Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxisführung

Immer mehr Menschen wünschen sich, von ihren Ärzten stärker in die Entscheidungsprozesse der Behandlung eingebunden zu werden. Das ist in Anbetracht der durchschnittlich eher geringen Gesundheitskompetenz vieler Patienten nicht immer ganz einfach. Dennoch kann eine Kommunikation, die diesen Ansatz verfolgt, die Behandlungsergebnisse vorteilhaft beeinflussen. Gleichzeitig kann eine schwierige oder nicht gelungene Verständigung massiven Stress bei allen Beteiligten auslösen. Wie eine neue Untersuchung der Arzt-Patienten-Kommunikation zeigt, können solche Probleme oftmals aber schon durch eine Vereinfachung der Sprache verhindert werden.

„Wir haben in einem mehrstufigen Untersuchungssetting die Auswirkungen eines einfachen Austausches von Begriffen vorgenommen“, erläutert Prof. Dr. Peter Borusiak von der Universität Witten/Herdecke (UW/H), der neben Yuliya Mazheika (Wagener-Stiftung für Sozialpädiatrie), Prof. Dr. Olivier Berthod (Jacobs-University Bremen) sowie Prof. Dr. Jana Möller und Dr. Carolin Auschra (Freie Universität Berlin) an dem Kooperationsprojekt beteiligt war.

Was Ärzte sagen und was Patienten verstehen

Im Fokus der Untersuchung standen die Wertungen „positiv“ und „negativ“, die im medizinischen Kontext sehr unterschiedlich benutzt werden und teilweise anders gemeint sind als umgangssprachlich im Alltag. „Ein positiver HIV- oder Corona-Test ist beispielsweise für die Betroffenen meist alles andere als positiv im umgangssprachlichen Sinn“, erläutert Prof. Borusiak. „Und ob ein positiver Schwangerschaftstest seitens der werdenden Mutter tatsächlich positiv eingeordnet wird, vermag nur sie selber anhand ihrer persönlichen Situation einzuschätzen. Viele Befunde im medizinischen Kontext werden mit diesen Begriffen vermittelt, zum Beispiel auch Atemteste bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten etc. Die Interpretation für den Patienten ist oft schwierig.“

Deshalb passten die Forscherinnen und Forscher die Begriffe im Rahmen der Studie bei den 1.131 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die die Bevölkerung Deutschlands im Hinblick auf Alter, Geschlecht und Bildungsstand repräsentieren, an. Das Ergebnis: Eine geringfügige Änderung in der Kommunikation (Ersetzung von „positiv“ und „negativ“ durch „auffällig“ bzw. „unauffällig“) erhöht bei bestimmten Gruppen den Grad der Verständlichkeit erheblich. „In erster Linie profitieren hierbei Menschen ohne Schulabschluss und mit einem eher niedrigen Bildungsgrad – eine Bevölkerungsgruppe, die ohnehin im medizinischen System benachteiligt ist“, so Prof. Borusiak. „Die Wahrscheinlichkeit für eine korrekte Zuordnung von Befunden stieg insbesondere in bildungsferneren Gruppen. Es hat sich also gezeigt, dass eine Verbesserung der Kommunikation schon durch einfache Maßnahmen bei entsprechender Sensibilisierung erreicht werden kann.“

Wording beim Patientengespräch wichtiger als bisher angenommen

Ein wichtiger Aspekt der Arzt-Patienten-Kommunikation ist hauptsächlich die Übermittlung von Befundergebnissen (zum Beispiel von Laborbefunden, Atemtests). Während es einige Studien gibt, die sich mit der geeignetsten Form der Übermittlung von numerischen Wahrscheinlichkeiten bzw. statistischen Risiken befassen, blieb bisher unklar, wie sich das Wording von Befundergebnissen (etwa positiv vs. auffällig) auf das Verständnis durch Patienten auswirkt. Ferner ist auch bekannt, dass die Darstellung beispielsweise des Risikos von Medikamentennebenwirkungen das Einnahmeverhalten von Patientinnen und Patienten beeinflusst. Somit könnte auch das Wording bei der Übermittlung von Befundergebnissen einen wichtigen Einfluss auf das damit verbundene Verhalten von Patienten haben.

Interessierte Ärzte können die komplette Studie hier nachlesen:
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S186592172030101X