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Politik

Im Mittelpunkt der Untersuchung stand die Frage, inwieweit sich Unterschiede im Leistungs- und Versorgungsgeschehen zwischen MVZ und anderen Praxisformen feststellen lassen. Dass die Analyse in Bayern durchgeführt wurde, ist kein Zufall: Hier werden seit Jahren starke Zuwächse bei Praxis-Käufen durch Investoren verzeichnet.

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie

Wie groß das Volumen der Aufkäufe ist, dürfte die meisten Beobachter aber dennoch überraschen. So hat sich die Zahl der Arztpraxisstandorte, die sich im Eigentum von Private-Equity-Gesellschaften befinden, innerhalb von 2 Jahren um+72 % erhöht. Im vierten Quartal 2019 waren fast 10 % aller MVZ in Bayern bereits in Investorenhand.

Bestätigt wurde auch, dass von MVZ höhere Honorarvolumina abgerechnet werden als in anderen Praxen. Das morbiditätsadjustierte Honorarvolumen fiel im Durchschnitt um 5,7 % höher aus als in Einzelpraxen. Bei MVZ im Eigentum von Finanzinvestoren waren es sogar 10,4 %. Verzeichnet wurden die erhöhten Honorarvolumina vor allem bei Fachinternisten (+10,5 %) und in der Augenheilkunde (+15,8 %) und Gynäkologie (+16,6 %).

Deutlich höhere Honorarvolumina bei MVZ mit Investoren

Bei den Behandlungskosten rechneten MVZ im Durchschnitt 1,9 % mehr ab als Einzelpraxen. MVZ im Eigentum von Finanzinvestoren liegen mit + 8,3 % noch deutlich darüber.

Ebenfalls wurde untersucht, inwieweit die Tätigkeit mehrerer Fachrichtungen in einem MVZ die Erbringung von Leistungen durch mitversorgende Ärzte fördert. Die Ergebnisse zeigen, dass bei der hausärztlichen Versorgung in MVZ +19,1 % mehr Mitversorgungsleistungen abgerechnet werden als in Einzelpraxen. Mehr als 60 % der zusätzlichen Leistungen entfallen auf Fachärzte, die im gleichen MVZ tätig sind.

Das Fazit der IGES-Analyse: „Das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel, den Zugang von Finanzinvestoren in die ambulante vertragsärztliche Versorgung wirksam zu begrenzen, wird klar verfehlt.“ Die Ergebnisse der Studie würden belegen, dass eine Versorgung in MVZ, insbesondere in MVZ im Eigentum von Finanzinvestoren, höhere Honorarumsätze nach sich zieht. Dies würde die These einer stärkeren Ausrichtung dieser Einrichtungen an ökonomischen Motiven stützen.

„Gesundheit darf kein Spekulationsobjekt sein”

Dazu erklären die Vorstände der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, Dr. Wolfgang Krombholz, Dr. Pedro Schmelz und Dr. Claudia Ritter-Rupp, einer Stellungnahme: „Die Politik kann nicht länger tatenlos zusehen, wie der Einfluss von Kapitalinvestoren auf unser solidarisches Gesundheitswesen permanent wächst. Die Gesundheit der Menschen darf nicht zum Spekulationsobjekt werden.“

Wichtig sei es deshalb, dass klare Vorgaben in Bezug auf Transparenz der Gesellschafterstruktur, Zulassung und Gestaltung solcher iMVZ vom Gesetzgeber gemacht werden. Das Ziel müsse sein, eine marktbeherrschende Stellung von iMVZ zu verhindern: „Seit vielen Jahren warnen die Ärztinnen und Ärzte sowie deren Standesorganisationen vor einer solchen Entwicklung. Passiert ist bislang allerdings viel zu wenig. Das muss sich jetzt ändern, weil konkrete Zahlen auf dem Tisch liegen.“

Die Entwicklung der MVZ und die Übernahme durch Investoren

Medizinische Versorgungszentren (MVZ) kamen unter der damaligen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) erstmals in die ambulante Versorgung und haben seither deutlich an Bedeutung gegenüber Einzel- und Gemeinschaftspraxen gewonnen. Während MVZ aus Sicht des Vorstands der KVB in vielen Bereichen eine sinnvolle Ergänzung des Versorgungsgeschehens darstellen, seien die iMVZ, die von oftmals anonymen Kapitalgebern im Hintergrund finanziert werden, eine Gefahr für das Gesundheitswesen in der jetzigen Form.

*Die komplette Versorgungsanalyse kann online in ausführlicher Form hier heruntergeladen werden. Die Datengrundlage der Analysen besteht aus anonymisierten Abrechnungsdaten der KV Bayerns von ca. 178 Mio. ambulanten Behandlungsfällen von knapp 12 Mio. Patienten aus dem Zeitraum Q1 2018 bis Q4 2019. Die Versorgungsanalyse* wurde durch das renommierte IGES Institut in Berlin durchgeführt.