Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Arbeitsrecht

Arztpraxen funktionieren nur als Team gut. Doch selten sind alle Mitglieder gleich stark. Das ist nicht weiter schlimm, denn jeder hat seine Stärken und Schwächen. Fällt jedoch eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter mit den Leistungen deutlich hinter die anderen zurück, belastet dies das gesamte Team. Denn die anderen müssen die Arbeit des leistungsschwachen Kollegen mit erledigen. Das kann auf Dauer nicht gut gehen. Wenn Personalgespräche mit dem betreffenden Mitarbeiter nicht weiterhelfen, müssen Chefs über eine Kündigung nachdenken. Die ist jedoch gar nicht so leicht umzusetzen.

Kündigung ohne besonderen Grund nur im Kleinbetrieb

In kleinen Praxen sind Kündigungen generell leichter möglich. Man spricht von einem sogenannten Kleinbetrieb, wenn regelmäßig zehn oder weniger Mitarbeiter beschäftigt sind. Auszubildende und Geschäftsführer zählen dabei nicht mit. Halbtagskräfte mit 20 Wochenstunden gelten als 0,5 Arbeitnehmer. In diesen kleinen Unternehmen gilt das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nicht, was Kündigungen deutlich erleichtert. Das bedeutet aber nicht, dass Arbeitnehmer völlig schutzlos sind. Die Kündigung darf auch im Kleinbetrieb nicht willkürlich oder aus sachfremden Motiven erfolgen.

Sonderkündigungsschutz für behinderte Mitarbeiter

Der Chef muss beispielsweise den Sonderkündigungsschutz für behinderte Mitarbeiter, Schwangere oder Mitarbeiter in Elternzeit beachten. Eine Kündigung darf auch nicht erfolgen, um den Mitarbeiter zu maßregeln. Die Entlassung darf zudem nicht treuwidrig sein. Das wäre der Fall, wenn der Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung selbst ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme außer Acht gelassen hat. Zwar muss er im Kleinbetrieb keine strenge Sozialauswahl zwischen mehreren Arbeitnehmern treffen, die für eine Kündigung in Betracht kommen. Er darf die sozialen Aspekte wie Unterhaltspflichten, Alter oder Dauer des Arbeitsverhältnisses aber auch nicht völlig unberücksichtigt lassen. Eine Kündigung darf zudem niemals diskriminierend oder sittenwidrig sein.

Da das KSchG in Kleinbetrieben nicht anwendbar ist, bedarf es für eine Kündigung aber keines besonderen Grundes. Daher kann der Praxischef theoretisch jeden Mitarbeiter, den er nicht mehr beschäftigen möchte, kündigen, wenn er die eben genannten Grundregeln beachtet. Viele Praxen, vor allem Gemeinschaftspraxen und MVZ, kommen jedoch durch angestellte Ärzte und zahlreiche MFA über den kritischen Wert. Dann braucht es nach dem KSchG für eine Kündigung einen besonderen Kündigungsgrund: einen betriebsbedingten, verhaltensbedingten oder personenbedingten. Ist Leistungsschwäche ein solcher Grund?

Einer ist immer das Schlusslicht

Für leistungsschwache Mitarbeiter wird in der rechtlichen Diskussion oft der Begriff Low Performer oder Minderleister verwendet. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) stellt auf den sogenannten subjektiven Leistungsbegriff ab. Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer sein individuelles Leistungsvermögen ausschöpfen. Er muss also die Leistung erbringen, die er bei angemessener Anspannung seiner geistigen und körperlichen Kräfte auf Dauer ohne Gefährdung seiner Gesundheit zu leisten imstande ist. Er schuldet also keine Spitzenleistung. Für eine Kündigung ist es aber auch nicht ausreichend, dass ein Mitarbeiter nur das Schlusslicht in seiner Gruppe ist. Der Arbeitnehmer muss vielmehr leistungstechnisch deutlich hinter seine Kolleginnen und Kollegen zurückfallen.

