Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxisführung

Personalführung ist eine anspruchsvolle Herausforderung, besonders im oft hektischen Praxisalltag. Eine aktive und motivierende Mitarbeiterführung steht da nicht immer im Fokus. Trotzdem ist sie die Voraussetzung dafür, dass der Praxis- und Klinikalltag reibungslos funktioniert. Doch was heißt überhaupt gut führen? Und wie sollte eine Führungspersönlichkeit gestrickt sein, damit sie erfolgreich das Team in Praxis oder Klinik lenken kann?

Eine Mitarbeiterin muss mehr motiviert, eine andere mehr gefordert werden

Grundsätzlich kann man sagen: Das eine allgemeingültige Idealbild, an dem man sich in Sachen Führung orientieren könnte, gibt es nicht. Zu unterschiedlich sind die Menschen, die Führungsverantwortung tragen, sowie die Situationen, in denen sie Führungsstärke beweisen müssen. Und zu verschieden sind auch die Persönlichkeiten und Fähigkeiten der Mitarbeiter. Führung funktioniert daher nicht nach „Schema F“. Jeder Menschentyp erfordert vom Praxischef ein differenziertes, der Person sowie der Situation angepasstes Führungshandeln. So muss eine MFA mehr motiviert, eine andere gebremst, eine dritte durch Verantwortung gefordert werden. Dies setzt Hinwendung zum Gegenüber, Einfühlungsvermögen, Aufmerksamkeit und Wertschätzung voraus.

Den eigenen Führungsstil immer wieder reflektieren

Empfehlung: Legen Sie sich auf ein individuelles Führungskonzept fest. Überlegen Sie, wen Sie in Ihrem Team auf welche Weise führen und wem Sie welche Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten einräumen möchten. Eine kleine Hilfestellung kann Ihnen der „Selbst-Check: Wie führen Sie?“ geben (siehe Kasten).

Prinzipiell ist Praxiserfolg das Resultat guter Teamarbeit. Und für gute Teamarbeit braucht es gute Teamführung. Jeder Verantwortliche sollte deshalb seinen Führungsstil immer wieder reflektieren und gezielt an seinem persönlichen Führungsverhalten arbeiten.
Gehen Sie das Thema „mein persönlicher Führungsstil“ am besten systematisch an. Beantworten Sie hierzu schriftlich die folgenden vier Fragenkomplexe:

1. Analysieren Sie Ihre Persönlichkeit:

Kennen Sie Ihre Stärken und Begabungen, aber auch Ihre Schwächen und wunden Punkte? Haben Sie klare Vorstellungen davon, was Sie im Leben erreichen wollen? Und gehen Sie entsprechend zielstrebig vor? Schreiben Sie auf, was Sie besonders gut und gern machen, in welchen Situationen Sie sich besonders sicher und gut fühlen. Beschreiben Sie ebenso, was Sie nur ungern und auch nicht so erfolgreich tun, wann Sie sich unwohl fühlen.

2. Analysieren Sie Ihre Führungssituation:

Sind Sie mit Ihrer Führungsrolle im Bereich Ihrer Stärken und Begabungen aktiv? Können Sie diese wirksam zur Geltung bringen? Wie äußert sich das? In welchen Führungssituationen fühlen Sie sich unsicher und unwohl, wo haben Sie Probleme? Was fehlt Ihnen, um noch souveräner führen zu können? Was könnten/sollten Sie anders organisieren? Wie könnten Sie sich für Ihre Führungsaufgabe so (weiter) qualifizieren, dass Sie diese künftig mit noch mehr Freude und noch besseren Ergebnissen erledigen können? Welche Aufgaben können/sollten Sie an wen delegieren?

3. Analysieren Sie Ihr Führungsverhalten:

Haben Sie klare Ziele für Ihre Praxis? Können Sie Ihr Team für diese Ziele begeistern? Sind Ihre Entscheidungen und Handlungen berechenbar oder eher von Ihren Launen abhängig? Sind Sie Ihren Mitarbeitern gegenüber sachlich und gerecht oder lassen Sie sich bei Ihren Reaktionen schon mal von Emotionen leiten? Bleiben Sie auch in schwierigen Situationen Herr der Lage? Können Sie bei Meinungsverschiedenheiten vermitteln? Dürfen Ihre Mitarbeiter Entscheidungen in ihrem Bereich weitgehend selbstständig treffen?

