Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxiskauf

Ob im Vorfeld einer Praxisübergabe, beim Einstieg eines neuen Partners oder im Rahmen einer Ehescheidung: Es gibt zahlreiche Konstellationen, in denen der Wert einer Praxis detailliert zu ermitteln ist. Kein einfaches Unterfangen für den betroffenen Arzt. Denn der Substanzwert, also der Preis, der sich beim Verkauf der Immobilie, der Einrichtung und der Geräte erzielen ließ, ist nur eine Komponente der Praxiswertermittlung. Wesentlich ist auch der immaterielle Wert, der sogenannte Goodwill.

Umsatz ist nur ein Aspekt des Praxiswertes

Seine Bedeutung ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen, inzwischen macht er im Durchschnitt etwa zwei Drittel des gezahlten Übernahmeentgelts aus. Bei der Ermittlung des Wertes spielt der Umsatz heute also oft nur noch eine Nebenrolle. Der Verkäufer wirft auch noch seine Patienten, deren Bewertung und den günstigen Standort der Praxis in die Waagschale. Anders als bei einem „normalen“ Unternehmen, zählen bei der Arztpraxis bzw. der Zahnarztpraxis eben nicht nur die materiellen Werte.

Um Streit über den individuellen Praxiswert zu vermeiden, ist es daher wichtig, möglichst klare, objektive Kriterien festzulegen und auch zu klären, welche Aspekte wertsteigernd wirken und welche nicht. Sie fließen in die Berechnung mit ein.

Hohes Konfliktpotenzial bei der Praxisbewertung

Die erste wichtige Unterscheidung ist die zwischen persönlichen und dem übertragbaren Goodwill (auch Corporate Goodwill genannt). Während ersterer seinen Ursprung in bestimmten Spezialkenntnissen und Fähigkeiten des Arztes und aktuellen Praxisinhabers hat. Diese steigern zwar durchaus den Umsatz der Praxis, können aber nicht werterhöhend bei der Ermittlung des Kaufpreises eingebucht werden. Im Gegenteil: Nur der übertragbare Goodwill hat auch für den Nachfolger einen greifbaren Wert. Dazu gehört unter anderem der Standort der Arzt- bzw. Zahnarztpraxis, die Arztdichte im Einzugsbereich, die Patientenstruktur und der modifizierte Umsatz.

Praxiswertermittlung ohne Beratung kompliziert

Die genaue Wertermittlung der Praxis erweist sich im Einzelfall aber meist als ausgesprochen kompliziert. Selbst Gutachter streiten darüber, welche Methode der Praxisbewertung die richtige ist. Tatsächlich ist die Zahl der Formeln und Varianten, mit der Experten den Goodwill im Rahmen der Praxiswertermittlung zu berechnen versuchen, recht vielfältig. Entsprechend weit driften da häufig die Ergebnisse der Gutachter auseinander.

Folgende Methoden kommen bevorzugt zum Einsatz:

  • Die sogenannte Bundesärztekammermethode ermittelt den Goodwill (vereinfacht ausgedrückt) durch Abzug eines kalkulatorischen Arztlohnes vom durchschnittlichen Jahresumsatz. Ein Drittel des verbleibenden Wertes ergibt nach dieser Formel den immateriellen Praxiswert.
  • Ein anderes Verfahren lässt den Arztlohn beim Praxiswert völlig außer Betracht. Stattdessen stellt man auf den durchschnittlichen Jahresbruttoumsatz des Unternehmens in den vergangenen drei Jahre ab, addiert die Beträge und teilt die Gesamtsumme dann durch drei, um den Goodwill zu ermitteln.
  • Wieder andere ziehen vom Bruttoumsatz die Praxisausgaben ab. Der Goodwill beträgt dann die Hälfte des ermittelten durchschnittlichen Jahresgewinns. Der ideelle orientiert sich also am materiellen Praxiswert.

Welche Methode zur Praxisbewertung wirklich die richtige ist, lässt sich nicht pauschal sagen. Entsprechend heißt es in der Richtlinie der Bundesärztekammer zur Bewertung von Arztpraxen: „Die Entscheidungsmerkmale können auf den Einzelfall nicht schematisch angewandt werden, da die Verhältnisse jeder Arztpraxis unterschiedlich und individuell zu beurteilen sind.“ Das macht es für Praxisinhaber allerdings auch schwierig, einen realistischen Preis bei der Praxisabgabe zu fordern.

Käufer will Gewinne, die bleiben

Die Höhe des Goodwills beeinflussen u.a. Umsatz und Ertrag, Doch auch der Faktor Mensch darf nicht unterschätzt werden: Alter und Ruf der Praxis, ihr Standort, die Qualifikation des Personals und die Patientenkartei. Im Wesentlichen macht es den Goodwill aber aus, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Patienten nach der Übertragung auf den Nachfolger wegen der vom Vorgänger geschaffenen Bindung weiterhin in die Praxis kommen.

Ein Gutachten kann beim Praxisverkauf eine lohnende Investition sein: Der Käufer kann sich bei der Berechnung auf ein unabhängiges Urteil verlassen. Auch für den Praxisinhaber ist ein Gutachten hilfreich, um den geforderten Preis durchzusetzen.