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Medizin

Eine stabile Finanzierung der Kinder- und Jugendmedizin durch einen Aufschlag auf die Vorhaltefinanzierung, die Einführung pädiatrischer Institutsambulanzen sowie eine Flexibilisierung der Behandlung psychischer Krankheiten durch die Krankenhäuser – das sind die Kernpunkte der beiden Stellungnahmen, in denen eine Reform gefordert wird.

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach: „Kinder und Jugendliche, die schwer erkranken, benötigen schnelle Hilfe. Und manchmal erfordert nicht nur die Schwere des Krankheitsbildes, sondern auch die Entfernung zur niedergelassenen Praxis die Behandlung in einem Krankenhaus. Hierfür brauchen wir kluge Konzepte und eine gute Zusammenarbeit von niedergelassenen Fachärztinnen und -ärzten und Krankenhäusern – kein Festhalten an starren Sektorengrenzen. Die Vorschläge der Regierungskommission sind hierfür eine gute Grundlage.“

Die Reformvorschläge zur Kinder- und Jugendmedizin

  • Für die operative und konservative Kinder- und Jugendmedizin sollten verbindliche Qualitätsvorgaben erarbeitet werden.
  • Das künftige Vorhaltebudget für die Leistungsgruppen von Pädiatrie und Kinderchirurgie sollte gemäß den Empfehlungen der Regierungskommission in der dritten Stellungnahme um einen Aufschlag von bis zu 20 % der bisherigen aDRG-Erlösvolumina der Fachabteilungen der operativen und konservativen Kinder- und Jugendmedizin dauerhaft erhöht werden. Hierzu wird die Bildung eines Sonderfonds empfohlen.
  • Ähnlich wie in der kinderpsychiatrischen Versorgung bewährt, sollen auch für die somatische Kinder- und Jugendmedizin Institutsambulanzen eingerichtet werden können, die an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung mitwirken. Kinder, die wegen Art, Schwere, Seltenheit oder Dauer ihrer Erkrankung oder wegen zu großer Entfernung zu geeigneten niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzten für Kinder und Jugendliche auf die Behandlung im Krankenhaus angewiesen sind, sollen nach Überweisung durch einen Vertragsarzt oder eine Vertragsärztin dort ambulant behandelt werden können.
  • Um Kliniken und Abteilungen für Kinder- und Jugendmedizin kurzfristig zu entlasten, sollen die primäre Fehlbelegungsprüfung für tagesklinische Behandlungen sowie die sekundäre Fehlbelegungsprüfung bei Überschreiten der oberen Grenzverweildauer bzw. Unterschreiten der unteren Grenzverweildauer ausgesetzt werden.

Empfehlungen für die Behandlung psychischer Erkrankungen

  • Psychiatrische, psychosomatische sowie kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung sollte an allen Krankenhäusern der Level In bis III(U) verfügbar sein.
  •  Level- Ii-Krankenhäuser sollten mit entsprechenden Kliniken oder Abteilungen kooperieren, insbesondere auf dem Gebiet der geronto-psychiatrischen Versorgung.
  •  Aufgrund großer regionaler Unterschiede soll die Kinder- und Jugendpsychiatrie vor allem in unterversorgten Regionen ausgebaut werden und dort auch die ambulante Versorgung sicherstellen, wenn die Lücke nicht durch niedergelassene Ärzte geschlossen werden kann.
  • Um für Heranwachsende einen reibungslosen Übergang von der kinder- und jugend- in die erwachsenenpsychiatrische Versorgung sicherzustellen, ist eine enge Kooperation beider Disziplinen vorzusehen. Auch eine engere Verzahnung somatischer und psychiatrischer Versorgungsangebote wird für den Bereich der Kinder- und Jugendmedizin gefordert.
  •  Die Vorgaben für eine ausreichende Personalausstattung zur Behandlung psychischer Erkrankungen sind im Vergleich zur Somatik sehr dokumentationsaufwendig und sanktionsbewehrt, weshalb sie an das Niveau für den Nachweis der Pflegepersonaluntergrenzen in der somatischen Medizin angepasst werden sollen.
  •  Die Krankenhausbehandlung psychischer Erkrankungen soll flexibler bezüglich des Settings durchgeführt werden können, das heißt, psychiatrische Betten sollen grundsätzlich auch tagesklinisch genutzt und die getrennten Abrechnungswege perspektivisch überwunden werden.
  •  Für die in der Psychiatrie vielfach positiv erprobten Modellvorhaben einer Quartalspauschale (§ 64b SGB V) soll es zukünftig unter bestimmten Umständen für alle Krankenkassen eine Pflicht zum Vertragsabschluss gegeben (Kontrahierungszwang). Ein bundesweites Rahmenkonzept für die Budgetfindung und Abfinanzierung soll jahrelange regionale Einzelverhandlungen vermeiden. Zukünftig soll auch die KV-Seite als Vertragspartner einbezogen werden.
  •  Die Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen wurde bereits 2018 mit dem auf Tagesvergütungssätzen basierenden System (PEPP) reformiert. In diesem System sind auch die Vorhaltekosten enthalten, weshalb diese Form der Vergütung beibehalten und ihre Auswirkungen beobachtet werden sollten.

Die Empfehlungen im Wortlaut finden Sie unter: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/krankenhaus/regierungskommission-krankenhausversorgung.html

Quelle: Bundesgesundheitsministerium