Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Arbeitsrecht

Es gibt eine Vielzahl von Argumenten, die für einen Praxis-Dresscode sprechen. Zum einen sind einheitlich gekleidete Mitarbeiter für den Patienten leichter als Ansprechpartner zu erkennen und unterstreichen den professionellen Eindruck der Praxis. Zum anderen ist wissenschaftlich belegt, dass uniforme Berufskleidung das Verhalten der Mitarbeiter positiv beeinflussen kann. Zum Beispiel, weil sie die Praxiskultur und die gemeinsamen Werte visualisieren und damit erlebbar machen.

Freie Persönlichkeitsentfaltung

Ärzte, die dieses Instrument für sich nutzen wollen, sollten aber bedenken, dass ihr Wunsch das Recht der Mitarbeiter auf freie Persönlichkeitsentfaltung nicht über die Maßen einschränken darf. So entschied das Landesarbeitsgericht Köln: „Es bedarf einer Gesamtabwägung zwischen der Intensität des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe; die Grenze der Zumutbarkeit darf nicht überschritten werden (Az. 3 TaBV15/10). Was das im Einzelfall bedeutet, ist oft Auslegungssache. Um rechtlich möglichst auf der sicheren Seite zu sein, sollten Ärzte daher die folgenden Regeln beachten:

Zweckmäßigkeit vor Schönheit

Das Weisungsrecht von Arbeitgebern gewährt ihnen die Befugnis, bestimmte Vorgaben im Hinblick auf die Berufskleidung zu machen. Das Interesse des Arztes an einem einheitlichen Erscheinungsbild seiner Mitarbeiter wiegt im Normalfall schwerer als das Interesse der Belegschaft, sich individuell zu kleiden. Eine Vereinbarung zum äußeren Erscheinungsbild während der Arbeitszeit sollten Praxisinhaber schon im Arbeitsvertrag niederlegen. Das schafft klare Verhältnisse und vermeidet Streit.

Da die Arbeitskleidung in Praxen vielfach zumindest eine eingeschränkte Schutzfunktion haben muss, dürften sich in der Regel Hosen und T-Shirt beziehungsweise Kasak als zweckmäßig erweisen. Das mag modebewusste Mitarbeiter nicht begeistern – doch die Weisung, derartige Kleidung zu tragen, ist arbeitsrechtlich ohne weiteres zulässig. Auch bei den Arbeitsschuhen müssen modebewusste Mitarbeiter Einschränkungen hinnehmen. Laut Empfehlung der KVen sollten Arbeitsschuhe bequem, geschlossen, rutschfest, desinfizierbar sein.

Aus nachvollziehbaren Gründen: Auf glatten Sohlen besteht die Gefahr auszurutschen, Schuhe mit Absätzen von mehr als zwei Zentimetern beeinträchtigen die Standfestigkeit. Der Arzt kann hohe Hacken daher zumindest für all jene Mitarbeiter verbieten, die regelmäßig Kontakt mit Patienten haben. Zulässig ist es auch, das Tragen von Sandalen oder Flipflops zu untersagen, wenn die betreffenden Mitarbeiter mit potenziell kontaminierten Flüssigkeiten in Berührung kommen.

Gefährlicher Körperschmuck

Streit gibt es zwischen Arbeitgebern und der Belegschaft immer wieder, wenn es um Piercings und auffallende Schmuckstücke geht. Grundsätzlich gilt: Sichtbarer Körperschmuck, zum Beispiel im Gesicht, kann ab einer bestimmten Größe eine Gefahr bedeuten, etwa, wenn verwirrte Patienten danach greifen. Der Arzt kann ihn daher schon aus Gründen des Arbeitsschutzes untersagen. Gleiches gilt für besonders große Ohrringe. Doch auch wegen des Praxisimages können Ärzte anordnen, auf auffallende Schmuckstücke zu verzichten. Allerdings empfiehlt es sich auch hier, mit Augenmaß zu agieren: Das Tragen von kleinen Ohrsteckern werden sie ihren Mitarbeitern zugestehen müssen.

Keine Ringe oder künstlichen Fingernägel

Vielfach übersehen wird die derzeit geltende Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe aus dem März 2014. Sie führt in Kapitel 4.1.7 folgendes aus: „Bei Tätigkeiten, die eine hygienische Händedesinfektion erfordern, dürfen an Händen und Unterarmen z.B. keine – Schmuckstücke, – Ringe, einschließlich Eheringe, – Armbanduhren, – Piercings, – künstlichen Fingernägel, – sogenannten Freundschaftsbänder getragen werden. Fingernägel sind kurz und rund geschnitten zu tragen und sollen die Fingerkuppe nicht überragen. Hinweis: Lackierte Fingernägel können den Erfolg einer Händedesinfektion gefährden. Deswegen ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu entscheiden, ob auf Nagellack verzichtet werden muss.“

Schwieriger wird es, wenn ein Arzt mit den Tattoos seiner Mitarbeiter ein Problem hat. Grundsätzlich gilt, dass Tätowierungen kein hygienisches Risiko für Patienten darstellen, solange das betroffene Hautareal nicht entzündet ist. Ein generelles Tattoo-Verbot ist mit diesem Argument also nicht möglich. Was die Außenwirkung der bunten Hautbilder angeht, ist zu unterscheiden: Lässt sich die Empfangsdame einer Praxis ein Sternenbanner ins Gesicht tätowieren, sind arbeitsrechtliche Sanktionen eher zu vertreten, als wenn die Abrechnungsfachfrau ohne jeden Patientenkontakt sich für diesen Schritt entscheidet.