Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxisführung

Die nächste Anwendung der Telematikinfrastruktur (TI) ist prinzipiell eine gute Sache. In zwei Feldtests wurde der „Dienst für Kommunikation im Medizinwesen” (KIM) gerade von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten getestet. Wie ARZT & WIRTSCHAFT exklusiv aus den Ergebnissen der Feldtests erfuhr, waren die Kollegen davon sehr angetan.

KIM funktioniert ähnlich wie ein E-Mail-Programm. Praxisinhaber können darüber digitale Dokumente und Nachrichten mit Kollegen, Kliniken, Apotheken, KVen und anderen medizinische Einrichtungen verschlüsselt austauschen. Der Vorteil: KIM ist an das Praxisverwaltungssystem angeschlossen. Alle Dokumente können direkt daraus versendet und empfangen werden. Das spart Zeit und senkt die Fehlerquote.

Praxisinhabern droht ein Riesenproblem

Allerdings ist nicht alles rosa was KIM betrifft. Im Kontext des Rollouts droht Niedergelassenen ein Riesenproblem! Denn alle Vertragsärztinnen und -ärzte sind ab 1. Januar 2021 gesetzlich dazu verpflichtet, diesen Kommunikationsdienst zu verwenden. Allen, die sich verweigern, droht ein Prozent Honorarabzug. Aber nicht nur das. Auf TI-Ablehner kommt ab Januar 2021 noch eine andere Problematik zu. Denn ab da ist Praxisinhabern vorgeschrieben, die AU-Bescheinigungen ihrer Patienten elektronisch an die Krankenkassen zu senden. Dieser Vorgang darf nur über KIM laufen. Das heißt: Ohne KIM können keine AU ausgestellt werden!

Nötige Technik steht bis Januar gar nicht flächendeckend zur Verfügung

Aber nicht nur TI-Verweigerer werden ein Problem haben. Damit KIM funktioniert, muss auf den bisherigen TI-Konnektor ein Update aufgespielt werden, damit aus ihm ein sogenannter E-Health-Konnektor wird. Bisher gibt es allerdings erst einen Anbieter, der von der gematik die Zertifizierung dafür erhalten hat. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) lief daher Sturm. „Viele Ärzte können ab Januar keine Krankschreibungen mehr ausstellen, weil die nötige Technik nicht bereitsteht“, betonte KBV-Vize-Chef Dr. Stephan Hofmeister.

Übergangsregelung schafft erstmal etwas Luft

Immerhin lenkte jetzt das Bundesgesundheitsministerium ein. Es stimmte der Forderung der KBV zu, dass es eine Übergangsregelung geben muss. Daher gewährte es nun eine Fristverlängerung für alle niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Sie müssen nicht mehr ab dem 1. Januar 2021 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen über KIM elektronisch an die Krankenkassen übermitteln, sondern erst ab dem 1. Oktober 2021. Der GKV-Spitzenverband muss diese Fristverlängerung allerdings noch absegnen. „Nach dem positiven Votum des Ministeriums erwarten wir von den Krankenkassen, dass sie zügig einer solchen Regelung zustimmen“, sagte der KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Andreas Gassen.

Eine Einschränkung gab das Bundesgesundheitsministerium allerdings noch vor: Unabhängig von der Fristverlängerung muss jeder Arzt KIM ab dem Zeitpunkt nutzen, sobald die technischen Voraussetzungen in seiner Praxis geschaffen wurden. Diese Verpflichtung soll durch eine Anpassung des Bundesmantelvertrages-Ärzte geregelt werden.