Hass-Rede gegen Frauen als Volksverhetzung: Was das Urteil für den Beruf bedeutet
A&W RedaktionWer Frauen als „Menschen zweiter Klasse“, „minderwertige Menschen“ und „den Tieren näherstehend“ bezeichnet, macht sich laut eines aktuellen Urteils wegen Volksverhetzung strafbar. Die Entscheidung ist unter Juristen jedoch umstritten und wirft auch für das berufliche Miteinander Fragen auf.
„Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, (….) die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“
So steht es in § 130 Abs. 1 StGB, der den Straftatbestand der Volksverhetzung beschreibt.
Zu dieser Norm hat das Oberlandesgericht (OLG) in Köln nun eine viel beachtete Entscheidung getroffen und einen Mann, der sich in extrem herabwürdigender Weise über Frauen geäußert hat, wegen Volksverhetzung verurteilt.
Allgemeiner Antidiskriminierungstatbestand
Der Mann hatte Frauen auf seiner Homepage nicht nur als „unterwertig“ bezeichnet, sondern auch als „den Tieren näherstehend“ als den Menschen. Zudem ließ er verlauten, Frauen seien „Menschen zweiter Klasse“. Damit, so das Gericht, habe er den Tatbestand der Volksverhetzung verwirklicht. Dessen Hauptanwendungsbereich sei zwar nach wie vor die Bestrafung rechtsradikaler Hetze gegen Minderheiten. Allerdings erfasse er auch diskriminierende Äußerungen gegenüber Frauen, sodass sich § 130 StGB im Laufe der Zeit zu einem umfassenden Antidiskriminierungstatbestand entwickelt habe.
Frauen keine “abgrenzbare Gruppe”?
Das Landgericht Bonn hatte das noch anders gesehen. Hier vertrat man die Auffassung, dass § 130 StGB nur hinreichend abgrenzbare Gruppen schützt, die etwa nach politischer oder weltanschaulicher Überzeugung, sozialen oder wirtschaftlichen Verhältnissen, Beruf oder sozialen Funktionen abgrenzbar sein müssten. Einen abstrakten Schutz der Geschlechtszugehörigkeit biete die Norm dagegen nicht.
Die Richter des OLG Köln hingegen betrachten auch Frauen als „Teile der Bevölkerung“ im Sinne des Gesetzes und verstehen § 130 StGB nicht nur als Norm, der Minderheiten schützt, sondern auch die Mehrheit. Unter Juristen sorgt das Urteil daher für lebhafte Diskussionen.
Etwas Anstand schadet nie
Vor allem aber wirft es die Frage auf, welche Äußerungen künftig noch straffrei möglich sein werden. Sollten Männer (und Frauen) künftig besser keine Kritik mehr an echten oder vermeintlichen Schwächen des anderen Geschlechts äußern? Bleiben geschlechterspezifische Witze erlaubt? Oder droht nach einem etwas derberen Spruch gleich ein strafrechtliches Verfahren?
Der Mainzer Rechtsanwalt Karsten Gulden gibt diesbezüglich Entwarnung. Grundsätzlich könne auch weiterhin jeder seine Meinung über Männer und Frauen kundtun. Wichtig ist es aber, einige (selbstverständliche) Regeln zu wahren. „Wer der Auffassung ist, dass Frauen nicht so toll sind wie Männer oder denkt, dass Frauen nicht Auto fahren können (….) wird sich nicht strafbar machen“, so der Jurist in einem Fachbeitrag im Netz. Dennoch ruft er zu einer gewissen Mäßigung auf. „Wer derbe Frauenwitze auf Facebook oder Instagram posten möchte, sollte im Hinterkopf behalten, dass das OLG Köln ein fundamentales Urteil gefällt hat.“ Dies könne sich auch auf Verfahren auswirken, in denen es „nur“ um die Straftatbestände der Beleidigung, Verleumdung oder üble Nachrede geht.