Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxis

Insgesamt 800 Heilberuflerinnen und Heilberufler aus den Bereichen Humanmedizin, Zahnmedizin und Pharmazie – davon 400 Angestellte und 400 Selbstständige –hat die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (apoBank) für ihre Studie „Niederlassen oder lieber lassen?“ befragt.

Pro Niederlassung: Gestaltungsfreiheit, Flexibilität und gutes Einkommen

Auf die Frage, welche Kriterien bei der Entscheidung für die Niederlassung wichtig waren, nannten 80 % der befragten Selbstständigen die vielen Gestaltungsmöglichkeiten, 79 % die Chancen zur Selbstverwirklichung und 78 % die therapeutische Selbstbestimmung. Doch auch die Aussichten auf ein gutes Einkommen (74 %) und flexible Arbeitszeitgestaltung (72 %) haben ihren Entschluss beeinflusst. Ein enges Verhältnis zum Patienten beziehungsweise Kunden war für 68 % ebenfalls ausschlaggebend.

Ein Blick in die einzelnen Heilberufsgruppen zeigt, dass gerade für Ärzte die Selbstständigkeit eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben bietet (74 %). Für die Zahnärzte ist es die Nutzung moderner Technologien (71 %), während für die Apotheker das breite Aufgabenspektrum in der eigenen Offizin ein Anreiz war (71 %).

Was aus Sicht der Niedergelassenen gegen die Festanstellung spricht

Im Umkehrschluss sprechen gegen die Anstellung aus Sicht der Selbstständigen vor allem Weisungsgebundenheit, geringere Vergütung, vorgeschriebene Arbeitszeiten und hierarchische Strukturen. Für Ärzte ist es noch zusätzlich die Arbeit im Schichtdienst, die sie letztlich auch in der Entscheidung gegen die Tätigkeit im Krankenhaus bestärkt hat.

Was die Selbstständigkeit schwierig macht

Nach den Herausforderungen im Gründungsprozess befragt, nannten 47 % der Befragten die „umständliche zeitliche Organisation“. Gut ein Drittel empfand die Suche nach einer geeigneten Praxis bzw. Apotheke als mühsam. Die Finanzierung der Gründung zählte ein Viertel der befragten Selbstständigen zu den herausfordernden Aufgaben. Die Betrachtung einzelner Heilberufsgruppen zeigt, dass 53 Prozent der Fachärztinnen und -ärzte vor allem das Erlangen der Kassenzulassung Schwierigkeiten bereitet hat. Für gut ein Fünftel der selbstständigen Humanmediziner war die Auswahl der adäquaten Berufsausübungsform nicht einfach, bei Apothekengründerinnen und -gründern war es eher die Suche nach passenden Kooperationspartnern.

Contra Niederlassung: zu viel Bürokratie, hohe finanzielle Belastung und Workload

Danach gefragt, was sie von der Selbstständigkeit abhält, wurden am häufigsten zu viel Bürokratie (62 %), die hohe finanzielle Belastung (59 %) sowie die hohe Arbeitsbelastung (57 %) genannt. Ebenfalls 57 % sagten, dass eine Niederlassung nicht zu ihrer persönlichen Lebenssituation passt. Jeder Zweite gab außerdem an, dass der Aufwand für die eigene Praxis oder Apotheke einfach zu hoch sei. Bedenken hinsichtlich des Workloads äußern vor allem Apothekerinnen und Apotheker, während Ärztinnen und Zahnärzte vorwiegend die Bürokratie fürchten.

Um sich für die Selbstständigkeit zu entscheiden, müsste es laut der befragten Angestellten eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf (63 Prozent), eine geringere finanzielle Belastung (56 Prozent) sowie den Abbau von regulatorischen Anforderungen (48 Prozent) geben. Doch für ein Fünftel der Apothekenangestellten stellt Selbstständigkeit auch unter veränderten Rahmenbedingungen keine Option dar. Für 35 Prozent der Fachärztinnen und -ärzte würde der Wegfall von Zulassungsbeschränkungen die Niederlassung möglich machen.

Work-Life-Balance – für alle ein besonderes Anliegen

Die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ist grundsätzlich von hoher Relevanz für alle Befragten. Doch ob die gewünschte Work-Life-Balance besser in der Niederlassung oder in der Anstellung zu realisieren ist – da gibt es unterschiedliche Meinungen. Denn für 83 Prozent ist es einerseits das häufigste Kriterium bei der Entscheidung für die Anstellung gewesen, andererseits ist das auch – vor allem für die selbstständige Ärzteschaft – eines der Hauptmotive für die Niederlassung.

Neben der Work-Life-Balance ist die Scheu vor unternehmerischer Verantwortung vor allem bei Humanmedizinern ein häufiger Grund für die Anstellung, das gaben 72 Prozent an. Feste Arbeitszeiten sind mit 81 Prozent den Apothekenangestellten besonders wichtig, mit 78 Prozent schätzen am meisten die Zahnärztinnen und -ärzte den kollegialen Austausch.

Mehrheit mit der Entscheidung zur Niederlassung zufrieden

Die Studie zeigt aber auch, dass der Schritt in die Selbstständigkeit nur selten bereut wird. Demnach würden sich 85 Prozent der Befragten auch heute wieder selbstständig machen. Das sind im Vergleich zu der letzten Erhebung im Jahr 2014 fünf Prozentpunkte weniger. Vor allem Fachärztinnen und -ärzte sind mit ihrer Entscheidung zufrieden: Ganze 93 Prozent würden den Schritt in die Selbstständigkeit wieder tun.