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Praxis

Das Erbschaftsteuerrecht sieht bei Schenkungen von privatem Vermögen an Kinder Freibeträge von 400.000 € pro Elternteil vor. Diese Beträge kommen schnell zusammen – selbst bei mehreren Kindern, wenn zum Beispiel eine hochwertige Immobilie im Bestand ist. Wenn Praxisinhaber ihr Lebenswerk ihren Kindern übertragen, gelten besonders günstige Regeln – deutlich höhere Werte können steuerfrei auf die nächste Generation übergehen.

Praxisübergaben innerhalb der Familie bleiben steuerfrei

„Das muss aber gut vorbereitet sein. Denn der Übernehmer wird vermutlich eine eigene Kassenzulassung haben wollen, was sich nicht von heute auf morgen realisieren lässt“, erklärt Mathias Becker, Fachanwalt für Erbrecht und Partner der Kanzlei Theopark in Nürnberg. Der Experte empfiehlt, die Nachfolge von langer Hand zu planen – über mehrere Jahre.

Das hat auch steuerliche Gründe. Nachfolgen innerhalb der Familie bleiben in der Regel steuerfrei, wenn der neue Chef oder die neue Chefin bestimmte Regeln einhalten. „Da gibt es keine großen Spielräume. Wenn der Nachfolger die Vorgaben nicht beachtet, fallen im Nachhinein Steuern an“, erklärt Steuerberater Michael Krumwiede, Partner der Kanzlei Theopark. Die wichtigsten Einzelheiten dazu im Schnell-Überblick:

In der Regel bleiben 85 Prozent des übertragenen Wertes vom Zugriff des Fiskus komplett verschont, wobei noch ein abschmelzender Freibetrag von 150.000 € hinzukommt. Das gilt unter der Bedingung, dass vier Voraussetzungen erfüllt werden.

Bedingungen für die Praxisübernahme innerhalb der Familie

1. Die Praxis darf nicht zu viel Verwaltungsvermögen halten. Dazu zählen nicht notwendige Finanzmittel oder von der Praxis nicht selbst genutzte Immobilien, Aktien und Beteiligungen oder Kunstgegenstände. „Das Finanzamt rechnet hier nach einem recht komplizierten Verfahren. Wie viel Verwaltungsvermögen genau steuerfrei übertragen werden kann, entscheidet der Einzelfall“, so Krumwiede. Als grobe Faustformel können sich Praxisinhaber an einem Wert von 10 Prozent des gesamten Vermögens der Praxis orientieren. „Wenn das Verwaltungsvermögen zu hoch ist, können Ärzte zum Beispiel eine vermietete Immobilie in ihr Privatvermögen transferieren. Diese wird dann nicht mit verschenkt“, erklärt Krumwiede.

2. Der Junior muss die Praxis mindestens fünf Jahre lang weiterführen. Der Nachfolger darf während dieser Zeit kein Vermögen der Praxis verkaufen. Es sei denn, er reinvestiert direkt den Erlös. Beispiel: Der neue Praxisinhaber will modernisieren, er veräußert das alte Röntgengerät und ersetzt es durch ein neues.

3. Der Übernehmer darf während dieser Zeit auch nicht zu viel entnehmen. Das Finanzamt setzt klare Grenzen. Maximal darf der Übernehmer in dieser Zeit Entnahmen in Höhe seiner ihm zustehenden Gewinne plus 150.000 € tätigen.

4. Der Nachfolger darf keine Mitarbeiter entlassen. Die Summe der Löhne innerhalb der fünf Jahre muss zwischen 250 und 400 Prozent der Lohnsumme bei Übernahme ausmachen. Das betrifft jene Praxen, die mehr als fünf Mitarbeitende haben. Bei bis zu zehn Beschäftigten muss die durchschnittlich gezahlte Lohnsumme mindestens 250 Prozent betragen, bei 11 bis 15 Arbeitnehmern mindestens 300 Prozent und ab 16 Mitarbeitern sind es mindestens 400 Prozent.

Diese Regeln beziehen sich auf die sogenannte Regelverschonung, bei welcher der Fiskus 85 Prozent des übertragenen Wertes nicht antastet.

Es gibt noch die Optionsverschonung, bei der die gesamte Übertragung komplett steuerfrei bleibt. Voraussetzung für die Optionsverschonung ist, dass bei 6 bis 10 Mitarbeitenden mindestens 500 Prozent der Lohnsumme erhalten bleibt und die Praxis insgesamt sieben Jahre weitergeführt wird. Ab 16 Mitarbeitern sind es dann 700 Prozent der Lohnsumme. Zudem darf das Verwaltungsvermögen nicht mehr als 20 Prozent im Verhältnis zum Verkehrswert der Praxis betragen.

Noch ein Tipp zum Abschluss: „Wir raten Ärzten in jedem Fall dazu, vor der Nachfolge ein professionelles Wertgutachten erstellen zu lassen“, so Experte Becker. Das Finanzamt setzt den Wert einer Praxis in der Regel eher hoch an. „Bestätigt das Gutachten einen niedrigeren Wert, akzeptieren die Beamten diesen normalerweise“, so Krumwiede.