4. Entwickeln Sie Ihre persönliche Führungsstrategie:

Die Analyse Ihrer Persönlichkeit und Ihres bisherigen Führungsverhaltens führt Sie zu einer realistischen Selbsteinschätzung als Basis für Veränderungen. Reflektieren Sie Ihre Antworten zu den drei Fragenkomplexen. Bringen Sie Ihre Erkenntnisse auf den Punkt. Planen Sie auf dieser Grundlage (ebenfalls schriftlich) Ihre neue persönliche Führungsstrategie – und versuchen Sie dann, diese nach und nach in Ihrem Praxisalltag umzusetzen.

Wenn Sie sich entschieden haben, bewusster und vielleicht etwas anders zu führen: Überstürzen Sie nichts. Mit einem konzeptlosen Ausprobieren verschiedener Führungsstile und -methoden verunsichern Sie nur Ihr Praxisteam. Gehen Sie es deshalb am besten systematisch an. Und vor allem wohldosiert. Nehmen Sie sensibel wahr, was Sie mit Ihrem neuen Führungsverhalten bewirken. Fragen Sie Ihre Beschäftigten ruhig offen danach, wie sie es empfinden. Und optimieren Sie so Schritt für Schritt Ihre Führungs-Performance: individuell, typgerecht, situationsbezogen und dadurch wertschätzend und motivierend.

Checkliste: Wie führen Sie?

Motivierende Führung zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass die Geführten zielgerichtet eingesetzt werden. Und dass sie Entfaltungsräume für ihre Begabungsstärken haben, in ihrer Arbeit Sinn und Wertschätzung erfahren und auch selbstständig und eigenverantwortlich agieren dürfen. Mal ehrlich: Wie halten Sie es in Ihrem Team?

  • Trauen Sie Ihren Teammitgliedern (sehr) gute Leistungen zu?
  • Definieren Sie klar berufliche Aufgaben und Kompetenzen?
  • Vereinbaren Sie individuell herausfordernde, messbare Ziele?
  • Lassen Sie die Mitarbeiter in ihre Aufgabe hineinwachsen
  • Übertragen Sie ihnen Verantwortung und Kompetenzen?
  • Lassen Sie sie in geeigneten Projektgruppen mitwirken?
  • Leiten Sie Ihre Teammitglieder zur Selbstständigkeit an?
  • Ermuntern Sie sie, eigene Entscheidungen zu treffen?
  • Beziehen Sie sie in die Jahresplanung für die Praxis ein?
  • Pflegen Sie einen typ- und situationsgerechten Führungsstil?
  • Motivieren Sie mit Lob und wertschätzender Anerkennung?
  • Erlauben Sie Mitarbeitern, auch einmal Fehler zu machen?
  • Fördern Sie sie mit konstruktiver, unterstützender Kritik
  • Ermöglichen Sie Fortbildung und Weiterentwicklung?
  • Setzen Sie auf offene, dialogorientierte Kommunikation?
  • Führen und überzeugen Sie durch Ihr (gutes!) Vorbild?

Überwiegen bei Ihnen die „Ja“-Antworten? Das spricht dafür, dass Sie menschenorientiert und motivierend führen. Überlegen Sie, wie Sie es eventuell noch besser machen könnten. Etwa: Bei welchen „Nein“-Antworten könnten und wollen Sie ansetzen? Was werden Sie konkret tun?

Viele „Nein“-Antworten sollten Sie zum Anlass nehmen, Ihr Führungsverhalten zu reflektieren: Welche Ursachen haben die „Neins“? Warum führen Sie so, wie Sie führen? Wo erkennen Sie Optimierungsmöglichkeiten, wo einen Handlungsbedarf? In welchen Punkten wollen Sie Ihren Führungsstil verändern, möglicherweise verbessern? Wie könnten Sie es angehen? Und was werden Sie konkret tun?

Autor: Christoph Beck