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Erbrecht

„Ich enterbe Dich!“ – In großer Wut wird dem möglichen Erben ein solcher Satz entgegengeschleudert. Manchmal bleibt es bei der Drohung, manchmal aber nicht. Dann ist der Bruch zwischen den Generationen so groß, dass man wirklich nichts mehr miteinander zu tun haben will, wird dem anderen auch das Geld nach dem eigenen Tod nicht mehr gegönnt. Geht es um die eigenen Kinder, sieht der Gesetzgeber das allerdings nicht so gerne. Deshalb gibt es den Pflichtanteil, auf den jeder Erbe Anspruch hat. Und es gibt noch weitere Wege, dem Erben zumindest einen Teil des Vermögens vorzuenthalten.

Berliner Testament immer beliebter

Als Erstes wird beim Testament Fakten geschaffen. Beliebt ist das Berliner Testament. Hier erbt zunächst der überlebende Ehepartner alles. Die Kinder kommen später dran. Aber der Pflichtteil ist immer gegeben. Der kann sogar beim ersten Erbfall geltend gemacht werden; allerdings wird der Erbe dann beim zweiten Erbfall enterbt.

Der Pflichtteil ist immer die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und muss in Geld ausbezahlt werden. Ein Beispiel: Eine Witwe hat zwei Kinder; im Erbfall bekommt jedes 50 Prozent. Wenn der Vater ursprünglich bestimmt hat, den Sohn zu enterben und alles der Tochter zu übertragen, darf der Sohn dennoch den Pflichtteil von 25 Prozent verlangen – also ein Viertel des Gesamtvermögens.

Immobilien müssen oft verkauft werden

Problematisch wird es dann, wenn das Erbe nur aus einer wertvollen Immobilie besteht. Dann muss das Haus verkauft werden, weil der Betrag in Geld fließen muss. Rechtsanwälte weisen immer wieder auf diesen Tatbestand hin. Viele Erblasser wissen das einfach nicht.

Wann kann Erben der Pflichtteil verweigert werden?

Der Pflichtteil kann nur in vier Ausnahmefällen entzogen werden, und zwar wenn der Sprössling

  • Vater oder Mutter vorsätzlich töten wollte,
  • ein schweres Verbrechen begangen hat,
  • seine gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber dem Erblasser böswillig verletzte,
  • wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt wurde, gleichzeitig muss es deswegen für den Erblasser unzumutbar sein, dass der Straftäter einmal am Nachlass beteiligt sein wird.

Karlsruhe ist gegen Entzug des Pflichtteils

Übrigens: Die Klagen gegen den Pflichtteil-Anspruch scheitern regelmäßig am Bundesverfassungsgericht. Eine Entziehung aller Rechte und damit auch des Pflichtteils ist daher nur in jenen Fällen möglich, die das Gesetz ausdrücklich normiert, betonen die Richter. Und das ist in der Regel kaum der Fall.

Welche Auswege stehen dann noch offen? Zum Beispiel Schenkungen zu Lebzeiten. Auf diesem Wege kann der Erblasser einen Teil des Vermögens eher in seinem Sinne verteilen – zum Beispiel an die geliebte Tochter. Sein Erbe wird kleiner und daher der Wert des Pflichtteils, den zum Beispiel später der enterbte Sohn erhält.

Aber: Eine Schenkung, die beim Erbfall länger als zehn Jahre zurückliegt, spielt bei der Pflichtteilsberechnung keine Rolle mehr. Aus Schenkungen, die weniger als zehn Jahre zurückliegen, hat der Sohn einen sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch. Der Wert der Schenkung wird dabei dem Nachlass hinzugerechnet, er schmilzt jedoch für jedes Jahr, das zwischen Schenkung und Erbfall verstrichen ist, um ein Zehntel ab.

Richtig schenken

Die Vermögensübertragung muss zivilrechtlich immer auch als “echte” Schenkung eingestuft sein. Andernfalls läuft die Regelung ins Leere, da die Zehn-Jahres-Frist nicht beginnt. “Das trifft zum Beispiel zu, wenn sich der Schenker ein Nießbrauchrecht oder ein Wohnrecht vorbehält”, sagen die Experten. Aufpassen heißt es auch bei Übertragungen von Vermögen an Ehegatten. Die Zehn-Jahres-Frist – und damit auch die Abschmelzung des Wertes der Schenkung – beginnt hier erst mit Scheidung oder Tod.

Eine eher zynische Variante: Der Erblasser verprasst das Vermögen sukzessive, schafft es ins Ausland, schenkt es nach und nach der Geliebten. Aber auch letzteres ist nicht so leicht. Überweisungen über 10 000 Euro auf ein Konto eines anderen, müssen die Banken dem Finanzamt melden.

Bitte beachten: der Beitrag dient nur der allgemeinen Information. Für eine individuelle Beratung wenden Sie sich bitte an einen Rechtsanwalt oder Steuerberater.