanzen.net, Anbieter / Recherche: Jürgen Lutz