Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxiskauf

Beim Verkauf einer Praxis besteht beim Arzt ein erheblicher Beratungsbedarf: Es geht nicht nur um betriebswirtschaftliche Analysen, sondern auch um steuerliche Fragen. Selbst berechnen können Praxischefs diese materiellen und immateriellen Werte meistens nicht. Hier empfiehlt es sich unbedingt einen Sachverständigen hinzuziehen, der sich innerhalb einer jeden Fachrichtung auskennt. Denn der Unternehmenswert setzt sich aus immateriellem Firmenwert („Goodwill“), als auch dem Zeitwert der Unternehmenssubstanz zusammen. Und hier liegt der Knackpunkt, weil bei einer Praxisbewertung die Praxissubstanz extra bewertet werden sollte. Beim modifizierten Ertragswertverfahren werden meistens nur zwei bis fünf Jahre Nutzungsdauer vorausgesetzt. In der Regel bewerten Experten die Nutzungsdauer des Inventars aber weit höher. Der Zeitwert, den die Einrichtung nach Ablauf der Kapitalisierungsphase hat, ist deshalb zusätzlich zum Ertragswert zu bezahlen.

Afa-Tabellen spielen keine Rolle

Eine besondere Rolle spielt bei einer Bewertung unter Fortführungsgesichtspunkten daher der Nutzen, den der Käufer aus der Einrichtung während der verbleibenden betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer ziehen kann. Daher sollte jeder Gegenstand des Sachvermögens einer gesonderten Bewertung unterzogen werden. Selbst der Bundesgerichtshof stellte fest, dass die steuerlichen AfA-Tabellen bei der Unternehmensbewertung erkennbar nicht auf Erfahrungswissen beruhen und damit unzutreffend sind (Az.: XII ZR 19/01). Die AfA-Tabellen enthielten keine Angaben speziell für medizintechnische Geräte, so der BGH. Statt steuerlicher Abschreibungen sind für eine realistische Bewertung Abschreibungen auf der Basis der tatsächlichen wirtschaftlichen Nutzungsdauer jedes einzelnen Gerätes zugrunde zu legen. In die Substanz-Bewertung müssen Zu- oder Abschläge für den Pflege-Zustand jedes Gegenstandes, seinen technischen Stand sowie die Veränderungen des Wiederbeschaffungsneupreises fließen.

Betriebsdauer zählt

Für die Bewertung von freiberuflichen Praxen erscheinen marktgerechte Multiplikatoren insbesondere wegen des sich rasch verflüchtigenden immateriellen Werts deshalb geeignet.

Doch für die fachgerechte Ausführung der Bewertung benötig der Verkäufer einen Spezialisten mit branchenspezifischen Kenntnissen. Nur er wendet die genauen Parameter der Medizin-Technik zur exakten Ermittlung des zusätzlichen Zeitwerts an.

Wer darauf verzichtet, verliert unter Umständen eine Menge Geld beim Verkauf. Verzichten können auf die exakte Taxierung des zusätzlichen Zeitwerts lediglich kleinere Praxen mit geringer medizintechnischer Ausstattung. Hier bietet sich eine Bewertung des Anlagevermögens auf Basis der steuerlichen AfA-Liste an.