Doch wie kann man eine unterdurchschnittliche Leistung feststellen? Wie kann man sie überhaupt messen, wenn es sich nicht gerade um Fließbandarbeit handelt? Juristen sagen, dass das sehr schwierig ist und einen der Hauptgründe dafür darstellt, warum es für viele Arbeitgeber extrem schwierig ist, sich von leistungsschwachen Mitarbeitern zu trennen.

Die Minderleistung kann dabei zwei Ursachen haben: Zum einen ist es möglich, dass der Mitarbeiter zwar gerne die volle Leistung bringen möchte, es aber aus persönlichen Gründen nicht kann („Er will, kann aber nicht“). Dann würde ein personenbedingter Kündigungsgrund vorliegen. Die andere Situation besteht darin, dass der Low Performer zwar 100 Prozent Leistung bringen kann, aber nicht will („Er kann, will aber nicht“). Hier würde es sich um einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund handeln.

Will nicht oder kann nicht

Vor einer verhaltensbedingten Kündigung (die MFA könnte mehr leisten, will aber nicht) muss der Praxisinhaber die Mitarbeiterin in der Regel abmahnen. In vielen Fällen wird das zu einer zumindest vorübergehenden Leistungssteigerung führen. Wenn nicht, hat der Chef zumindest den Grundstein für eine verhaltensbedingte Kündigung gelegt. Er muss aber gut dokumentieren, dass die Mitarbeiterin die durchschnittliche Leistung vergleichbarer Kolleginnen und Kollegen über einen längeren Zeitraum hinweg schuldhaft unterschritten hat. Auch die erfolglose Abmahnung muss der Arbeitgeber beweisen können. Manchmal sind auch mehrere Abmahnungen nötig.

Bisweilen ist es für den Praxischef aber schwer zu sagen, ob eine Mitarbeiterin einfach nicht will oder nicht kann. Oft ist mangelnde Leistung auch auf beides zurückzuführen. Deshalb kommt eben auch eine sogenannte personenbedingte Kündigung in Betracht. Der Kündigungsgrund liegt dann nicht im Verhalten der MFA, sondern in ihrer Person (sie kann eben nicht mehr). Auch hier muss der Chef in einem möglichen Kündigungsschutzprozess beweisen, dass sie die Leistung der übrigen Kollegen unterschreitet.

Zudem muss es eine negative Prognose geben: Auch in Zukunft muss weiter mit einer schlechten Leistung zu rechnen sein und es darf kein milderes Mittel als eine Kündigung geben. Daher muss der Praxisinhaber hier immer vorrangig überlegen, ob und wie er die Mitarbeiterin etwa durch Fortbildungen fit machen kann. Die Kündigung wegen schlechter Leistung wird daher oft auf beide Kündigungsgründe gestützt, den verhaltensbedingten und den personenbedingten.

Rechtzeitig die Reißleine ziehen

Das alles kostet viel Energie und belastet über längere Zeit das Team. Daher sollten Ärztinnen und Ärzte gerade bei neu eingestellten Mitarbeitern deren Leistung gut im Blick behalten und sich Feedback von denjenigen holen, die die neue MFA einarbeiten. Sicher ist es ehrenwert zu sagen: „Die oder der entwickelt sich schon noch.“ Allerdings sollte man auch ehrlich sein und lieber rechtzeitig die Reißleine ziehen. Zeichnet sich bei einer neu eingestellten MFA bereits in den ersten sechs Monaten ab, dass sie im Vergleich zu den anderen sehr leistungsschwach ist, sollte der Praxisinhaber noch in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung über eine Kündigung nachdenken. Denn in dieser Zeit findet das Kündigungsschutzgesetz noch keine Anwendung. Es genügt die bloße Erklärung, dass man das Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen möchte. Einen besonderen Grund braucht man nicht.